Die Wedding-Planerin
und Wiesenblumen finde ich viel schöner, als streng
angeordnete Sträuße. Wie bei einem Spaziergang durch Felder auf dem Dorf, wenn die Blumen wild am Wegesrand wachsen», denkt
Lena laut nach.
«Lila und grün», springe ich mit auf.
«Lilafarbene Blumen, die eher einzeln angeordnet werden, mit ein bisschen Grün dazwischen, und davon dann mehrere auf dem
Tisch», ergänzt Lena. In dem Stil denken wir weiter nach und füllen meine Liste mit Kriterien auf:
|180| Farben:
Hauptfarbe:
Lila
mögliche Ergänzungen:
Grün, Weiß, Pink
Blumen:
Beratung beim Floristen
Menge & Art der Anordnung:
viele, aber verteilt, nicht auf einem Haufen
Das ist nicht viel, aber schon mal eine konkrete Vorstellung. Morgen früh gehen wir damit gleich zu einem Floristen.
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Samstag, 5. April
Stimmung: blumig
Sound: keiner, wir verarbeiten noch
Thema des Tages: Hyperaktive Blumenhändlerin
Verrückt. Anders kann ich unseren Besuch bei der Floristin nicht beschreiben. Nach dem vorherrschenden Chaos im Laden und
den Gedanken der Dame zu urteilen, haben wir es mit einer echten Künstlerin zu tun.
Wir hatten den Laden gewählt, weil wir ihn von außen süß fanden. Das ist kein wirklich objektives Kriterium, aber immerhin
ein Anhaltspunkt. In dem kleinen Geschäft drängten sich jede Menge Blumen, Bänder, Drähte, Möbel, hektische Menschen sowie
zwei Hunde auf einer sehr kleinen Fläche. Ein Mann schleppte kartonweise fertige Gestecke vom Laden in ein Auto, eine Frau
band in Windeseile einen Strauß nach dem anderen, und eine weitere telefonierte lautstark, schnitt derweil Bänder zurecht
und umwickelte |181| damit die Stiele der Sträuße der anderen Frau. Gleichzeitig notierte sie sich etwas auf einem zerknüllten Zettel. Offenbar
kamen wir unpassend.
Lena wollte sich gerade zum Gehen wenden, als die telefonierende Frau auflegte und uns, während sie ununterbrochen weiter
wickelte, fragte, was sie für uns tun könne. Lena erklärte ihr Anliegen, die Frau meinte, heute sei es schlecht, da sie
gleich zwei Hochzeiten beliefern müssten.
«Kein Problem, ich kann am Montag wiederkommen», verabschiedete Lena sich bereits.
«Quatsch, wir besprechen das nebenbei», kommentierte die Frau unseren Rückzugsversuch und stellte sich als Katja vor. «Los,
Mädels, sagt mal schnell, was ihr euch vorstellt.»
Lena bekam den Mund so schnell nicht auf, also griff ich ein: «Zwölf runde Tische, lilafarbene Wiesenblumen, Termin Ende
Mai, dazu zwei Brautsträuße für Standesamt und Kirche, passender Anstecker für den Bräutigam.»
Binnen fünf Minuten hatten wir zehn lateinische Pflanzennamen gehört, drei Sorten Bänder gezeigt bekommen und uns darauf
geeinigt, dass wir die passenden Gefäße besorgen und das Aufstellen vor Ort übernehmen würden, sowie einen etwaigen Preis
genannt bekommen.
«Macht euch um die Sträuße keine Sorgen, ich mache sie so, dass sie dir gefallen», beantwortete Katja Lenas Frage danach.
«Kein Kitsch, sondern authentisch, richtig?», hakte die quirlige Floristin nach, während sie nebenbei zwei weitere Sträuße
fertiggestellt hatte.
«Richtig», stimmte Lena zu.
Schneller als wir gucken konnten, standen wir wieder auf der Straße. Mir war leicht schwindelig von Katjas Tempo und Lena
war eher mulmig zumute statt erfreut über unseren spontanen Erfolg: «Ob sie das alles am Montag noch weiß? Sie hat sich nicht
einmal meinen Namen oder meine Telefonnummer aufgeschrieben, |182| ganz zu schweigen von den Blumen, auf die wir uns geeinigt haben.»
«Ich glaube kaum, dass eine Frau, die gleichzeitig binden, telefonieren, schreiben und neue Kunden aufnehmen kann, sich
etwas notieren muss, um es zu behalten», versuchte ich Lena zu beruhigen.
«Trotzdem werde ich am Montag lieber noch einmal anrufen und nachfragen», meinte sie.
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Samstag, 12. April
Stimmung: kitschig
Sound: Dreivierteltakt
Thema des Tages: Darf ich bitten?
Die perfekte Trauzeugin bin ich für Bräute, die einen leichten Hang zum Kitsch haben. Das bedeutet, dass ich für Lena eigentlich
ungeeignet bin, die es zwar herzlich, aber schlicht mag.
Unter dem Schlagwort «kitschig» verorte ich übrigens nicht diese gerade total modernen, öffentlich vorgetragene Liebesschwüre
des Paares – die kann ich nicht leiden, da bekomme ich vor Fremdscham rote Ohren. Für die anderen großen Gesten bin ich aber
immer zu haben: eine emotionale Rede.
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