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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Selbsterkenntnis ihre Intelligenz einfach nicht aus, und es gehört ja auch was dazu und wird doch nie was rechtes. Donald latschte an das, was ihn da irgendwo im Gemüt beruhte und belastete, ganz leichthin von seitwärts heran, lehnte sich dran, belümmelte es ein wenig. Aber so geben sich die Gegenstände unseres Denkens nicht zu fassen.
    Er war traurig, das war’s. Die zuständige Folie fand sich. Der Hausmeister brachte den Tee in das kleine braungetäfelte Comptoir-Zimmer des Großonkels, wo die dicken Geschäftsbücher standen und lagen. Donald trank Tee und rauchte seine Pfeife, aber gegen die Traurigkeit tat er eigentlich nichts. Zu ihr gehörte es, daß drüben in Brindley-Hall, nicht weit von dem Diwan, auf welchem er heute nachmittags geschlafen hatte (aber dieses Möbel war erst jetzt hereingestellt worden), noch sein kleines Schulbänklein stand, mit dem Pult, an welchem er einst gelernt. Vielleicht hätte er doch nicht im Kinderzimmer wohnen sollen.
    Die neuen Maschinen waren aufgestellt, drei Fräsen und eine Stanze, sie liefen schon. Warum nicht überhaupt in Brindley-Hall bleiben? Der Vater hätte wohl nichts dagegen, schien ihm. Vielleicht war eben das der Grund seiner Traurigkeit jetzt. Unbegreifliche Männer: der Vater; dann Chwostik, und dieser Milohnić. Man hinkte gleichsam hinter ihnen her. Immer waren sie von irgendetwas lebhaft in Fahrt gesetzt, und er mußte das Gegenteil davon ständig verbergen. Chwostik mochte er. Der würde ihm fehlen. Augustus fiel ihm auf die Nerven. Warum sich der gar so wohl fühlte?! Verschmitzter Bursche. Fettes Gelächter. Nun, er selbst hatte auch gut gelernt, was war dabei. Im Grunde ein tückisches kleines Biest. Wo aber sollte er jetzt bleiben? Donald streifte mit Mißbehagen das Objekt seines Denkens: er war nirgends daheim, weder hier noch dort. In den Prater reiten, vielleicht? Seit die Mutter gestorben war, ließ er’s fast ganz.
    Er stand auf. Durch das Fenster hier konnte man kaum hindurchsehen. Es hatte bleigefaßte Scheiben. Er ging auf die Terrasse und blickte auf den Fluß hinab. Am Vorplatze wuchsen zwischen dem Kies vielfach grüne Büschel. Der Hausmeister hatte ihn jetzt bemerkt, kam heran und fragte, ob er satteln solle?
    Donald ritt heim. Als er vom Stall kam und durch die Halle ging, begegnete ihm die alte Kate. Unvermittelt fragte er sie nach ihrer Guitarre. Ob sie für ihn spielen wolle, unten, am Weiher? Sie lächelte jüngferlich und errötete dabei. Sie könne ja nicht mehr gut singen, meinte sie. Das werde schon gehen, sagte Donald. Sie holte das Instrument, stimmte es in der Halle. Dann schritt Donald mit der alten Frau durch den Park, zum Wasser. „Hier?“ fragte sie. „Ja, hier ist der Platz.“ Das Instrument erklang. Dann das Stimmchen. Das Wasser lag, von keinem Windhauche bewegt, glatt und sanft zwischen den hohen Bäumen.
    E rst bei Kate’s Spiel, das seine Angst gebannt hatte, wußte er, daß es um Monica ging. Es fiel ihm auf den Kopf.
    Er aß mit Kate, abends, sie bediente ihn, bemutternd.
    ,Man könnte in diesem Schmerz dauernd wohnen, wie in diesem weiten, leeren Hause. Man könnte hier darin bleiben.‘
    Er blieb. Noch zwei, noch drei Tage. Wie erwartet, verlangte der Vater nicht seine Rückkehr. Je länger er blieb, um so mehr gab es hier zu tun, da mochten die neuen Maschinen längst aufgestellt sein. Nun erst recht war er fast den ganzen Tag im Werk. Mr. Cyrus Smith sowohl wie der Chefingenieur schienen irgendwelche Schubladen aufgezogen zu haben, in welchen sich sämtliche nicht entschlußreif gewordene Sachen befanden. Diese kollerten nun hervor. Zum Beispiel die Notwendigkeit des Anbaues einer Montage-Halle von mittleren Ausmaßen. Zum Teil machte Donald sich wohl auch zu tun. Ein Maschinen-Schaden wurde von ihm in persönlicher Handwerks-Arbeit behoben. Man hätte anders jemand aus London kommen lassen müssen. Die Montage-Halle genehmigte er, nach Briefwechsel mit seinem Vater.
    Dieser Briefwechsel – Diktat in der Kanzlei des Werks, Maschinenschrift – war ihm unheimlich. Aus dem munteren Schreiben des Vaters sprang eine stumme Furcht, die mitgegeben war. Ihm schien, als sei von etwas ganz anderem die Rede, während er durch Zeilen lief, in denen stand, welcher Ziegelei der Vorzug zu geben wäre. Hier, aus dem Briefe, drängte sich etwas zwischen den Vater und ihn. Es war unbegreiflich und wurde verscheucht, und es war zugleich nicht deutlich genug, um darüber nachzudenken. Und hierin fehlte es ja

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