Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
„Kollegenvisiten sind immer gratis, Gnädige“, sagte er, „außerdem hab‘ ich mit Ihrem Herrn Gemahl studiert, wir waren gleichzeitig auf der Anatomie beim Professor Hyrtl.“ Und jetzt ging sie hinaus, den Kaffee zu holen; für ein rasches Entweichen aus dieser Lage war es zu spät! (,Meiner Seel’! Sie bringt die beiden Weiber herein!) Aber er begegnete mutig der Lage, trat auf Finy und Feverl zu, gab ihnen die Hand und sagte: „Brav habt ihr das gemacht, Kinder!“ Die Frau Doctor Bachler war somit der Möglichkeit enthoben, ihn den zwei Frauen vorzustellen, deren Namen sie nicht wußte. Aber, nachdem man am Kaffeetische zu viert Platz genommen hatte, erzählte sie jetzt ausführlich den ganzen Hergang am Flusse: man erfuhr, daß die kleine Monica sich auf der Straße plötzlich von der Hand ihrer Mutter losgemacht hatte und über den Fahrdamm gelaufen sei, knapp vor einem herankommenden Schwerfuhrwerke, dessen erschrockener Kutscher eben noch habe die Pferde zurückreißen können. Ihr selbst aber sei eben durch diesen großen Wagen die Sicht verlegt und sie gezwungen worden, drum herum zu laufen; das wären aber die entscheidenden Augenblicke gewesen, denn so habe sie das Kind nicht mehr einholen und abfangen können. „Wenn Sie nicht eingegriffen hätten .. . .“ sagte sie zu Finy und Feverl (welche hier bereits wie die unpräparierten Schüler bei einer Prüfung saßen und ihre Kaffeetassen unberührt ließen). Die Frau Doctor brach ab und konnte sich kaum mehr beherrschen. „Ich – kann nicht schwimmen“, sagte sie zu dem Arzte, mit einer Stimme, welche bereits ein Tränenknödel bedrängte. Aber gleich wurde sie lebhaft: „Ich muß Ihnen beiden danken! Sagen Sie, ob ich irgendetwas für Sie tun kann, sei es was es sei, ich will es nach Kräften versuchen! Sagen Sie mir vor allem Ihre Namen und Wohnungsadressen!“ (Sie sprach ohne jeden Dialekt und im ganzen grammatikalisch, nur etwas zerfahren, vielleicht lag das an ihrer Erregung.)
    „Ich bin die Finy, gnä‘ Frau.“
    „Und ich die Feverl. Und wir müssen jetzt gehen. Wir haben an Weg.“
    Der Doctor Grundl, welcher durch einige Augenblicke schon recht nachdenklich dreingeschaut hatte, war dieser letzten Kundgebung der trojanischen Pferdchen denn doch nicht gewachsen und platzte mit dem Lachen heraus.
    Da erhob sich Finy – in dieser desparaten Lage endlich zum Durchbruche gelangend! – und sagte, während Feverl gleichfalls aufstand:
    „Gnä‘ Frau, wir gehn.“
    Um die Verdutztheit der Frau Doctor Bachler – welche hier mit ihren besten Absichten an eine unsichtbare Wand rannte! – ganz zu verstehen, muß man sich daran erinnern, daß die beiden Trampel ganz und gar nicht so aussahen, wie man sich Personen ihres Métiers sonst vorstellt.
    Der Doctor Grundl aber war es, der plötzlich hier die Führung in einer ausweglosen Situation übernahm, energisch, ja, mit einigem Ernste. „Seid’s g’scheit!“ sagte er, „setzt’s euch wieder nieder und trinkt’s euren Kaffee. Wenn die gnädige Frau euch helfen will – wer weiß, vielleicht kann sie’s wirklich. Und ich hab’ von euch nicht den Eindruck, daß ihr gar so überglücklich seid in dem Leben, das ihr führt. Hier ist vielleicht der Ausweg. Ihr müßtet mich nur berechtigen, der Frau Doctor die Wahrheit zu sagen und ihr eure Namen und Adressen zu geben. Die hab’ ich ja im Akt.“
    „Aber sagen Sie’s erst, Herr Doctor, bis mir ’gangen sind.“
    Wirklich, sie tranken brav den Kaffee, und dann gingen sie, und der Frau Doctor Bachler war nach den Worten des Polizeiarztes wohl auch schon irgendein Licht aufgegangen. Aber sie entließ die beiden mit nochmaligem Dank, gab ihnen die Hand und sagte: „Ich hoffe von Herzen, daß ich von mir noch werde hören lassen können!“ Finy’s nasse Kleider hatten das Papier inzwischen aufgeweicht: so ward denn das Ganze noch einmal umhüllt und mit Spagat gebunden.
    D er Arzt blieb noch ein wenig bei Frau Dr. Bachler und maß selbst die Temperatur des Kindes. Das Stubenmächden war einige Minuten nach Finy’s und Feverls Abgehen gekommen und machte Licht, vor allem dem Arzte im rückwärtigen Zimmer, wo die kleine Monica lag, die danach bald ihren Brei in’s Bett bekam. Dr. Grundl sah keinen Anlaß zur Unruhe wegen der Kleinen. Im Wohnzimmer sprach er dann mit der Mutter. Es begann draußen dunkel zu werden. Der Arzt verhielt sich skeptisch, um so mehr, wie es schien, weil er bei der jungen Frau eine Art Enthusiasmus bemerkte,

Weitere Kostenlose Bücher