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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tender waren schwer. Chwostik hob beides vorsichtig aus dem Fache. Hier lag auch der große Schlüssel zum Aufziehen des Uhrwerks.
    Er tat das mit Vorsicht, als der ganze Zug zusammengekuppelt war.
    Aus dem gedrungenen Rauchfang der Schnellzugs-Maschine ragte ein Wattebausch, weiß und unverstaubt, wirklich wie ein ausgestoßener Dampfballen. Chwostik sah das, während er den Uhrwerks-Schlüssel drehte. Und damit erst fiel wie ein geschlos sener Block jenes Schlafzimmer in der Adamsgasse herüber und herein in diesen Raum, und der Knabe, der dort neben der kleinen Eisenbahn gekniet war, ganz mit ihm zusammen. Was hier hervorstand, war die letzte Watte, die beim letzten Spielen mit der Eisenbahn (es mußte ein solches letztes gegeben haben!) hinein getan worden war.
    Chwostik zog auf der einen Seite des Führerhauses den kleinen Nickelknopf, der das Uhrwerk der Lokomotive freigab.
    Dann rückte er einen Fauteuil an die Geleise.
    Schon fuhr der Zug. Erst langsam, in die Kurve biegend, dann auf der Geraden schneller, und auf den gebogenen Schienen ein wenig verzögert. Und lang, und oft herum, vielleicht sechs – oder siebenmal. Es war alles sehr schmuck. Es war wie neu.
    So saß er, bis tief in die Nacht.
    Die kleine Eisenbahn fuhr, immer wieder aufgezogen. Sie fuhr nicht nur auf der Ebene dieses Parkettbodens, sondern wie in Spiralen allmählich tiefer, und tief unter das spiegelnd Gewenidopplerte hinab, in die Bräune des Vergangenen, und sie stieg in Spiralen und kreiste jetzt wieder auf den Parketten, und in dieser Zeit und Müdigkeit. So ließ Chwostik sie auslaufen und endlich stehen. Und die Eisenbahn stand im Dunklen. Morgen früh wollt’ er sie Wiedersehen, und dann sorglich einräumen und einpacken in ihre Schachtel. Und das vielleicht für immer.
    D as Gartenfest wurde im M.C. verschieden beurteilt: Augustus fand, es sei eine langweilige Herumsteherei mit den Pipsis gewesen (aber gelacht hatte er genug dabei). Die ordentlichen Mitglieder waren anderer Meinung. Man müsse sich an gesellschaftliche Anlässe früh gewöhnen, sagte Hofmock, und dies sei ein richtiger gesellschaftlicher Anlaß gewesen, eine gute Übung. Zdenko war bei dieser Äußerung Fritzens nicht so ganz wohl zumute.
    Natürlich wurde von Monica gesprochen. Nicht von Frau Harbach. Dies gehörte, ganz im geheimen, durchaus auf das anziehende Gebiet des Unanständigen. Jeder empfand die Frau Harbach als eine Sackgasse, die nirgendwohin führte. Eine rechte Blüte der Instinkte bei den jungen Herren!
    Kein Zweifel, daß die letzten Ereignisse die Position des Augustus gestärkt hatten. Zudem: daß ein Ingenieur eigentlich kein Gentleman sein könne, war angesichts von Vater und Sohn Clayton unhaltbar geworden. Insbesondere dem Heribert von Wasmut gab das zu denken.
    Zdenko vereinsamte. Das Wort ist ein trauriges, erinnert an Alter und Lebensabend. Bei ihm war’s ein glücklicher Zustand. Seine Lernerei diente dazu, jenen zu sichern. Sie diente auch nicht mehr dem ,Dandysmus‘, der ,Impassibilité‘ wie bei den anderen Mitgliedern des M.C. Immerhin, auch diese hatten sich in keine üble Form gefaßt. Augustus sollte man diesbezüglich anzweifeln. Seine Lustigkeit war undurchsichtig. Ihm fehlte vielleicht das Gefühl für jene Form. Aber es war ihm – vermöge seiner Oheime und ihres Gartenfestes – gelungen, alle zu überraschen und in Erstaunen zu versetzen. Dies eignete ihm überhaupt. Es war seine Art, sich im Leben fortzubewegen: verschmitzt, mit Überraschungs-Effekten. Als sie im Prater spazieren gingen, abseits der Hauptallee, kam auf einem jener breiten Wege im Laubwald, welche auf die Allee herausführen, ein reiterloses, gesatteltes Pferd galoppiert, mit plempernden Bügeln. Man sah es von weitem schon. Die Burschen traten beiseite. Augustus aber lief dem Pferd rufend entgegen, breitete die Arme aus und versperrte ihm den Weg, so daß der Gaul stützig nach links und rechts bockte, während Augustus die hängenden Zügel fing. Schon saß er oben. Das Tier beruhigte sich alsbald. Dickerl setzte sich nun behäbig zurecht und sagte, er werde das Pferd zur Reitschule bringen, wo es hingehöre. Treffpunkt dann im ,Café Zartl‘. Damit trabte er ab. Seiner (ungern genommenen) Reitstunden hatte Augustus vordem nie Erwähnung getan.
    Zdenko vereinsamte. Fast in jedem Augenblicke blieb er gewärtig, daß die umschließenden Wände neuerlich wie um einen Zapfen sich drehen könnten, schwankend und schwingend, nicht stabil, wie er sie

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