Die Weisheit des Feuers
holpernd auf der grünen Grasnarbe und lief noch ein paar Schritte mit aufgespannten Flügeln weiter, bis sie zum Stehen kam.
Mit steifen Fingern löste Eragon die Riemen an seinen Beinen und wollte an Saphiras rechtem Vorderbein hinunterklettern. Doch als er den Fuß aufsetzte, gaben seine Knie nach, und er fiel. Er riss die Hände nach oben, um sein Gesicht zu schützen, landete auf allen vieren und schrammte sich das Schienbein an einem im Gras verborgenen Felsbrocken auf. Er stöhnte vor Schmerz, und seine Glieder fühlten sich steif an wie die eines alten Mannes, als er sich aufzurappeln begann.
Da schob sich eine Hand in sein Blickfeld.
Als Eragon aufschaute, sah er Oromis vor sich stehen, ein leises Schmunzeln im zeitlosen Gesicht. In der alten Sprache sagte er: »Willkommen zurück in Ellesméra, Eragon-Finiarel. Und auch du, Saphira Schimmerschuppe, sei willkommen. Willkommen, ihr beide.«
Eragon nahm seine Hand und Oromis zog ihn ohne sichtliche Anstrengung auf die Füße. Zuerst hatte Eragon Mühe zu antworten, denn er hatte kaum geredet, seit sie Farthen Dûr verlassen hatten, außerdem trübte die Müdigkeit seinen Verstand. Er berührte mit zwei Fingern der rechten Hand die Lippen und sagte ebenfalls in der alten Sprache: »Möge das Glück dir hold sein, Oromis-Elda«, dann drehte er die Hand vor dem Brustbein in der elfischen Geste der Ehrerbietung.
»Mögen die Sterne über dich wachen, Eragon«, erwiderte Oromis.
Dann wiederholte Eragon die Begrüßungszeremonie mit Glaedr und wie immer erfüllte ihn die Berührung mit dem leuchtenden Bewusstsein des Drachen mit Ehrfurcht und Demut.
Saphira begrüßte weder Oromis noch Glaedr. Sie blieb, wo sie war, ihr Kopf sank langsam herab, bis sie mit der Nase den Boden berührte, und ihre Schultern und Lenden zitterten wie vor Kälte. Trockener gelber Schaum verklebte die Winkel ihres offenen Mauls und ihre stachlige Zunge hing schlaff zwischen ihren Fängen.
Eragon versuchte zu erklären: »Wir sind gleich am ersten Tag in einen Gegenwind geraten und...« Er verstummte, als Glaedr den gewaltigen Kopf hob und ihn über die Lichtung schwang, bis er auf Saphira, die gar keine Notiz von ihm nahm, hinabschauen konnte. Dann blies er über sie hinweg und Flammen züngelten aus seinen Nüstern. Ein Gefühl der Erleichterung ergriff Eragon, als er spürte, wie neue Energie in Saphiras Glieder strömte und sich das Zittern legte.
Die Flammen in Glaedrs Nüstern verschwanden in einer Rauchwolke.
Ich war heute Vormittag jagen,
sagte Glaedr, und die Stimme seines Geistes hallte in Eragon wider.
Die Reste meiner Beute liegen am Ende der Lichtung unter dem Baum mit dem weißen Ast. Nimm dir, was du willst.
Saphiras Gedanken verströmten wortlose Dankbarkeit. Den schlaffen Schwanz hinter sich herziehend, schleppte sie sich zu dem Baum, den Glaedr ihr genannt hatte, ließ sich nieder und machte sich über den Hirschkadaver her.
»Komm«, sagte Oromis und zeigte auf den Tisch und die Stühle. Auf dem Tisch stand ein Tablett mit Schüsseln voller Früchte und Nüsse, einem halben Käselaib, einem Laib Brot, einer Karaffe Wein und zwei gläsernen Pokalen. Als Eragon sich gesetzt hatte, zeigte Oromis auf die Karaffe und fragte: »Wie wär’s mit einem Schluck, um den Staub in deiner Kehle hinunterzuspülen?«
»Ja, gern«, sagte Eragon.
Mit einer eleganten Handbewegung öffnete Oromis die Karaffe und füllte beide Gläser. Dann reichte er Eragon eins, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und ordnete mit langen, weichen Fingern sein weißes Gewand.
Eragon nippte an dem aromatischen Wein, der nach Kirschen und Pflaumen schmeckte. »Meister, ich...«
Oromis’ erhobener Zeigefinger unterbrach ihn. »Wenn möglich, würde ich gerne warten, bis Saphira wieder bei uns ist, bevor wir uns darüber unterhalten, was dich herführt. Einverstanden?«
Nach kurzem Zögern nickte Eragon und konzentrierte sich darauf, zu essen und den erfrischenden Geschmack der Früchte zu genießen. Oromis schien damit zufrieden, ihm schweigend Gesellschaft zu leisten, seinen Wein zu trinken und über den Klippenrand hinweg in die Ferne zu blicken. Hinter ihm überwachte Glaedr wie ein lebendes goldenes Standbild die Geschehnisse.
Es verging fast eine Stunde, bevor Saphira sich von ihrem Mahl erhob, zum Bach hinüberkroch und weitere zehn Minuten lang Wasser schlabberte. Schließlich wandte sie sich von dem Flüsschen ab und streckte sich mit tropfenden Lefzen und einem tiefen Seufzer
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