Die Weisheit des Feuers
besessen und die Götter selbst haben sich von uns abgewendet.«
»Unsinn«, schnaubte Eragon verächtlich. »Das ist nur eine Hexerei von Galbatorix. Wir werden sehr bald einen Weg finden, wie wir uns dagegen wehren können.« Trotz seiner zur Schau getragenen Zuversicht beunruhigte Eragon die Vorstellung, gegen einen Feind zu kämpfen, der keine Schmerzen kannte, genauso wie die Urgals. Garzhvogs Bemerkung ließ ihn zudem vermuten, dass Nasuada große Schwierigkeiten haben würde, die Moral der Truppen aufrechtzuerhalten, wenn sich die Kunde erst mal unter ihren Kriegern verbreitet hatte.
Varden und Urgals bargen die gefallenen Kameraden, nahmen den Toten die Ausrüstung ab, die noch zu gebrauchen war, köpften die Feinde und stapelten ihre verstümmelten Körper aufeinander, um sie zu verbrennen. Eragon, Saphira und König Orrin kehrten derweil, begleitet von Arya und den anderen Elfen, ins Lager zurück.
Unterwegs bot Eragon Orrin an, sich um sein Bein zu kümmern, doch der König lehnte ab. »Ich habe meine eigenen Heiler, Schattentöter.«
Nasuada und Jörmundur warteten bereits am Nordtor auf sie. »Was ist schiefgelaufen?«, fragte die Anführerin der Varden Orrin.
Eragon schloss die Augen, als Orrin den Angriff auf die Soldaten schilderte, der zunächst gut zu verlaufen schien. Die Reiter waren durch ihre Schlachtreihen geprescht und hatten, wie sie glaubten, tödliche Schläge ausgeteilt und dabei nur einen einzigen Mann verloren. Als sie die verbliebenen Soldaten angriffen, hatten sich jedoch viele der Gefallenen wieder erhoben und weitergekämpft. Orrin schüttelte sich. »Da haben wir den Mut verloren. Das wäre jedem so gegangen. Wir wussten nicht, ob die Soldaten unbesiegbar oder überhaupt Menschen waren. Einem Feind, der auf dich zustürmt, obwohl ihm ein Schenkelknochen aus der Wade ragt, ein Speer im Bauch steckt oder das halbe Gesicht weggeschlagen wurde - und der dich dann auch noch auslacht -, halten nur wenige Männer stand. Meine Reiter sind in Panik verfallen. Sie haben die Formation aufgelöst. In dem folgenden Chaos kam es zu einem schrecklichen Gemetzel. Als die Urgals und Eure Krieger, Nasuada, uns erreichten, verfielen sie ebenfalls diesem Wahnsinn.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe so etwas noch nie erlebt, nicht einmal auf den Brennenden Steppen.«
Nasuada war unter ihrer dunklen Haut sichtlich erbleicht. Sie sah Eragon an, dann Arya. »Wie konnte Galbatorix so etwas bewirken?«
Die Elfe antwortete: »Indem er das menschliche Schmerzempfinden nahezu völlig blockiert. Er lässt nur gerade genug Wahrnehmung übrig, damit die Soldaten wissen, wo sie sind und was sie tun, nicht jedoch so viel, dass Schmerzen sie außer Gefecht setzen können. Ein solcher Zauber erfordert nur wenig Energie.«
Nasuada leckte sich die Lippen. »Wisst Ihr schon, wie viele Männer wir verloren haben?«, wandte sie sich an Orrin.
Der König krümmte sich, als ein krampfhafter Schauer ihn überlief, drückte eine Hand auf das verwundete Bein und knirschte mit den Zähnen. »Dreihundert Soldaten gegen... wie groß war die Streitmacht, die Ihr ausgeschickt habt?«
»Zweihundert Schwertkämpfer, hundert Speerträger, fünfzig Bogenschützen.«
»Dazu die Urgals und meine Kavallerie... Sagen wir, um die tausend Mann. Gegen dreihundert Fußsoldaten und das auf freiem Feld. Wir haben die Soldaten bis auf den letzten Mann niedergemetzelt. Doch unsere eigenen Verluste...« Der König schüttelte den Kopf. »Genau kann ich das erst sagen, wenn wir die Toten gezählt haben. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass mehr als drei Viertel Eurer Schwertkämpfer gefallen sind, noch mehr von den Speerträgern und etliche Bogenschützen. Von meinen Reitern haben ebenfalls nur wenige überlebt: fünfzig, höchstens siebzig. Viele der Gefallenen waren meine Freunde. Vielleicht sind hundert oder gar hundertfünfzig Urgals tot. Unsere Verluste insgesamt, fragt Ihr? Fünf- bis sechshundert Tote sind zu beklagen und die meisten Überlebenden verwundet. Ich weiß es nicht... Ich weiß es nicht. Ich weiß...« Orrins Kiefer erschlaffte, er sackte zusammen und wäre vom Pferd gefallen, wäre Arya nicht blitzschnell vorgesprungen und hätte ihn aufgefangen.
Mit einem Fingerschnippen rief Nasuada zwei Varden herbei, denen sie auftrug, Orrin in seinen Pavillon zu tragen und die Heiler des Königs zu holen.
»Wir haben eine schwere Niederlage erlitten, obwohl wir die Soldaten bis auf den letzten Mann ausgelöscht haben«,
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