Die Weisheit des Feuers
Genick gebrochen hätte. Allerdings drohten seine Hände wegen des Bärenfetts immer wieder von den Hörnern abzurutschen.
Yarbog ließ für einen Moment locker, dann stieß er sich mit dem linken Arm vom Boden ab, hob Roran dabei mit in die Höhe und strampelte mit den Beinen, um sie unter seinen Körper zu ziehen. Roran verzog das Gesicht und stützte sich mit aller Kraft auf Yarbogs Nacken und Schulter. Nach wenigen Sekunden knickte der linke Arm des Urgals wieder ein und er fiel auf den Bauch zurück.
Sie keuchten jetzt beide, als hätten sie ein Wettrennen hinter sich. Da, wo sie sich berührten, bohrten sich die Borsten des Urgals wie Drahtstücke in Rorans Haut. Beide Körper waren mit Staub bedeckt. Feine Blutrinnsale liefen von den Schrammen an Rorans Seite und von seinem schmerzenden Rücken hinab.
Als er wieder zu Atem gekommen war, fing Yarbog erneut an, zu treten und um sich zu schlagen, dabei zappelte er im Dreck wie ein Fisch an der Angel. Roran brauchte all seine Kraft, aber er hielt ihn fest und versuchte, die Steine, die ihm in Füße und Beine stachen, nicht zu beachten. Da Yarbog sich auf diese Weise nicht befreien konnte, ließ er seine Gliedmaßen erschlaffen und bog wieder und wieder den Kopf nach hinten, um Rorans Arme zu ermüden.
So lagen sie da und rangen miteinander, ohne dass einer von beiden sich mehr als ein paar Zoll bewegte.
Eine Fliege summte um sie herum und ließ sich auf Rorans Fußknöchel nieder.
Die Ochsen muhten.
Nach ungefähr zehn Minuten war Rorans Gesicht schweißgebadet. Er hatte das Gefühl, nicht genug Luft in die Lungen zu bekommen. Ihm brannten vor Schmerz die Arme. Die Striemen auf seinem Rücken fühlten sich an, als rissen sie auseinander. Unter den Rippen, wo ihn Yarbogs Klauen erwischt hatten, hämmerte sein Puls.
Roran wusste, dass er nicht mehr lange durchhalten würde.
Verdammt!,
dachte er,
gibt der Kerl denn nie auf?
In diesem Augenblick zitterte Yarbogs Kopf, als sich ein Muskel in seinem Nacken verkrampfte. Der Urgal stöhnte, das erste Geräusch, das er seit mehr als einer Minute von sich gab, und murmelte mit erstickter Stimme: »Töte mich, Hammerfaust. Ich kann dich nicht besiegen.«
Roran griff noch einmal nach und zischte ebenso leise: »Nein! Wenn du sterben willst, such dir jemand anderen, der dich tötet. Ich habe die ganze Zeit nach euren Regeln gekämpft, nun wirst du dich nach meinen ergeben. Sag allen, dass du dich mir unterwirfst. Und dass du mich nicht hättest fordern sollen. Wenn du das machst, lasse ich dich los. Wenn nicht, halte ich dich fest, bis du es dir anders überlegst, egal wie lange es dauert.«
Noch einmal versuchte Yarbog, sich zu befreien, und sein Kopf zuckte unter Rorans Händen. Er schnaubte und blies eine Staubwolke in die Luft, dann knurrte er: »Das wäre eine zu große Schande, Hammerfaust. Töte mich.«
»Ich gehöre nicht zu deinem Volk und ich werde mich nicht an eure Sitten halten«, erklärte Roran. »Wenn du so um deine Ehre besorgt bist, erzähle denen, die danach fragen, dass du vom Cousin des Schattentöters besiegt wurdest. Das ist keine Schande.« Nachdem einige Minuten vergangen waren und Yarbog immer noch kein Wort gesagt hatte, rüttelte Roran an seinen Hörnern und knurrte: »Wird’s bald?«
Mit lauter Stimme, sodass alle Menschen und Urgals es hören konnten, sagte Yarbog: »Gar! Svarvok soll mich verfluchen. Ich ergebe mich! Ich hätte dich nicht herausfordern sollen, Hammerfaust. Du verdienst es, unser Anführer zu sein, und ich nicht.«
Jubel brandete unter den Menschen auf und die Männer trommelten begeistert mit dem Knauf ihrer Schwerter auf ihre Schilde. Die Urgals traten verlegen von einem Bein aufs andere und sagten kein Wort.
Zufrieden ließ Roran Yarbogs Hörner los und rollte sich ein Stück von ihm weg. Er fühlte sich fast so, als wäre er noch einmal ausgepeitscht worden. Langsam rappelte er sich hoch und humpelte aus dem Karree zu Carn hinüber.
Er zuckte zusammen, als Carn ihm eine Decke um die Schultern legte und der Stoff an seiner übel zugerichteten Haut rieb. Grinsend reichte ihm der Varde einen Weinschlauch. »Als er dich niedergeschlagen hat, dachte ich wirklich, er würde dich umbringen. Dabei sollte ich inzwischen gelernt haben, dich nie abzuschreiben, was? Ha! Das war so ungefähr der spannendste Kampf, den ich je gesehen habe. Du musst der einzige Mensch in der Geschichte sein, der mit einem Urgal gerungen hat.«
»Vielleicht auch nicht«, sagte Roran
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