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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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– kam Frau Dr. Bachler recht eigentlich dazu, den Frauen zu danken. Plötzlich begann sie heftig zu weinen. Feverl, welche die Kurbel einer Kaffeemühle, die sie zwischen den Knien hielt, in Bewegung gesetzt hatte, brach erschrocken ab, und auch Finy sah ratlos drein: die Lage, für die trojanischen Pferdchen ohnehin leicht beklemmend, begann schwierig zu werden (und es begann erst, es wurde später noch erheblich schwieriger). Man könnte meinen, daß der ausgestandene Schrecken sich jetzt bei der Mutter in Tränen löste; aber es kam etwas anderes zum Vorschein.
    „Ich kann ja nicht schwimmen!“ rief sie laut. „Wenn Sie nicht gewesen wären, ich hätte ihr nicht helfen können. Es ist nicht auszudenken . . . .!“
    Sie stürzte mit dem Gesicht in ihre hohlen Hände ab und lag schluchzend mit dem Kopf auf der Tischplatte; dann tastete sie nach Finy?s Hand. „Wie soll ich Ihnen danken?! Sagen Sie doch, bitte, wie ich Ihnen danken soll?!“
    In diesem Augenblicke klingelte es an der Wohnungstüre.
    Mit dem Eintritte des Polizeiarztes Doctor Grundl (der sich sogleich in das rückwärtige Zimmer und an das Kinderbett begab, in welchem die kleine Monica bereits schlummerte) erreichte die Schwierigkeit der Lage für unsere trojanischen Pferdchen ihren Höhepunkt. Denn freilich kannten sie den Herrn Doctor Grundl – von den wöchentlichen Visiten her, bei welchen auf dem Polizeikommissariate zu erscheinen sie streng verpflichtet waren – und es war ja leider ganz außer Zweifel, daß auch der Arzt sie erkennen mußte.
    Dieser untersuchte derweil die kleine Monica, welche auf den Wickeltisch gelegt worden war, setzte sein Hör-Rohr an ihr Herzchen, drückte ihren Magen und ihr Bäuchlein und veranlaßte die Mutter, das Kind für ein paar Augenblicke mit den Füßchen hochzunehmen. Monica gab kein Wasser mehr von sich. Sie verhielt sich geduldig und verschlafen. Doctor Grundl fragte, ob ein Fieberthermometer im Hause sei. „Dann messen Sie die Kleine heute abends, morgen früh und morgen abends. Bei der geringsten Temperatur-Erhöhung oder irgendwelchen Anzeichen von Verkühlung, Husten oder Schnupfen müssen Sie sofort den Hausarzt kommen lassen. Aber ich hab‘ den Eindruck, daß eigentlich alles in Ordnung ist.“
    Monica wurde wieder gebettet und sie traten in’s Wohnzimmer zurück. Finy und Feverl waren, samt der Kaffeemühle, derweil in die Küche entwichen. Sie hatten eigentlich ganz verschwinden, ja geradezu durchgehen wollen. Aber es erschien ihnen solches doch ungehörig; und so machten sie sich denn jetzt, recht eingeschüchtert, durch Kaffeebereitung nützlich.
    Wenn aber jemand sich heldenhaft oder aufopferungsvoll benommen hat und dadurch selbst in eine unhaltbare Lage gekommen ist, so hilft ihm nichts; er kann sich nicht mehr zurücknehmen. Sie fühlten das so ungefähr und waren nah daran, sich für dumm zu halten, weil sie sich da eingelassen hatten. Aber hätten sie denn die Kleine schwimmen lassen können?! Als der Kaffee fertig war, drehten sie sich in der Küche zwischen den weißlackierten Möbeln herum – sie kamen sich wie hierher verwiesen vor – und betrachteten mit Interesse aber gedrückt einen glatten, weißen einbeinigen Schwenktisch, der irgendwie nach ärztlichem Untersuchungszimmer aussah (es war in der Tat ein Instrumententisch aus der zahnärztlichen Ordination des Herrn Doctor Mauritze, der dort durch einen neuen und geeigneteren ersetzt worden war). Das Ding machte ihnen keinen angenehmen Eindruck. Es half nichts: jetzt erschien freundlich lächelnd Frau Doctor Bachler. Wo sie denn blieben? Also mußten sie ihr behilflich sein beim Hineintragen des Kaffees und der Tassen. Sicher hat der Arzt ihr schon alles gesagt.
    Dr. Grundl stand beim Fenster, war also der Etikette-Frage enthoben, die sich ihm wohl gestellt hätte, wäre er gesessen: ob er nämlich beim Eintritte Finy’s und Feverls aufstehen oder sitzen bleiben sollte (denn natürlich waren die beiden von ihm gleich erkannt worden). Aber er hatte ja unmittelbar nach der Untersuchung des Mäderls gehen und dieser Lage hier entrinnen wollen und sich deshalb garnicht niedergelassen: nun bat ihn die Frau Doctor Bachler zu einem Kaffee und einem Cognac! Ein Gefühl der Verantwortlichkeit hielt ihn zudem zurück, angesichts ihrer Ahnungslosigkeit in bezug auf die zwei Frauenzimmer; er blieb unschlüssig stehen, während sie ihn freundlich bat, ihr seine Honorarforderung gleich zu eröffnen oder ihr eine Nota zu schicken.

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