Die Weisheit des Feuers
tief in deiner Schuld stehen würden. Nachdem Saphira uns hergebracht hat, habe ich erfahren, in welche Gefahr du dich begeben hast, um mich zu befreien. Dafür bin ich dir sehr dankbar. Hätte ich eine weitere Woche im Helgrind verbringen müssen, wäre ich gestorben oder verrückt geworden. Dafür, dass du mich vor diesem Schicksal bewahrt und Rorans Schulter geheilt hast, gebührt dir der allergrößte Dank. Aber vor allem, weil du uns beide wieder zusammengebracht hast. Ohne dich wären wir für immer getrennt geblieben.«
»Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Roran dich auch ohne mein Zutun aus dem Helgrind geholt hätte«, entgegnete Eragon. »Wenn es sein muss, ist er äußerst redegewandt. Er hätte einen anderen Magier überzeugt, ihm zu helfen - vielleicht Angela, die Kräuterheilerin -, und wäre auch siegreich gewesen.«
»Angela?«, brummte Roran. »Die Plaudertasche wäre den Ra’zac doch nicht gewachsen gewesen.«
»Täusch dich da mal nicht. Sie ist mehr, als sie scheint.« Dann tat Eragon etwas, was er niemals gewagt hätte, als er noch im Palancar-Tal lebte. Nun aber, in seiner Rolle als Drachenreiter, schien es ihm zuzustehen. Er küsste Katrina und Roran auf die Stirn und sagte: »Cousin, du bist mir wie ein Bruder. Und du, Katrina, bist mir wie eine Schwester. Solltet ihr beide jemals in Schwierigkeiten stecken, dann schickt nach mir, ob ihr nun Eragon den Bauern oder Eragon den Drachenreiter benötigt. Alles, was ich bin, steht zu eurer Verfügung.«
»Das gilt umgekehrt genauso«, sagte Roran. »Solltest du jemals in Schwierigkeiten geraten, dann schick nach uns, und wir sind umgehend zur Stelle.«
Eragon nickte. Die Mühen, die noch auf ihn warteten, würden höchstwahrscheinlich von der Sorte sein, bei der ihm die beiden nicht beistehen konnten, doch darüber verlor er kein Wort. Stattdessen legte er ihnen die Arme um die Schultern und sagte: »Möge euch ein langes Leben beschieden sein, möget ihr glücklich sein und viele gesunde Kinder haben.« Einen Moment lang flackerte Katrinas Lächeln und Eragon wunderte sich darüber.
Auf Saphiras Drängen setzten sie ihren Weg zu Nasuadas rotem Pavillon im Zentrum des riesigen Lagers fort. Wenig später trafen sie und die jubelnde Menge dort ein. Nasuada erwartete sie vor dem Zelt. Zu ihrer Linken standen König Orrin und Dutzende Adlige. Hinter einer Doppelreihe von Wachen hatten sich auf beiden Seiten weitere Personen von Rang versammelt.
Nasuada trug ein grünes Seidenkleid, das in der Sonne schimmerte wie die Brustfedern eines Kolibris und einen leuchtenden Kontrast zu ihrer dunklen Haut bildete. Die Ärmel endeten an den Ellbogen in Spitzenrüschen. Die Unterarme waren bis zu den Handgelenken in weiße Leinenverbände gehüllt. Von allen Anwesenden fiel sie am meisten auf; sie stach heraus wie ein Smaragd, der in einem Laubhaufen liegt. Einzig Saphira konnte sich mit ihrer schillernden Erscheinung messen.
Eragon und Arya begrüßten erst Nasuada und darauf König Orrin. Die Anführerin der Varden hieß sie im Namen der Varden willkommen und lobpreiste sie für ihre Tapferkeit. »Galbatorix mag einen Reiter und einen Drachen haben, die für ihn kämpfen, so wie Eragon und Saphira für uns kämpfen. Er mag eine Streitmacht besitzen, die so groß ist, dass sie das Land verdunkelt. Und er mag über die schrecklichste und abartigste Magie gebieten, die Alagaësia je heimgesucht hat. Aber trotzdem konnte er Eragon und Saphira nicht davon abhalten, in sein Reich einzudringen und vier seiner wichtigsten Handlanger zu töten. Ebenso wenig gelang es ihm, Eragons habhaft zu werden, als dieser ohne seinen Drachen das Imperium durchquerte. Die Macht des Tyrannen scheint zu schwinden, wenn er nicht mehr seine Grenzen verteidigen oder seine Schergen in ihrem Unterschlupf beschützen kann.«
Unter dem Jubel, der nun folgte, erlaubte Eragon sich ein Lächeln. Es freute ihn, wie geschickt Nasuada die Gefühle und Ängste der Menschen ansprach, wie sie in ihnen Freude und Zuversicht weckte, obwohl die Realität wenig Anlass zu Optimismus bot. Sie belog die Leute nicht; seines Wissens hatte sie noch nie gelogen, selbst nicht gegenüber dem Ältestenrat und anderen politischen Rivalen. Sie verkündete einfach die Tatsachen, die ihre Position und Sicht der Dinge untermauerten. In dieser Beziehung war sie wie die Elfen, fand Eragon.
Als der Jubel verklungen war, hieß auch König Orrin Eragon und Saphira mit einer kurzen Rede willkommen. Verglichen mit
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