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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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überhaupt bei Donald, wie wir schon wissen.
    N ach Stunden zu dem gleichen quietschenden Almgatter zurückgelangt, das sie vor ihrem Aufstiege hatten zufallen lassen, schritten sie jetzt die Paß-Straße entlang bis zu einer Abzweigung, welche zum Gasthof führte, wo der Chauffeur mit dem Wagen sie erwartete; und alsbald stiegen sie ein. Clayton wollte die kurvenreiche Gebirgs-Straße noch bei vollem Tageslichte durchfahren und den Kaffee lieber unten im Tal nehmen.
    So saß man plötzlich weich und glitt dahin, nicht mehr ständig leicht durchschüttert vom Bergab-Marschieren und dem Tritt auf einem, auch weiter unten noch und im Walde, von Kalksteinbrocken durchsetzten Wege. Erstaunlich blieb die Erfahrung immer wieder – wie auch jetzt – daß jedem sein Gehör mit schwachem Krachen wiederkehrte und jene leichte Ertaubung wich, die es dort oben auf den Höhen umfangen hatte. Inzwischen drehte sich wechselnd die Straße herein, als lange Waldschneise hier, und nach einer Kurve mit eröffnetem weitesten Ausblicke. Auf den Bergen kündigte sich der Abend schon rosig an.
    Sie hielten beim Hotel gegenüber dem k. k. Postamte und fanden hier eine stille und leere Stube mit hellen Zirbenholzmöbeln, wo man ihnen den Kaffee servierte, in jener Art, wie sie damals in Österreich üblich war, hohe Glasbecher, die oben einen Turban von Schlagobers trugen. Sodann trat Münsterer ein, der eben sein Amt geschlossen hatte. Der Postmeister und Chwostik erkannten und begrüßten einander gleichzeitig, und Robert, wie er schon war, fragte Old-Pēpi in englischer Sprache, ob er diesen Herrn (,this gentleman‘) nicht an ihren Tisch bitten wolle?
    So kam ,this gentleman‘ zu den dreien und mit ihm eine vierte ,Melange‘ (so nannte man jene Art Kaffee damals). Ein vieldeutiges Zusammentreffen und Beisammensein. Chwostik empfand’s, Münsterer noch viel mehr. Beide nahmen einander gleichsam Maß, legten die Spanne zu einander zurück, die Spanne der Zeit, wobei die Fragen nach diesem und jenem, wie man sie halt so tut, nur ein äußerliches Begleit-Geklimper blieben. Münsterer war ein ansehnlicher Mann geworden. Das Landleben hatte ihm offenbar gut getan.
    Doch sei er dessen müde, so sagte der Postmeister; nämlich hier in einem kleinen niederösterreichischen Gebirgsdorf zu sitzen, nahe von Wien wohl, wohin zurückzukehren er übrigens keinerlei Verlangen trage. Der Staat sei groß, meinte er, und umfasse auch geradezu exotische Gegenden, wie etwa das vor nicht langer Zeit annektierte Bosnien, oder die Gebiete der ehemaligen Militärgrenze in Kroatien, vom herrlichen Dalmatien zu schweigen. Das alles aber sei im Rahmen seines Berufes erreichbar, und zuletzt nur eine Frage der Sprachkenntnisse, durch die ein Beamter sich für solche Posten eben empfehle. Aus diesem Grunde habe er die letzten zehn Jahre, und insbesondere dann die Winter auf diesem stillen Posten hier, benützt, um zu lernen, und sei im Kroatischen, Ungarischen, Französischen und sogar Türkischen gut weitergekommen. Denn schließlich wäre ja auch zu erwähnen, daß es eine österreichische Postdirektion in Konstantinopel gäbe – als eine der sogenannten Konzessionen der kaiserlich ottomanischen Regierung – und eine Postagentur im heiligen Lande, zu Jerusalem, die sogar eigene Briefmarken ausgebe. Aber es müsse ja nicht gleich Konstantinopel sein. Und nun eröffnete Münsterer zu guterletzt, daß er kaum vierzehn Tage mehr hier verbringen würde. Die einzige bedeutende Schwierigkeit habe darin bestanden, daß Kroatien, ein Land mit den meisten Möglichkeiten für ihn, zur ungarischen Krone gehöre. Er habe also königlich ungarischer Staatsbürger werden müssen. Aber schließlich sei das nach mehr als Jahr und Tag ermöglicht worden.
    Worauf ihn Chwostik kroatisch ansprach. Auch Robert Clayton beteiligte sich an einer Unterhaltung in dieser Sprache, welche, wie sich zeigte, von Münsterer schon recht flüssig gebraucht ward. Worauf Old-Pēpi zum Türken wurde, was ebenfalls ihm der Postmeister gut nachtat.
    Sie entschuldigten sich bei Monica wegen der unverständlichen Unterhaltung.
    Mit Staunen sah Chwostik den Postmeister gleichsam auf der eigenen Spur. Es war dieser da mit ihm verbunden geblieben, als hätte er sich einst nur aus ihm selbst abgezweigt. Er begriff jetzt besser, daß er Münsterern gleich bei dessen Eintritte erkannt, trotz der großen Veränderung, die mit ihm vor sich gegangen war und die Chwostik eigentlich jetzt erst deutlicher

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