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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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,Zechen‘ sagen) allein und für sich aufzustellen, was Feverl nicht fertig brachte; bei ihr bewegten sich die übrigen vier Zehen gleich mit. Um also jene bemerkenswerte Fähigkeit Finy’s sich auch anzueignen, nahm sie bei dieser Unterricht, und Finy gab Feverls großen ,Zechen‘ dabei eine Art leichter Hilfe, wie ein Turnlehrer, während sie die übrigen vier Zehen niederhielt. Daß es bei dieser geistreichen Beschäftigung nicht ohne Gegacker und Gequietsche abging, versteht sich von selbst. Im übrigen erscheint ein so hoher Grad von Eigenbeweglichkeit der großen Zehen, wie bei Finy, doch auch irgendwie verdächtig, er weist auf’s Tierreich hin und im besonderen auf eine gewisse Art von Geschöpfen, die an den Füßen einen gegenüberstellbaren Daumen haben (also eigentlich vier Hände), und sich wahrhaft behend, weil vierfach behändet, von Baumwipfel zu Baumwipfel schwingen.
    Heute keine pralle Sonne. Der Tag war warm, aber trüb. Über dem grünen Schaum der Praterbäume drüben kuppelten hohe dicke Cumulus-Wolken. Weiter unten stand die Brücke mit ihren grauen Eisengittern als ein starres Gestell über dem eilig unter ihr durchziehenden Wasser.
    Sie hörten von der Straße oben den langsamen, vielfältig hallenden und schallenden Huftritt eines Schwerfuhrwerks.
    Dann einen hellen Schrei.
    Die Wagengeräusche brachen ab.
    Finy ließ Feverls ,Zechen‘ los.
    Beide wandten sich um. Im gleichen Augenblick erschien oben über der Böschung ein weißer Fleck, jetzt konnte das Kind seinen Lauf nicht mehr anhalten, es kugelte den steilen Hang herab und flog ein paar Meter oberhalb der Stelle, wo Finy und Feverl saßen, über den pilotierten Rand in’s tiefe Wasser. Noch sah man’s: das Kleidchen schwamm, es trieb heran. „Bleibst oben und laufst mit, ich gib dir’s herauf !“ rief Finy. Schon sprang sie. Das Kind begann eben zu versinken; Finy tat zwei Schwimmstöße; dann untergriff sie das Strampeln und hob die Kleine hoch über das Wasser, heftig mit den Beinen arbeitend, gegen den pilotierten Rand zu: im gleichen Augenblicke hatte sich Feverl oben auf den Bauch geworfen, erwischte das Kind am Kragen und zog es herauf. Finy war es gelungen, noch einen Schwung von unten zu erteilen, aber jetzt trieb sie schon dahin und gelangte erst ein Stück weiter stromab mühsam aus dem Wasser. Der Donaukanal ist tief gleich vom Rande an und rasch.
    Ein vergrößerter weißer Fleck kam die Böschung heruntergetaumelt, von Feverl, die am Bauche lag, nicht gesehen, nur von Finy, während jener Augenblicke, da sie das triefende Kind Feverl entgegen gehoben hatte; und schon auch ward sie ja von der Strömung davongetragen. Jetzt kniete eine Dame in weißem Sommerkleid und mit großem weißem Hut neben Feverl und der Kleinen, die nicht ohnmächtig war, sondern Wasser erbrach, jedoch nur wenig, und dann (zum Glück!) gleich zu schreien und zu weinen begann. Die Dame hatte ihren Beutel und den Sonnenschirm beiseite geworfen. Feverl rannte zurück, dorthin, wo sie mit Finy gelegen war, und brachte den alten Regenmantel. Sogleich zogen sie jetzt dem laut schreienden Kinde die nassen Sachen herunter, rieben es ab und hüllten es ein. Finy kam heran mit klitschnassen Kleidern, das dünne Zeug klebte ihr am Leib.
    „Kommen Sie beide mit, bitte, bitte, kommen Sie mit!“ rief die weiße Dame und hob das in den Regenmantel gehüllte Kind auf den Arm. Feverl stützte sie; Finy lief um ihre und Feverls Schuhe und Strümpfe und sie zogen eilends ihre Fußbekleidungen an. Die Dame wollte gleich die Böschung hinaufsteigen, Feverl sprang ihr jetzt (mit herabhängenden Strümpfen) nach, um ihr zu helfen, und Finy klaubte die nassen Kindersachen zusammen, und den Beutel und den Sonnenschirm der Dame; diese hatte alles liegen gelassen. So gelangte der Transport über die Böschung. Jetzt querten sie oben die Straße, welche weit und breit leer lag in der Wärme, im gedämpften Nachmittagslicht, ohne Fuhrwerk, ohne Menschen.
    In der Leere erschien jetzt den Dahineilenden ein langsam auf dem drüberen Gehsteig einherkommender Sicherheitswachmann mit Pickelhaube und dem halbmondförmigen Schild auf der Brust, der seine Dienstnummer trug. „Herr Inspektor!“ rief ihn die Dame in Weiß an, und er kam alsbald mit raschen Schritten. „Ich bitte Sie“, sagte sie gleich zu dem grüßenden Beamten, „mir ist mein Mäderl in’s Wasser gefallen und die Damen hier haben es noch retten können“ (sie wies dabei auf die klitschnasse Finy)

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