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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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eigentlich garnicht so dumm! – in der Hut eines ehrbaren Hauses deponiert hatte. Sein Ausfall gegen die einstmalige Freundin Zopferl vor Gericht aber war ganz dumm, denn sowohl Rita Bachler wie ihre Mutter, welche zur Zeit noch lebte, sagten genau aus, wie’s wirklich gewesen. Im übrigen scheint damals der Okrogelnik sehr rasch ein anderes und noch tauglicheres Versteck für seine Pretiosen gefunden zu haben. Denn schon kurz nach seinem Hinauswurf bei der Frau Eptinger wurde er wieder einmal plötzlich verhaftet, und zwar unter dem dringenden Verdacht des Beteiligtseins an der Verbreitung von Falschgeld.
    Doch redeten sie nicht lange von dem Gerichtsfall (er nachbarte sich ihrem nunmehrigen Zu-Zweit-Sein nur mit einer Art roher oder ungarer Tatsächlichkeit, und entschwand bald). Bei Demel vielleicht sprachen sie noch davon; auf der Straße nicht mehr. Er war einer der ganz wenigen Gänge, die sie mit Doctor Eugen gemeinsam machte; und das nur am Anfange ihrer Beziehung. Später kam es nie vor. So hatte ihr Gehen auf der Straße nebeneinander schon jetzt etwas durchaus Vorläufiges an sich, es bedeutete einen ganz anderen kommenden Zustand, es war keine vorgeschobene Blende, sondern führte geradewegs dahin, sie gingen darauf zu: es würde hier nie ein Vorprellen oder Zurückweichen geben, sie gingen auf das Nächstliegende zu, es fiel vor ihre Füße und sie mußten jetzt einfach hinübersteigen.
    Der Tag hatte schon mit einem strahlenden Morgen weit ausgeholt, und nun stand er blau aufgerissen über den Gassen und glitzerte in Einzelheiten, die man nicht für sich wahrnahm, nur als verworrenes Lichtkonzert, mehr dem Stimmen eines großen Orchesters vergleichbar als dem eigentlichen Spiel. Er wollte Gemälde besichtigen, die in der Nähe vor einer Auktion ausgestellt waren und hatte in bezug auf diese bestimmte Absichten; es sollte da ein kleines Bild aus dem italienischen Manierismus geben, Zeit des Broncino etwa; man hatte Doctor Eugen davon erzählt; nun wollte er es sehen, und später vielleicht ersteigern. Jetzt sprach er davon. Sie ging neben ihm, wie schräg nach vorne gegen das viele Licht gelehnt, als ginge sie gegen den Wind. Sie war nicht aufgeflattert, und auch garnicht bereit zum Urteilen oder zum Ordnen einer fremden Situation (wie einst im Falle der Zopferl, und viel später im Fall der Finy und der Feverl). Sie trug folgsam eine kommende Last gegen den Lichtwind, der da wehte, verstand nichts von Bildern und schwieg diesmal bescheiden, zu einem Maße erwachsend und erwachend, das ihr fremd war, und das sich heute doch gebieterisch an sie legte.
    N icht viel über zwei Monate nach jenem Gespräche zwischen Chwostik und dem Oberlandesgerichtsrat – also gegen Mitte Juli – erschien Doctor Eptinger in Chwostiks Kanzlei und teilte mit, daß seine Schwester nun wirklich die erwünschte Wohnung in Döbling erhalten habe und alsbald übersiedelt sei: er könne das freigewordene Objekt besichtigen und, wenn die Wohnung ihm convenieren sollte, sogleich dort einziehen; es sei alles wohl im Stande; übrigens seien einige Möbelstücke stehen geblieben, die ihm, falls sie gefielen, gegen eine sehr geringe Ablöse zur Verfügung stehen würden; den bescheidenen Betrag möge er dann gelegentlich an ihn, Doctor Eptinger, abführen. Die Hausmeisterin heiße Frau Wenidoppler. Sie sei am späteren Nachmittag immer da und bereit, Herrn Chwostik zur Besichtigung hinaufzugeleiten.
    Er ging am gleichen Tage noch hin: auf dem Heimwege vom Bureau, das er zu diesem Zwecke etwas früher verlassen hatte. Es war halb sechs. Er betrat die lange, dem Donaukanal parallel laufende Straße und sah wegen der Hausnummer noch einmal auf den Zettel, welchen Doctor Eptinger ihm gegeben hatte. Es war noch weiter, gegen die Eisenbahnbrücke zu. Die hellen neuen Häuser erstreckten sich die leere Straße entlang, in regelmäßigen Abständen zeigten sie auch große, dreiteilige Fenster. Die Wärme des Tages ließ noch nicht nach, in sie blieb alles verpackt, und gleichsam angelehnt an das Kissen der dicken Luft. In den langen verschlossenen Fenster-Reihen lag das Licht des noch immer hochsonnigen Nachmittages wie aschiger Staub. Chwostik erkannte nun, daß es das Eckhaus sei. Er warf einen Blick die Front hinauf und sah im ersten Stockwerke rosa Papier im dreiteiligen Fenster liegen. Dann drückte er das hell gestrichene Haustor auf, was einigen anlehnenden Kraftaufwand erforderte. Es schloß sich automatisch hinter ihm. Der Flur war

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