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Die Weisheit des Feuers

Die Weisheit des Feuers

Titel: Die Weisheit des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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Verband anlegte, brüllte der Zwergenhauptmann vor dem Zelt: »Stehen bleiben!« Dann ertönte ein scharfes metallisches Klirren, als die menschlichen Wachen die Schwerter kreuzten und demjenigen, der Einlass begehrte, den Weg versperrten.
    Ohne lange zu überlegen, zog Nasuada das vier Zoll lange Messer aus der in ihrem Mieder eingenähten Scheide. Es fiel ihr schwer, den Griff zu fassen, denn ihre geschwollenen Finger waren gefühllos und ihre Unterarmmuskeln reagierten nur zögerlich. Als wäre ihr Arm eingeschlafen. Richtig spüren konnte sie nur die brennenden Fäden in ihrer Haut.
    Auch Angela zog irgendwo aus ihrem Kleid einen Dolch. Sie baute sich vor Nasuada auf und murmelte einen Spruch in der alten Sprache. Solembum sprang vom Tisch und kauerte sich neben Angela. Sein Fell sträubte sich und ließ ihn größer erscheinen, als die meisten Hunde es waren. Er stieß ein leises Knurren aus.
    Elva mampfte ungerührt weiter. Sie betrachtete das Brotstück zwischen ihrem Daumen und Zeigefinger, wie man ein Exemplar einer seltenen Insektenart mustern würde. Dann tauchte sie es in den Weinkelch und schob sich den Bissen in den Mund.
    »Herrin!«, rief ein Mann. »Eragon und Saphira sind im Anflug aus Nordosten!«
    Nasuada schob das Messer in die Scheide zurück. Sie erhob sich und sagte zu Angela: »Hilf mir, mich anzukleiden.«
    Die Kräuterhexe hielt das offene Gewand vor sie hin und führte Nasuadas Arme sanft in die Ärmel. Dann machte sie sich daran, das Kleid am Rücken zuzuschnüren. Elva half ihr dabei. Gemeinsam hatten sie Nasuada wenig später angemessen verpackt.
    Nasuada begutachtete ihre Arme: Die Verbände waren unter dem Stoff ihres Kleides nicht zu sehen. »Soll ich meine Verletzungen verbergen oder sie zeigen?«, fragte sie.
    »Kommt drauf an«, antwortete Angela. »Was meint Ihr? Wird, sie zu zeigen, die Furcht Eurer Feinde schüren oder eher ihren Mut, weil sie Euch für schwach und verwundbar halten? Es ist im Grunde eine philosophische Frage. Sie basiert darauf, ob man einen Menschen, der seinen großen Zeh verloren hat, als Krüppel bezeichnet oder als klug und stark, vielleicht sogar als glücklich, weil er einer schwereren Verletzung entgangen ist.«
    »Du ziehst die seltsamsten Vergleiche.«
    »Vielen Dank.«
    »Die Probe der Langen Messer ist ein Kräftemessen«, sagte Elva, »das den Varden und Surdanern wohlbekannt ist. Bist du stolz auf deine Stärke, Nasuada?«
    »Schneidet die Ärmel ab«, entschied die Anführerin der Varden. Als die beiden zögerten, drängte sie: »Macht schon! An den Ellbogen. Vergesst das Kleid. Ich lasse die Ärmel später wieder annähen.«
    Mit einigen geschickten Handgriffen trennte Angela die unteren Teile der Ärmel ab und legte den Stoff auf den Tisch.
    Nasuada hob das Kinn. »Elva, falls du spürst, dass ich zusammenbreche, sag bitte Angela Bescheid, damit sie mich auffängt. So, sollen wir?« Die drei scharten sich eng zusammen, Nasuada an der Spitze. Solembum lief neben ihnen her.
    Als sie aus dem roten Kommandozelt traten, blaffte der Zwergenhauptmann: »Nehmt eure Plätze ein!« Die sechs diensthabenden Nachtfalken verteilten sich um die Gruppe: Menschen und Zwerge stellten sich vor und hinter ihnen auf, die beiden riesenhaften Kull - mehr als acht Fuß große Urgals - links und rechts.
    Die Abenddämmerung breitete ihre goldenen und purpurnen Schwingen über dem Lager der Varden aus und verlieh der weitläufigen Zeltstadt etwas Geheimnisvolles, Mystisches. Die länger werdenden Schatten kündeten von der herannahenden Nacht und die zahllosen Fackeln und Wachfeuer verströmten bereits ihren goldenen Schein im warmen Dämmerlicht. Nach Osten hin war der Himmel ganz klar. Im Süden verbarg eine breite, tief hängende Rauchwolke den Horizont und die viereinhalb Meilen entfernten Brennenden Steppen. Im Westen markierte eine Reihe von Buchen und Espen den Lauf des Jiet-Stroms, wo die 
Drachenschwinge
 lag, das Schiff, das Jeod, Roran und die anderen Dorfbewohner Carvahalls gekapert hatten.
    Aber Nasuadas Blick war nur nach Norden gerichtet, von wo Saphiras glitzernde Gestalt heranschwebte. Das Licht der untergehenden Sonne fiel noch auf sie und umhüllte sie mit einem bläulichen Glorienschein. Sie sah aus wie ein vom Himmel fallender Sternenhaufen.
    Der Anblick war so majestätisch, dass Nasuada einen Moment lang wie erstarrt dastand, dankbar, ihn genießen zu dürfen. 
Sie sind in Sicherheit!,
dachte sie und seufzte erleichtert.
    Der Krieger, der die

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