Die Wedding-Planerin
beobachtete die anderen Kundinnen rechts und links neben mir. Sie hatten beide einen Stapel Zeitschriften, einen Sekt
und Kaffee neben sich und schienen die Prozedur zu genießen. Deren Fußbeauftragte hatten sicher vorher mit ihnen gesprochen.
Ich wunderte mich noch etwas über eine Frau, die jetzt schon seit einer halben Stunde barfuß lesend auf einem Sofa saß –
aber vielleicht war das Magazin ja interessant. Maria feilte und hobelte derweil an mir herum, ihre Gesprächspartnerin war
verschwunden, aber die Geräte, die sie benutzte, waren zu laut, als dass ich mit ihr hätte sprechen können.
Langsam konnte ich meine Beine nicht mehr halten und fragte mich, was genau daran jetzt entspannend sein sollte. Durst hatte
ich auch, gelangte aber nicht an meine Tasche mit der Wasserflasche, da diese weit weg auf dem Boden stand. Maria hatte
die Geräte endlich ausgestellt, und ich freute mich, dass ich jetzt endlich mit ihr besprechen konnte, wie es weitergeht.
Ich zeiget ihr die Schuhe und fragte, welche Farbe sie dazu empfehlen würde. Etwas verwundert sah ich mir die vorgeschlagenen
Nuancen an. Ich dachte, man sähe mir mein Alter so weit an, dass klar sein sollte, dass ich nicht mehr mit blauen, grünen
oder glitzernden Nägeln aus dem Haus gehen werde. Vor allem zu einer |208| Hochzeit. Wir einigten uns auf ein schlichtes Grau, und sie begann zu pinseln. Insgesamt erhielt jeder Nagel vier Schichten
Lack – ich war erstaunt, doch froh, dass ich hier bald fertig sein würde. Mir schmerzte der Kopf, und ich hatte noch immer
Durst. Als Maria fertig zu sein schien, verschwand sie wortlos.
Zehn Minuten schaffte ich es, still sitzen zu bleiben, dann begann mein Po einzuschlafen. Immerhin saß ich bereits seit
anderthalb Stunden in diesem pinken Ungetüm und konnte mich kaum bewegen. Auf der Suche nach Maria verrenkte ich mir fast
den Hals, aber sie blieb verschwunden.
Die Frau neben mir bemerkte meine Unruhe und klärte mich auf: «Dein Lack muss jetzt trocknen, das dauert zwischen anderthalb
und zwei Stunden.»
Wie bitte?
Den nächsten Termin heute Abend hatte ich in einer halben Stunde mit Maja, auf keinen Fall konnte ich hier noch weitere Stunden
verbringen. Und im Fernsehen haben sie in solchen Läden immer Trocknungsgeräte, niemand muss Stunden warten. In meiner Wut
über die nicht vorhandene Kommunikation dieses Unternehmens winkte ich eine von Marias Kolleginnen heran. Immerhin befreite
sie mich aus dem pinken Ungetüm und gab mir Papp-Flip-Flops, sodass ich mich frei bewegen konnte.
Nachdem ich endlich etwas getrunken hatte, rief ich Maja an und erklärte ihr die Situation. Danach ließ ich mich etwas ratlos
auf dem Besuchersofa nieder. Maria kam vorbei, ignorierte mich und nahm die nächste Kundin in Empfang. Nach weiteren langen
Minuten des Wartens schaffte ich es, eine von Marias Kolleginnen auf mich aufmerksam zu machen. Sie testete die Härte des
Lacks, schüttelte den Kopf und meinte, ich müsse noch weiter warten. Gleichzeitig riet sie mir: «Nimm eine Zeitschrift und
fächele deinen Füßen Luft zu, dann geht es schneller.»
Mir war bereits egal, dass dieser Tipp alles andere als professionell klang, ich mache alles, damit ich hier sofort rauskomme.
Also |209| fächele ich. Eine Stunde lang. Inzwischen sind meine Füße so kalt, dass ich sie nicht mehr spüre, meine Geduld mehr als
aufgebraucht und Maja aufgetaucht und wir beide hungrig. Entschlossen ziehe ich mir Socken und Schuhe an – jetzt reicht es.
Genervt zahle ich die fälligen 40 Euro und verlasse den Laden.
Maja amüsiert sich königlich und erzählt, wie ich verzweifelt ausgesehen hätte. Wir gehen essen, und ich verkünde, dass
das die letzte Pediküre meines Lebens war. Später sehe ich mir zu Hause das Ergebnis an: Der Lack war offenbar noch immer
nicht trocken, ich habe hübsche Baumwollmusterabdrücke auf allen zehn Zehen.
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Montag, 19. Mai
Stimmung: ängstlich
Sound: Gedanken, die kreisen
Thema des Tages: Abschied
Ich wache auf und kann nur flach atmen, in meinem Bauch tobt ein Sturm, und meinem verschlafenen Kopf wird klar: Heute in
einer Woche wird alles vorbei sein. Die letzte Woche meines Trauzeuginnen-Daseins ist angebrochen und wird erfahrungsgemäß
schneller vergehen, als mir lieb ist.
Lange habe ich darauf gewartet, «frei» zu sein und keine Feiern mehr vorbereiten zu müssen. Jetzt, wo es fast so weit ist,
bedauere ich es und
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