Die Wedding-Planerin
einfach nur einen Umschlag mit Scheinen darin überreichen, sondern gern noch etwas
Persönliches, das mehr als eine Karte sein darf, ergänzen.
Ganz nebenbei hatte ich Lena und Karl in den letzten Monaten ausspioniert – immer wenn einer der beiden einen Wunsch äußerte,
notierte ich diesen heimlich. So liegt mir jetzt eine Liste vor, die ich, getrennt sortiert nach Braut-, Bräutigam- und
gemeinsamen Wünschen, an die Gäste weitergeben kann. Dabei ist Koordination und das Wissen darüber wichtig, welcher Gast
zu Lena und welcher zu Karl gehört. Nichts ist ungeschickter, als keinen Überblick über die Familien, Freunde und Arbeitskollegen
zu haben. Und somit unwissend entweder die gleichen Geschenke doppelt zu verteilen oder einer Gruppe gleich mehrere zur Auswahl
zu geben und am Ende keine Ideen mehr zu haben.
Um derartige Missgeschicke zu vermeiden, muss ich erst einmal herausfinden, welche von Karls fünf Cousinen die Autorin der
erheiternden Nachricht ist. Die Gästeliste gab zwar Aufschluss über Zugehörigkeit der Menschen zu Braut oder Bräutigam, ich
konnte aber nicht ersehen, um welche von Karls Cousinen es sich handeln könnte.
|165| «Vielleicht suchst du mal nach der Mailadresse in der Liste?», regt Andreas an, der mich die Liste zum hundertsten Mal durchsuchen
sah. Gute Idee, aber auch ohne Ergebnis. Mist. Mir blieb nichts anderes übrig, als sie in meiner Antwort zu fragen. Peinlich,
aber immer noch weniger peinlich, als hinterher doppelte und dreifache Geschenke vorzufinden.
Ich antworte ihr also, dass sie sich keine Sorgen um ihr Outfit machen solle, es würde schick, aber nicht opulent werden,
und sie sei so willkommen, wie sie sich wohlfühlen würde. Beschrieb, dass die Wohnung der beiden keinem besonderen Farbkonzept
entspräche und sie eigentlich auch voll ausgestattet seien, und ja, sie wünschen sich Geld, und falls sie noch eine Kleinigkeit
dazu haben wolle, ich wüsste, dass sie sich über ein Kochbuch freuen würden. «Leider konnte ich aus deiner Mail nicht ersehen,
wie du heißt, und muss dir daher die peinliche Frage stellen, welche von Karls Cousinen sich dahinter verbirgt. Solltest
du also nicht zufällig im Zeugenschutzprogramm sein, würde ich mich über die Angabe deines Namens sehr freuen.» Senden. Keine
zehn Minuten später blinken und laufen weitere Smileys über den Bildschirm: Die Cousine stellt sich als Sonja aus Castrop-Rauxel
vor und freut sich, dass sie bei Stella McCartney nach einem passenden Outfit suchen kann. Verrücktes Huhn, ich bin sehr
gespannt, diese Frau persönlich kennenzulernen.
[ Navigation ]
|166| Donnerstag, 20. März
Stimmung: feige
Sound: Telefongespräche
Thema des Tages: Erstgeborene unter sich
Lena und mich unterscheidet vor allem eine Sache: die Reihenfolge unserer Geburt. Während ich das älteste Kind meiner Eltern
bin, ist sie die kleine Schwester. Um ihre große Schwester habe ich sie häufig beneidet: Wiebke hatte coole Poster im Zimmer
und hörte Musik von Bands, über die Lena auf dem Schulhof reden konnte, während ich noch glaubte, dass Peter Maffay, den
meine Mutter immer hörte, ein cooler Musiker sei.
Wiebke und Lena sind sehr unterschiedlich – die beiden trennen nicht nur sechs Jahre, sie haben auch verschiedene Vorstellungen
davon, was geschmackvoll ist, und so stehe ich vor meiner nächsten diplomatischen Herausforderung:
Wiebke hat sich, wie versprochen, Gedanken über die Gestaltung des Abends gemacht und mir eine Mail geschrieben. Sie will
für Lena eine Hochzeitszeitung gestalten. Das Problem: Lena findet Hochzeitszeitungen schrecklich. Weder will sie auf sich
und Karl gemünzte Reime lesen, noch ist sie besonders begeistert von Bildern aus ihrer Jugend. «Ich bekomme grüne Pickel
beim Gedanken an eine Hochzeitszeitung», hat sie mir neulich mit auf den Weg gegeben. Wie schön, dass ich Wiebke das jetzt
mitteilen darf.
Zwei Tage drücke ich mich nun schon vor einer Antwort. Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, nein zu sagen und dies
auch zu begründen. Allerdings möchte ich nicht, dass Wiebke das Gefühl bekommt, es ihrer Schwester nicht recht machen zu
können. Ein Dilemma, dessen Lösung ich zwar schon entwickelt habe, |167| von der ich aber nicht weiß, was Wiebke dazu sagen wird. Helfen kann mir nur noch eine: meine Mutter, die sich mit geschwisterlichen
Problemen aufgrund ihrer eigenen Kinder bestens auskennt und sicher einen Rat
Weitere Kostenlose Bücher