Die Wedding-Planerin
verlässt und ihm vertraut, kommt es zu einer harmonischen und unfallfreien Zeit auf der Tanzfläche. Tanzen mit dem richtigen
Partner verheißt das große Glück, gemeinsame Euphorie und Erfolg, Harmonie. Vielleicht werden so viele Ehen geschieden,
weil die Menschen zu wenig miteinander tanzen?
Meine Theorie führt bei Lena nur zu einer hochgezogenen Augenbraue: «Ich denke auch, daran wird es liegen.» Ihre Antwort
trieft vor Ironie. «Sag mir lieber, wie ich Karl dazu bekomme, mit mir die Walzerschritte zu üben, sodass ich keinen total
taktlosen Typen auf meinen Füßen rumstehen habe.» Einen Hochzeits-Crash-Tanzkurs lehnt sie ab, wenn Maja schon nicht zu ihm
vordringt, wird sie mit einem Kurs auch nicht zum Ziel kommen.
Liebe Lena, ich fürchte, dass du das Problem allein lösen musst, denn auch ich habe offensichtlich keine Mittel, Männer
zum Tanzen zu bewegen.
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Dienstag, 15. April
Stimmung: schokoladig
Sound: mein Mantra im Kopf
Thema des Tages: «27 Dresses»
Es ist an der Zeit, etwas für mich zu tun. Heute werde ich mich darum kümmern, was ich auf Lenas Hochzeit tragen werde.
Neulich habe ich diesen Film mit Katherine Heigl gesehen,
27 Dresses
. Heigl spielt darin die perfekte, aber einsame Brautjungfer. Eine |186| typische Hollywood-Story und bis auf eine Szene eher belanglos. Die Szene, in der ich mich sehr an mein eigenes Leben erinnert
fühlte, dreht sich um Heigls Kleider, die sie im Lauf ihrer Brautjungfernzeit zusammengesammelt hat. In den USA ist es üblich,
dass die Braut die Kleider ihrer Brautjungfern bestimmt. Im Film ist Heigls Einbauschrank zu sehen, der vor lauter Kleidern,
die sie nur einmal tragen konnte, überquillt. Passend vorhanden sind natürlich jeweils Taschen und Schuhe. Die Kleider bewegen
sich häufig am Rande des Zumutbaren: Von der mintfarbenen langen Robe über das geschnürte Farmerinnen-Kleid bis hin zum Mini
hat sie viele Scheußlichkeiten im Schrank hängen.
Geht mir ähnlich – ich habe diverse Kleider, Röcke und Oberteile gesammelt, die ich auf den einzelnen Hochzeiten getragen
habe. Aber anzuziehen habe ich dennoch nichts. Irgendetwas ist ja immer: Das eine zu schwarz, das andere zu groß, ein weiteres
total grauenvoll. O Gott, DAS soll ich ernsthaft mal getragen haben? Und jedes Mal wieder überrascht es mich, in wie großen
Schritten das Ereignis sich auf mich zu bewegt.
Lena nicht ganz unähnlich verfalle ich etwa sechs Wochen vor der Hochzeit, nachdem ich eine Bestandsaufnahme der vorhandenen
Kleider gemacht habe, in eine Art Schockstarre. Wie eine Geisteskranke rede ich mir ein, dass ich noch total viel Zeit habe
und mir sicher etwas einfällt. Abgelöst wird diese von der nächsten Phase, die in der Regel vier Wochen vorher einsetzt:
Ignoranz.
Per Verdrängung und Beschäftigung mit allerlei anderen Dinge schaffe ich es hervorragend, keinen einzigen Gedanken an mein
Problem zu verschwenden. Leider mehren sich in dieser Zeit die Fragen à la: «Was ziehst du denn an?» Auch die werden ignoriert
– je nach Gesprächspartner einfach überhört, freundlich weg gelächelt oder durch einen geschickten Themenwechsel abgeschnitten.
Zwei Wochen später beginnt Phase drei: Panik. Wo bekomme ich jetzt ein anständiges, mir gefallendes, dem Wetter angemessenes |187| Ensemble her? Es folgt die obligatorische Google-Bildersuche und die Erkenntnis: Das geht alles gar nicht.
Unterwegs durch die diversen Läden Hamburgs fällt mir zum wiederholten Mal auf, dass ich weder der mauvefarbene Plüschtyp
bin noch auf mintfarbenes Satin stehe und Schleifen überm Po unmöglich finde. Meist steigert sich die Panik dann zu hysterischen
Anfällen bezüglich meiner Figur: zu groß, zu dick, zu unproportioniert. Das schwarze Kleid wäre gut, wenn es lang genug
wäre, das rote finde ich o. k., aber dazu finde ich in der Kürze der Zeit ganz sicher keine Schuhe mehr. Pink ist total angesagt und steht mir, aber
der Schnitt des Kleides ist einfach zu sportlich. Schwarzer Rock? Langweilig. Das Abendkleid? Ich kann den Stoff nicht ausstehen.
Die Korsage? Schick, lässt aber meinen Hüftspeck unschön hervorquellen. Grauenvoll, teuer und langweilig.
Retter in der Not war bisher sehr oft meine Mutter. Sie schneidert auch in kürzester Zeit nochmal ganz schnell das eine oder
andere Teil. Stoff besorgt sie auch, ebenso hält sie Ausschau nach passenden Schuhen, denn wenn man so wie ich auf großem
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