Die Wassermuehle
haben?“
„Ganz sicher nicht, Herr Winterfeldt! Mein Kind ist völlig fertig! Ich verlange, dass sich Ihr Flittchen von Tochter auf der Stelle entschuldigt!“
„Ja, aber ...“
„Ich komme jetzt mit Yvonne vorbei.“
„Wer, bitte, ist Yvonne?“
Statt einer Antwort wurde aufgelegt. Das Licht funktionierte wieder, als es schellte. Klaus atmete durch und drückte den Summer.
Eine halbe Stunde später klingelte er bei Favitta Brancatelli. Danach rief er Hedi an. Und dann saß er im Wohnzimmer und zappte durchs Fernsehprogramm, bis Dominique nach Hause kam.
K APITEL 43
N achdem Hedi dreimal um den Block gefahren war, parkte sie den VW-Bus genervt im Halteverbot. Die Fassade ihres ehemaligen Wohnhauses war eingerüstet und mit Plastikplanen verhängt. Am Himmel ballten sich graue Wolken; es nieselte. Im Hinterhof sprangen zwei türkische Kinder lachend in einer Regenpfütze herum. Die Haustür stand offen; im Treppenflur roch es nach Bohnerwachs und frisch gewaschener Wäsche. Die alte Holztreppe knarrte, als Hedi nach oben ging. Es war ein seltsames, vertrautes Geräusch. Klaus öffnete ihr.
Er lächelte. „Hallo, Hedi.“
„Sag bloß, die fangen endlich an, hier zu renovieren?“
„Schön, dass du kommen konntest.“
„Ich bitte dich! Immerhin geht es um unsere Tochter. Zumindest meine ich das deinen nebulösen Andeutungen gestern Abend entnommen zu haben. Was hat Dominique mit einer verbotenen Schülerzeitung zu tun?“
„Willst du nicht reinkommen?“
Hedi ging ins Wohnzimmer. Der Teppich war gesaugt. Nirgends lag eine Zeitung herum. Sie zog ihre Jacke aus und setzte sich. „Du hattest Frühdienst?“
Er nickte. „Bin vor zwanzig Minuten heimgekommen. Möchtest du einen Kaffee? Ich habe welchen aufgesetzt.“
„Könntest du mir bitte sagen, was los ist?“
Er nahm ein Heft vom Sideboard und gab es ihr. „Ich empfehle die Seiten vier und fünf.“
Hedi blätterte und fing an zu grinsen. „Sandro S. (16): Mein Penis ist zu groß (ca. 80 cm ausgefahren). Früher fand ich das toll. Mit der Zeit geht es mir gewaltig auf die Nerven ... Melanie B. (13), Ina Z. (14): Wir haben gehört, dass ein Mädchen während der Regel schwimmen gegangen war. Danach hat sie den Tampon nicht mehr herausgebracht und musste ihn herausoperieren lassen. Kann das stimmen? Liebe Güte! Wer denkt sich so einen Schwachsinn aus?“
„Lies bitte weiter.“
„Scharf auf den Lehrer. Yvonne M. (15): Ich habe ein großes Problem. Jedes Mal, wenn ich meinen Mathelehrer ansehe, wird mir ganz anders: Meine Pickelnase färbt sich rosa, und Ameisen kribbeln in meinem Bauch.“ Hedi gab ihm lachend das Heft zurück. „Wo liegt das Problem?“
Klaus schlug das Impressum auf. „Für die Rubrik Liebe, Ex und Zärtlichkeit zeichnet verantwortlich: Prof. Dr. med. D. Winterfeldt. Sie wollen Dominique von der Schule werfen.“
„Was ist mit den anderen? Den Mist hat sie vermutlich nicht allein fabriziert, oder?“
„Die Idee stammt vom Sohn des Pfarrers, Layout und Druck von der Tochter der Deutschlehrerin, und als Quelle für Seite vier diente eine Ausgabe der Bravo . Behauptet jedenfalls Dominique. Ich bin nur froh, dass sie den Mist nicht auch noch ins Internet gestellt haben. Übrigens ist Dominique die Einzige, die unter Angabe ihres richtigen Namens erscheint. Wenn du mich fragst: Das war Vorsatz.“
„Unsere Tochter legt eben Wert auf Ehrlichkeit.“
„Du kannst dir nicht vorstellen, was gestern Abend hier los war.“
„So? Was denn?“
„Das ist nicht witzig, Hedi!“
„Du hattest mir einen Kaffee angeboten.“
Klaus legte das Heft beiseite und verschwand in der Küche. Er kam mit zwei Tassen und der Kaffeekanne wieder. „Milch und Zucker sind leider aus.“
„Hat deine Jurastudentin vergessen einzukaufen?“
„Wer?“
„Daniela ... Wie war gleich der Name?“
„Müller.“
„Hieß sie neulich nicht Meyer?“
Klaus goss Kaffee ein. „Ich habe sie rausgeworfen. Aufräumen kann ich selbst.“
„Das sind ja völlig neue Einsichten.“
„Verrate mir lieber, wie ich mir die pickelnasige Yvonne und ihre hysterisch kreischende Mutter vom Hals halte.“
„Nichts einfacher als das: Dominique zieht in den Odenwald, und du bist alle Sorgen los. Wo ist sie überhaupt?“
„In der Schule.“
„Dann kann es nicht allzu schlimm sein, oder?“
„Ich habe den Direktor heute früh vom Dienst aus angerufen. Er ist bis um sechzehn Uhr in seinem Büro.“
„Ach so! Ich soll die Kohlen aus dem Feuer
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