Die Weisheit des Feuers
Prüfung«, bemerkte Isold, eine der Frauen, die neben Eragon arbeiteten. Sie lachten.
»Vielleicht sorgt er sich, sein Schwert könnte sich im Kampf krümmen«, fügte Birgit hinzu, während sie etwas Wasser zum Mehl goss. Die Frauen brachen in lautes Gelächter aus. Eragon stieg die Schamesröte ins Gesicht. Er blickte starr auf den Teig vor sich und knetete ihn noch fester. Derartige Zoten waren vor Hochzeiten üblich und er hatte sich früher köstlich darüber amüsiert. Nun aber irritierte es ihn, denn diesmal zielten die Scherze auf seinen Cousin ab.
Unterdessen kreisten seine Gedanken um die Menschen, die nicht bei der Hochzeit dabei sein konnten: Byrd, Quimby, Parr, Hida, der junge Elmund, Kelby und all die anderen, an deren Tod das Imperium die Schuld trug. Vor allem aber musste er an Garrow denken. Er wünschte, sein Onkel würde noch unter ihnen weilen und könnte miterleben, wie sein von den Dörflern und Varden als Held gefeierter Sohn Katrina heiratete und endgültig zum Mann wurde.
Eragon schloss die Augen, hob das Gesicht der Mittagssonne entgegen und lächelte zufrieden. Das Wetter war herrlich. Der Duft von Hefe, Mehl, gebratenem Fleisch, aromatischem Wein, köchelnden Suppen, süßem Gebäck und anderen Naschereien wehte über die Lichtung. Seine Freunde und seine Familie waren ringsum versammelt, um zu feiern, nicht um zu trauern. Im Augenblick waren Saphira und er in Sicherheit.
So sollte das Leben sein.
Da schallte ein einzelnes Horn übers Land.
Dann wieder.
Und ein drittes Mal.
Alle erstarrten. Keiner wusste, was das Signal zu bedeuten hatte.
Einen Moment lang herrschte Stille, bis auf die Geräusche der Tiere. Dann erklangen die dröhnenden Kriegstrommeln der Varden. Chaos brach aus. Mütter rannten zu ihren Kindern, die Köche erstickten ihre Feuer mit Erde, die restlichen Frauen und Männer eilten zu den Waffen.
Eragon rannte zu Saphira, die gerade mit einem Satz auf die Beine kam. Er sandte seinen Geist zu Bloëdhgarm aus.
Erwartet uns am Nordtor
, sagte er, sobald der Elf seinen Schutzwall gesenkt hatte.
Wir hören und gehorchen, Schattentöter.
Eragon schwang sich auf Saphira. Er saß kaum, da schnellte sie schon über vier Zeltreihen hinweg, landete wieder und stieß sich mit halb angelegten Flügeln erneut vom Boden ab. Sie flog nicht durchs Lager, sie sprang, wie ein Berglöwe einen reißenden Gebirgsbach durchqueren würde. Der Aufprall bei jeder Landung ließ Eragons Zähne klappern, sein Rückgrat wurde gestaucht und fast wäre er hinuntergestürzt. Krieger suchten erschrocken das Weite, wenn sie landeten. Eragon sandte währenddessen seinen Geist zu Trianna und den anderen Mitgliedern der Du Vrangr Gata aus und unterrichtete die Magier von der bevorstehenden Schlacht.
Jemand, der nicht zur Du Vrangr Gata gehörte, berührte seinen Geist. Er zuckte zurück, errichtete einen Schutzwall um sein Bewusstsein, bis er merkte, dass es Angela war, und den Kontakt zuließ.
Ich bin bei Nasuada und Elva,
sagte die Kräuterhexe.
Nasuada will, dass du und Saphira zum Nordtor kommt und euch dort mit ihr trefft
...
Wir sind schon unterwegs. Was ist mit Elva? Spürt sie etwas?
Schmerz. Großen Schmerz. Deinen, den der Varden. Den der anderen. Tut mir leid, sie ist im Moment nicht bei Sinnen. Es stürmt zu viel auf sie ein. Ich werde sie für die Dauer der Kampfhandlungen in einen Tiefschlaf versetzen.
Angela löste die Verbindung.
Wie ein Zimmermann, der sein Werkzeug ausbreitet und durchsieht, bevor er eine neue Arbeit beginnt, prüfte Eragon die Schutzzauber, die er um sich selbst, Saphira, Nasuada, Arya und Roran gelegt hatte. Sie schienen intakt zu sein.
Rutschend kam Saphira vor seinem Zelt zum Stehen, wobei sie mit ihren Klauen die fest gestampfte Erde durchpflügte. Er sprang von ihrem Rücken und rollte sich bei der Landung ab. Mit einem Satz war er wieder auf den Beinen, stürmte ins Zelt und löste seinen Schwertgurt. Er ließ ihn mitsamt Schwert auf den Lehmboden fallen, bückte sich und zerrte seine Rüstung unter dem Feldbett hervor. Die kalten, schweren Ringe des Kettenhemdes glitten über seinen Kopf und legten sich mit einem leisen Klingeln wie von Münzen um seinen Oberkörper. Er zog die Lederhaube über, gefolgt von der Kettenhaube. Dann drückte er sich den Helm auf den Kopf. Zuletzt schlang er sich wieder den Schwertgurt um. Mit den Bein- und Armschienen in der linken Hand schob er den kleinen Finger in die lederne Armschlaufe seines Schildes,
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