Die Weisheit des Feuers
darauf legt, durchschneidet. Außerdem kann ich ja jederzeit ein bisschen mit Magie nachhelfen, wenn es sein muss.«
Fredric stöhnte auf und klatschte sich so fest auf die Schenkel, dass eine Handvoll Haare von seiner Lederhose aufstoben. »Nein, nein, eine rasiermesserscharfe Schneide ist genau das, was man
nicht
an seinem Schwert haben möchte. Die Kante muss dick sein, dick und kräftig. Ein Krieger muss in der Lage sein, seine Ausrüstung ordentlich instand zu halten, und dazu gehört auch, dass er weiß, wie man ein Schwert schärft.«
Dann bestand Fredric darauf, Eragon einen neuen Wetzstein zu besorgen und ihm ganz genau zu zeigen, wie man das Falchion mit einer gefechtsbereiten Schneide versah. Dabei saßen sie neben dem Pavillon auf der Erde. Als er davon überzeugt war, dass Eragon seinem Schwert eine völlig neue Schneide schleifen konnte, sagte er: »Du magst mit einer rostigen Rüstung kämpfen. Du magst mit einem verbeulten Helm kämpfen. Aber wenn du den nächsten Sonnenaufgang erleben willst, dann zieh nie mit einem stumpfen Schwert in die Schlacht. Und wenn du gerade eben mit dem Leben davongekommen und so müde bist, als hättest du einen der Beor-Berge erklommen, und dein Schwert ist nicht mehr scharf, dann setz dich hin, sobald es geht, hol deinen Wetzstein raus und schleif. So wie du dich zuerst um dein Pferd oder Saphira und dann um dich selbst kümmern würdest, sollte auch dein Schwert immer Vorrang vor deinen Bedürfnissen haben. Denn ohne es bist du nicht mehr als eine leichte Beute für deine Feinde.«
Sie saßen schon über eine Stunde lang draußen in der Abendsonne, als der Waffenmeister endlich mit seinen Anweisungen fertig war. Da glitt ein kühler Schatten über sie hinweg und Saphira landete ganz in der Nähe.
Du hast dir Zeit gelassen,
sagte Eragon.
Du hast dir absichtlich Zeit gelassen! Du hättest mich längst abholen können, stattdessen lässt du mich hier sitzen, und ich muss Fredrics Vorträge über Wassersteine und Ölsteine über mich ergehen lassen und ob Leinsamenöl besser ist als ausgelassenes Fett, um Metall vor Rost zu schützen.
Und, ist es besser?
Eigentlich nicht. Es stinkt nur nicht so. Aber das spielt keine Rolle! Warum hast du mich diesem Elend überlassen?
Eins ihrer dicken Augenlider senkte sich zu einem müden Zwinkern.
Übertreib nicht. Elend? Uns beide erwartet weitaus schlimmeres Elend, wenn wir nicht ordentlich vorbereitet sind. Das, was der Mann mit den stinkenden Sachen dir gesagt hat, schien wichtig zu sein.
Na ja, vielleicht,
gab er zu.
Sie senkte den Kopf und leckte sich die Klauen ihres rechten Vorderbeins.
Nachdem er sich bedankt und von Fredric verabschiedet hatte, vereinbarte Eragon mit Bloëdhgarm einen Treffpunkt. Dann befestigte er das Schwert am Gürtel von Beloth dem Weisen und kletterte auf Saphiras Rücken. Er jauchzte und sie brüllte, als sie die Flügel ausbreitete und zum Himmel aufstieg.
Ihm wurde etwas schwindelig. Er klammerte sich an den Zacken vor ihm und sah zu, wie Menschen und Zelte unter ihm zu flachen Miniaturen zusammenschrumpften. Von oben gesehen war das Lager ein Gitter aus dreieckigen grauen Gipfeln, deren Ostseiten in tiefen Schatten lagen, was die ganze Gegend kariert aussehen ließ. Die Befestigungsanlagen, die das Lager umgaben, wirkten wie Igelborsten; die weiter entfernten weißen Spitzen der Pfähle leuchteten in der tief stehenden Sonne. König Orrins Kavallerie war nur noch eine Ansammlung herumwimmelnder Punkte im nordwestlichen Teil. Im Osten lag tief und dunkel in der welligen Ebene das Urgal-Lager.
Sie stiegen höher.
Die kalte, klare Luft stach Eragon in die Wangen und brannte in seinen Lungen. Er atmete flach. Neben ihnen schwebte eine Wolkenbank, die so kompakt wirkte wie geschlagene Sahne. Saphira stieg in Spiralen um sie herum auf und ihr ausgefranster Schatten jagte über das bauschige Weiß. Ein nasser Wolkenfetzen klatschte Eragon ins Gesicht, sodass er sekundenlang nichts mehr sehen konnte und vor lauter Feuchtigkeit kaum Luft bekam. Prustend wischte er sich übers Gesicht.
Nun waren sie über den Wolken.
Ein roter Adler kreischte sie im Vorbeifliegen an.
Saphiras Flügelschläge wurden angestrengter und Eragon schwirrte der Kopf. Dann glitt sie mit weit ausgebreiteten Schwingen von einer günstigen Thermik zur nächsten, um die Höhe zu halten, ohne höher aufzusteigen.
Eragon schaute nach unten. Sie waren inzwischen so hoch, dass die Entfernung an Bedeutung verlor und
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