Die Weisheit des Feuers
Aufstellung.
Der größte der Urgals, ein Gehörnter namens Yarbog, baute sich vor Roran auf. »Hammerfaust, warum hast du uns den Spaß verdorben? Er hätte bestimmt noch eine ganze Weile für uns getanzt.«
Durch zusammengebissene Zähne sagte Roran: »Solange ihr unter meinem Kommando steht, werdet ihr Gefangene nicht ohne Grund foltern. Habt ihr mich verstanden? Viele dieser Soldaten sind gegen ihren Willen gezwungen worden, Galbatorix zu dienen. Viele von ihnen sind unsere Freunde oder Angehörige oder Nachbarn, und obwohl wir gegen sie kämpfen müssen, werde ich keine unnötigen Grausamkeiten dulden. Die Menschen unter uns verdanken es nur einer Laune des Schicksals, dass wir nicht an ihrer Stelle stehen. Sie sind nicht unser Feind; Galbatorix ist es, für uns wie für euch.«
Die buschigen Augenbrauen des Urgals zogen sich zusammen, bis sie fast seine tief liegenden gelben Augen verdeckten. »Aber du tötest sie trotzdem, nicht wahr? Warum können wir sie dann vorher nicht noch ein bisschen tanzen lassen?«
Roran fragte sich, ob der Schädel des Urgals zu dick für seinen Hammer wäre. Er rang seinen Zorn jedoch nieder und sagte: »Weil es falsch ist!« Er zeigte auf den toten Soldaten. »Was, wenn er einer von eurem Volk gewesen wäre, den Durza, der Schatten, verzaubert hätte? Hättet ihr ihn dann auch gefoltert?«
»Natürlich«, sagte Yarbog. »Sie würden doch wollen, dass wir sie ein bisschen mit den Schwertern kitzeln, damit sie ihre Tapferkeit beweisen können, bevor sie sterben. Ist das bei euch hornlosen Menschen nicht genauso? Oder vertragt ihr keinen Schmerz?«
Roran wusste nicht, wie schlimm es für einen Urgal war, als
hornlos
bezeichnet zu werden. Aber er war sicher, dass es für sie eine ebenso tödliche Beleidigung war wie für einen Menschen, wenn man an seinem Mut zweifelte. Wahrscheinlich war es für die Gehörnten sogar noch schlimmer. »Jeder Einzelne von uns könnte mehr Schmerz aushalten als du, Yarbog«, erwiderte er und packte Hammer und Schild fester. »Also gut, wenn du nicht unvorstellbare Qualen erleiden willst, gib mir dein Schwert, binde den armen Kerl los und schaff ihn zu den anderen Toten hinüber. Danach kümmerst du dich um die Packpferde. Das wird nun deine Aufgabe sein, bis wir wieder bei den Varden sind.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte sich Roran ab und griff nach Schneefeuers Zügeln, um wieder aufzusitzen.
»Nein«, knurrte Yarbog.
Roran erstarrte mit dem Fuß im Steigbügel und fluchte innerlich. Genau diese Situation hatte er gehofft, während ihres Einsatzes vermeiden zu können. Er wirbelte herum und fragte: »Nein? Verweigerst du mir etwa den Gehorsam?«
Der Urgal fletschte seine kurzen Fangzähne. »Nein. Ich fordere dich zum Zweikampf um die Anführerschaft dieses Stammes, Hammerfaust.« Damit warf er den gewaltigen Kopf in den Nacken und brüllte so laut, dass die übrigen Menschen und Urgals alles fallen ließen und angerannt kamen, bis sich sämtliche vierzig Mann um Yarbog und Roran drängten.
»Sollen wir uns um diese Kreatur kümmern?«, rief Carn mit schallender Stimme.
Roran schüttelte den Kopf und wünschte sich, weniger Zuschauer zu haben. »Nein, das mach ich schon selbst.« Trotzdem war er froh, der Front aus grauhäutigen Kolossen nicht allein, sondern an der Seite seiner Männer gegenüberzustehen. Die Menschen waren zwar kleiner als die Urgals, aber alle außer Roran saßen zu Pferde, was ihnen einen kleinen Vorteil verschaffen würde, sollte es zu einem Kampf kommen. Carns Kräfte würden ihnen in diesem Fall wenig nützen, denn die Urgals hatten einen Schamanen namens Dazhgra dabei, der, nach allem, was Roran gesehen hatte, der mächtigere Magier der beiden war, wenn auch nicht so bewandert in den geheimen Künsten.
Zu Yarbog sagte Roran: »Bei den Varden ist es nicht üblich, das Kommando als Preis für den Sieg eines Kampfes zu vergeben. Wenn du kämpfen willst, werde ich kämpfen, aber du gewinnst dadurch nichts. Wenn ich verliere, wird Carn das Kommando übernehmen, und du wirst ihm statt mir unterstehen.«
»Pah!«, sagte Yarbog. »Mir geht es nicht darum, dein Volk anzuführen. Ich fordere dich zum Zweikampf um das Recht, uns anzuführen, die Krieger des Bolvek-Stammes! Du hast dich nicht bewährt, Hammerfaust, also steht dir die Position des Stammesführers nicht zu. Wenn du verlierst, werde ich die Gehörnten hier anführen, und wir brauchen nicht mehr zu dir, Carn oder irgendeinem anderen Schwächling
Weitere Kostenlose Bücher