Die Wedding-Planerin
Ausführung
alles so klappt und Lena einen wunderschönen Tag haben wird.
In meiner Mailbox warteten acht Antworten und zwei Abwesenheitsnotizen auf Auswertung. Zwei Mädels haben sich nicht gerührt.
Das wundert mich nicht. Der anstrengendste Teil des Trauzeugen-Daseins besteht darin, Menschen Antworten aus der Nase zu
ziehen. Und ich selbst unterscheide mich in keiner Weise von solch schreibfaulen Gästen.
Als Gast auf einer Hochzeit bin ich ein Albtraum für jeden Trauzeugen. Ich melde mich nicht pünktlich zurück, verspreche,
Dinge zu tun, und vergesse sie dann sofort wieder. Beinahe in den Wahnsinn getrieben habe ich mit diesem Verhalten Majas
Trauzeugin. Wochen vor der Feier hatte sie die Gäste per Mail um Mithilfe gebeten. Jeder sollte seine Geschichte mit der Braut,
dem Bräutigam oder dem Paar handschriftlich aufschreiben und ihr zusenden, sie wollte ein Buch daraus binden lassen. Spitzen-Idee,
dachte ich und mailte ihr drei Wochen später meine Zusage. Abgabe sollte acht Wochen später sein. Sechs Wochen lang dachte
ich mit keinem Gedanken mehr daran.
Zwei Wochen vorm Stichtag unterhielten sich Anna und Lena darüber. Anna hatte, engagiert wie sie ist, ihre Geschichte bereits |193| lange abgegeben, und sogar die vergessliche Lena hatte schon etwas geschrieben. Fett notierte ich mir den Punkt in meinem
Kalender – und fand jeden Tag eine andere Ausrede, mich nicht damit zu beschäftigen: Mir fiel keine konkrete Geschichte ein,
ich hatte kein schönes Papier da, ein toller Stift fehlte und überhaupt, warum sollte ich das mit der Hand schreiben, das
würde niemand entziffern können. Das Datum der Abgabe verstrich, die Trauzeugin hakte nach, ich bat um Verlängerung und
machte: nichts. Das Spiel wiederholte ich bis zur Hochzeit zweimal, dann versprach ich, den Text zur Feier mitzubringen.
Bis heute enthält das Buch kein von mir geschriebenes Wort.
Geduldig übe ich mich heute in Verständnis für die nicht antwortenden Teilnehmerinnen, nehme das Telefon und versuche, beide
anzurufen. Ohne Erfolg, niemand nimmt ab. Also verfasse ich eine Nachhak-Mail mit der Bitte um baldige Rückmeldung.
Zügig verschaffe ich mir einen Überblick, über die Antworten:
Mutti 1: Kann kommen, sofern ihre Kleine sich bis zum Tag X auch vom Vater füttern lässt. Sie üben das derzeit. In dem Fall
könne sie von 15 bis etwa 18 Uhr 30, müsse die Kleine dann schlafen legen und wäre ab 20 Uhr 30 wieder einsatzfähig.
Mutti 2: Kann ab 19 Uhr dabei sein, das Kind an einem Samstagnachmittag allein zu lassen, entspräche nicht ihrer Vorstellung von Familienleben.
Abends könne sich ausnahmsweise der Vater um den Kleinen kümmern, allerdings ginge sie auf keinen Fall feiern, da am Sonntag
der übliche Familienausflug ab 9 Uhr am Morgen auf dem Plan stehe. Kinder bräuchten verlässliche Koordinaten im Leben, und sie müsse fit sein.
Mutti 3: Hat Zeit, will feiern, bis sie umfällt, und auf keinen Fall vor drei Uhr nachts zu Hause sein. Ob sie Wodka mitbringen
dürfe. Antworte, dass sie jeden Alkohol mitbringen darf, der ihr in die Hände fällt.
Mutti 4: Kann nachmittags und am frühen Abend, aufgrund |194| akuten Schlafentzugs fielen ihr allerdings erfahrungsgemäß um 21 Uhr die Augen zu, da wolle sie zu Hause sein.
Die Schwangere: Guckt mal, wie es ihr geht, ist aber hoffnungsvoll, die ganze Zeit dabei zu sein, sofern sie sich immer
mal wieder hinsetzen könne.
Alle anderen: Können, wollen und freuen sich, fragen, wann sie wo sein sollen. Und senden erfreulicherweise erste konkrete
Vorschläge. Wiebke, Lenas Schwester, bastelt für jede Teilnehmerin einen Anstecker, der die Beziehung zur Braut klarstellt:
«Brautschwester», «Trauzeugin», «Freundin». Begeistert segne ich den mitgeschickten Entwurf ab. Freundin Regina schlägt
vor, die Kiez-Party mit dem Besuch einer Karaoke-Bar zu starten, Anna zeigt sich davon begeistert, Schnaps und Strings
will keine verkaufen, und niemand plädiert für Verkleidungen. Ein voller Erfolg aus meiner Sicht.
Begeistert setze ich mich an die Programmplanung. Fest steht: Es muss einen Teil nachmittags, einen abends und einen für
die Nacht geben. So geplant, dass jede kommen und gehen kann, wie sie möchte, ohne dass die Gruppe auseinandergerissen
wird. Ich recherchiere ein bisschen nach typischen Aktivitäten in Hamburg, die Lena sicher noch nie oder selten gemacht hat
und von denen auch die Auswärtigen etwas haben
Weitere Kostenlose Bücher