Die Wasserfälle von Slunj
nicht im entferntesten daran, nun wieder auszuziehen. Die Wenidoppler erhielt fünf Gulden und versank katzenlächelnd vor dem Herrn Direktor unter den Teilstrich äußerster Devotion.
Chwostik ging, und sagte noch, daß er in den nächsten Tagen einziehen und inzwischen alles mit Herrn Doctor Eptinger ordnen werde.
Die Hausmeisterin lief ihm voraus und öffnete das Haustor.
Die Straße lag in den dicken Kissen ihrer noch unveränderten Wärme.
Er ging in die Adamsgasse und stand dort lange vor den geöffneten Schränken und vor seinen Koffern, ohne doch Hand anzulegen. Nicht einmal die Lampen brauchte er mitzunehmen; auch jene im Vorzimmer würde einfach stehenbleiben, wie alles andere hier. Es erleichterte ihn sehr. Der Handwagen des Kohlenhändlers und ein Bursche würden genügen. Die Einzelheiten marschierten auf, gefügig gereiht, ein kurzer, überschaubarer und geordneter Zug. Auf dem Handwagen, außer den Koffern, nur Eimer, Besen und dergleichen. Er war hier nicht mehr zu Hause. Er wandte sich ab, setzte seinen Hut wieder auf, ging essen, in das Beisl, wo einst sein Vater Kellner gewesen und wo derselbe Wirt wie damals noch immer hinter dem Schanktische stand. Milo mußte verständigt werden. Das fiel ihm hier ein, während er vor sich auf das blau-weiß gemusterte Tischtuch sah. Die Weiber links und rechts mußte er halt noch zwei oder drei Nächte ertragen; der Teufel hole sie. Die Wewerka sollte die Möbel haben und der Teufel sollte sie gleichfalls holen. Er steckte locker und nur mehr zur Hälfte in den annoch währenden äußerlichen Umständen seines Lebens. Das Neue war mit dinglicher Festigkeit bereits eingetreten und gewann das Übergewicht. Es gab jedoch eine Bruchstelle und einen Schmerz, fast einen Abschieds-Schmerz. Er dachte an die Betten seiner Eltern, die nun, geteilt, in den Zimmern der beiden Weiber standen. Diese Stelle brannte ein wenig und, seltsamer Weise, es war ähnlich, wenn er an das rosa Seidenpapier dachte, das die Hausmeisterin in ihre Schürzentasche gesteckt hatte. Verstehen konnt‘ er’s nicht, und doch war es ihm vertraut. Die Naht zwischen Alt und Neu war noch ganz frisch, und der Ausblick in jenes wie in dieses unverstellt. Chwostik sah durch Augenblicke wie aus einem Januskopf (hätte er auch im Konversationslexikon nachschlagen müssen, es war ja dazu da).
Wir berichten über ihn vielfach in einer Ausdrucksweise, die ihm unverständlich gewesen wäre. Aber es geht nicht anders. Eine seinige gibt es nicht.
Es ging später alles glatt. Als die Koffer herunter gebracht wurden, fuhr die Wewerka aus dem Loche. Auch Drachen haben Ahnungen.
Ob er verreise?
Chwostik sagte, daß er ausziehe.
„. ... jste blázen?!“ (Ob er verrückt geworden sei? – In der Erregung brach tschechischer Urlaut aus dem Knollengewächs.) „Und de Madeln – sollens die jetzt am Boden liegen, wann Se Ihnare Möbel mitnehma?“
Chwostik griff in die Brust-Tasche. Darin befand sich eine rechtsgültige Erklärung – der Doctor Eptinger hatte sie für Chwostik ausgefertigt – worin er seinen Eigentumsverzicht an den Möbeln aussprach und diese der Frau Leopoldine Wewerka zur beliebigen Verwendung übermachte. Es war eine Schenkung. Sie zog die Brillen aus der Schürze und las. Weil sie nur Unrat witterte (es war ihr eigener), erhellte sich ihre gespannte Beiß-Physiognomie in keiner Weise. Chwostik, der sich inzwischen gründlich davon überzeugt hatte, daß alles bereits auf dem kleinen Handwagen verladen und festgemacht sei, übergab noch die Wohnungs-Schlüssel, grüßte und entschritt sodann, und sein Eigentum rollte hinter ihm drein, von dem Burschen des Kohlenhändlers im Verein mit einem großen Hunde gezogen.
D ie Wewerka, als sie so weit ihre Nase über den eigenen Unrat hinaus und in das Blatt gesteckt hatte, welches ihr von Chwostik in der Hand geblieben war, um zu begreifen, was da nun wirklich vorlag: die Wewerka berstelte sich unverzüglich vor sich selbst als Hausmeisterin auf, sie hausmeisterte sich, möchte man fast sagen (genau und lateinisch: conciergificatio sui ipsius) und disponierte taktisch in der neuen Lage.
Demzufolge wurde Münsterer, als er abends vom Postamte heimkam, nach oben dislociert, welche Maßnahme einen deutlichen Beischuß von Verantwortungsbewußtsein und Moralität zeigte. („De Madln kennens ja oben net allanich bleiben!“) Und so verließ er sein grausliches Bett und landete per sofort in demjenigen Chwostik’s: als hausmeisterisches
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