Die Wedding-Planerin
Schnäpse, Kondome und Strings gehören offenbar zur Grundausstattung einer
solchen Veranstaltung. Ich grusel mich.
Erschwerend hinzu kommen die Bilder meiner letzten Reeperbahn-Tour, die während meiner Überlegungen vor meinem inneren Auge
vorbeiziehen: Horden von Krankenschwestern, Hasen und Playboy-Bunnys, die ihre Kleidung meistbietend veräußern oder zur
Aufbesserung der gemeinsamen Kasse eben Kondome, Herren-Strings und Schnaps verkauften. Und dabei ziemlich tief ins Glas
guckten … Nach meiner persönlichen Definition ist das alles andere als unpeinlich. Also muss ein anderer Plan her – einer, bei dem
Lena sich nicht zum Horst macht, sondern wir einen schönen Tag haben.
Da ich mal wieder nur weiß, was ich nicht will, lenke ich mich ab, indem ich mich durch alte Bilder klicke, ein besonderer
Spaß: «Hochzeit Anna und Markus». Vier Jahre liegt deren Feier zurück, und ich erinnere mich an die Diskussionen um ihren
Junggesellinnenabschied. Maja war damals Annas Trauzeugin und quälte sich zusammen mit Markus Trauzeugen mit der Planung des
letzten Abends in Freiheit. Wochenlang überlegten beide Freundeskreise, wie man diesen Abend gestalten könnte. Fest stand:
Zu beiden hätte ein DV D-Abend auf dem Sofa besser gepasst als eine rauschende Partynacht auf der Reeperbahn. Am Ende bekamen die beiden den schönsten Abend,
den ich in diesem Zusammenhang jemals erlebt habe.
|173| Das Paar wurde am gleichen Abend getrennt voneinander abgeholt, sie bekamen die Augen verbunden und Kopfhörer mit Musik auf
die Ohren. In getrennten Autos fuhren Maja und Anna sowie Markus und sein Trauzeuge Richtung Elbstrand. Immer noch blind und
beschallt, führten die jeweiligen Trauzeugen das Paar hintereinander – aber voneinander nichts ahnend – den Strand entlang.
Zeitgleich wurden beiden Kopfhörer und Augenbinden abgenommen: Wir warteten mit etwa 50 Menschen, einem riesigen Grillbuffet, Musik und Alkohol auf die zwei. Gefeiert haben wir bis in die frühen Morgenstunden
– gemeinsam.
Eine gemeinsame Party kommt bei Lena und Karl nicht in Frage, Karl hat seinen Abend bereits selbst geplant und wird mit seinen
Jungs auf ein Konzert gehen. Bevor ich mir weiter Gedanken über ein mögliches Programm mache, stelle ich eine Liste mit Mädels
zusammen, die dabei sein sollen.
Beim Blick auf die Personen erhöht sich die Schwierigkeit der Planung um eine weitere Stufe. Die Damen kommen aus dem ganzen
Land in die schönste Stadt Deutschlands. Die Anreisenden stellen dabei aber das kleinste Problem dar. Eine etwas größere Hürde
ist die Mutterschaft. Einige haben bereits kleine Kinder, die betreut, gefüttert und bespielt werden müssen – zu jeweils
unterschiedlichen Zeiten, versteht sich. Andere Mütterprobleme sind Schlafmangel, sodass an nächtliches Feiern nicht zu
denken ist, sowie eine unmittelbar bevorstehende Geburt. Da ich wenig Ahnung im Umgang mit geplatzten Fruchtblasen habe,
ist es für die Betroffene nur vernünftig, den Tag nicht allzu kräftig mitzufeiern. Aber für Lena hätte ich dann doch gern
alle Mädels dabei. Eine Liste könnte helfen. Alle Ideen, die mir seit Tagen im Kopf herumspuken, schreibe ich auf und versehe
sie mit von mir geliebten Pro- und Kontra-Argumenten.
|176| In meinem Bestreben, es allen recht zu machen und allen die Teilnahme zu ermöglichen, verbaue ich mir jegliche Chance auf
eine realistische Lösung. Also muss ich anders vorgehen.
Erst einmal den Termin festlegen. Ich setze einen Samstag im Mai fest, die Diskussion, wer wann Zeit hat, werde ich mir
ersparen. Fragt sich, wie ich mit Lena und ihren Terminen umgehe. Es ist utopisch zu glauben, dass ich über Karl den Termin
bei ihr einsteuern und den Grund geheim halten kann. Sie liegt mir sowieso schon seit Tagen damit in den Ohren, dass sie
ihren Junggesellinnenabschied mitplanen möchte. Das werde ich natürlich nicht zulassen, aber ich werde eine Ausnahme machen
und den Termin mit ihr absprechen.
Ein Telefonat klärt, dass sie an dem Tag auch Zeit hat. Schön, dass sie ihn jetzt kennt, die kommenden Wochen werde ich
einem Fragen-Bombardement ausgesetzt sein: «Was macht ihr mit mir? Ich will nichts Peinliches machen. Verkleidungen wäre o. k., aber bitte keine Spiele. Verrat mir doch bitte etwas.» Pustekuchen – zu verraten gibt es ja noch gar nichts, aber das
muss sie ja nicht wissen. Jetzt muss ich erst einmal die Mail an die Damen schreiben.
Von:
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