Die Wedding-Planerin
Suche an.
Wie viele Déjà-vus erträgt so eine Mutterseele eigentlich? Meine hört sich das jetzt jedenfalls das fünfte Jahr in Folge an.
An ihrer Stelle würde ich entnervt auflegen und mein Kind seine Probleme allein lösen lassen. Zum Glück unterscheiden wir
uns diesbezüglich. Sie hört geduldig zu, fragt nach, versteht und tröstet mich besser, als jeder Schokokuchen der Welt
das könnte. (Was mich nicht davon abhält, einen weiteren Muffin zu ordern.)
«Mäuschen, isst du Schoko-Muffin?», fragt sie prompt nach. Mist, sie hat das Kauen gehört.
|190| «Äähm, ja also, so ein winziges Stück», schummele ich die zwei Portionen klein. Sie seufzt, denn der Grad meiner Verzweiflung
lässt sich seit Kindertagen an der Menge verzehrter Schokoladenkuchen ablesen. «Es waren zwei», gebe ich zerknirscht zu,
nützt ja nichts, sie durchschaut mich ja sowieso.
Kurz bevor ich ihr die Kapitulation verkünde, macht sie mir einen Vorschlag: «Was hältst du davon, wenn du am Wochenende
nach Hause kommst und wir zusammen hier noch einmal gucken, was es im Angebot gibt?»
Sehr gute Idee, Mami. Ich lasse den zweiten angegessenen Muffin stehen, um mir umgehend eine Fahrkarte zu kaufen und anschließend
eine Extra-Runde auf dem Laufband einzulegen. So schnell lasse ich mich nicht unterkriegen.
[ Navigation ]
Sonntag, 20. April
Stimmung: außerordentlich gut
Sound: «The Winner takes it all» von ABBA
Thema des Tages: Fundstücke
Ich bin gut. Ich bin schön. Ich bin erfolgreich. Ich habe keinen einzigen Schokokuchen gegessen, das wird auch nicht mehr
notwendig sein, denn: Ich habe ein Kleid! Und nicht nur eins für den Abend, auch noch eins für das Standesamt.
Dafür musste ich nur ganz, ganz kurz in einer Umkleidekabine stehen, denn bereits das erste Kleid im ersten Laden passte
wie angegossen, gefiel uns, war bezahlbar und perfekt für das Standesamt. Es wird gewickelt, ist weiß mit großen schwarzen
Blumen |191| drauf, geht bis kurz unter mein Knie, sitzt super und schummelt glatt zwei Kleidergrößen weg. Na ja, das meinte meine Mutter,
aber die ist nicht objektiv, sondern froh, dass ihre Tochter wieder zufrieden ist. Lena ist auch einverstanden, denn normalerweise
trägt außer der Braut ja niemand Weiß oder Creme auf einer Hochzeit, aber sie nimmt das nicht so genau.
Das Kleid für den Abend habe ich eher zufällig gefunden: beim Stöbern in den alten Sachen meiner Mutter. Es handelt sich um
das Kleid, das sie zu ihrer Verlobung vor 35 Jahren getragen hat. Ein richtiges Hippie-Sommerkleid, blau mit ganz vielen bunten Blumen drauf und aus einem wunderschönen
fließenden Stoff gemacht. Das ist es! Es passt perfekt, lediglich der Ausschnitt muss etwas geändert werden, es ist sogar
lang genug, sodass ich hohe Schuhe dazu tragen kann. Was etwas verwunderlich ist, da Mama zehn Zentimeter kleiner ist als
ich. Aber egal. Meine Eltern haben sich sehr gerührt angesehen, als ich in dem Kleid um die Ecke kam. Wenn ich bei der Begeisterung
meines Vaters mal den väterlichen Stolz abziehe, komme ich zu dem Ergebnis, das es wohl ganz gut aussehen könnte. Lena hat
es nach meiner Rückkehr heute auch begutachtet und ist ebenso begeistert, Andreas schweigt wie immer. Der hat aber auch einfach
keine Ahnung.
Fehlen nur noch die passenden Schuhe. Statt Frust gibt es allerdings auch hier nur Freudiges zu verkünden: Meine Lieblinge
habe ich bereits online gefunden und bestellt, morgen werden sie geliefert. In meiner Größe und laut Bild auf alle Fälle
auch farblich passend. Gut, sie sind schon sehr hoch mit neun Zentimetern Absatz. Fraglich, ob ich darauf den ganzen Abend
überstehen werde. Bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als jetzt jeden Abend das Laufen zu üben, auch wenn meine Nachbarn
sich beschweren werden, weil die hohen Hacken auf dem Holzfußboden Krach machen. In dieser Geschichte muss jeder sein Opfer
bringen. Um dennoch für den Notfall gerüstet zu sein, habe ich schon mal Blasenpflaster und Flip-Flops auf meine Packliste
gesetzt.
[ Navigation ]
|192| Sonntag, 27. April
Stimmung: vorbereitet
Sound: «Für immer und dich» von Jan Delay
Thema des Tages: Programmverantwortliche
Stichtag für die Rückmeldungen zum Junggesellinnenabschied. Seit einer halben Stunde steht das Programm – alle Kriterien sind
erfüllt, und ich bin ein bisschen stolz darauf, alles unter einen Hut bekommen zu haben. Und aufgeregt, ob in der
Weitere Kostenlose Bücher