Die Weisheit des friedvollen Kriegers
wird vorbeischwimmen. «
Unsere Gedanken, Gefühle, aber auch die Wirklichkeit verändern sich von einem Augenblick zum anderen; selbst unsere Körperzellen verändern sich unablässig. In diesem Moment bin ich freundlich, im nächsten gedankenlos. Selbst das, was wir das »Ich« nennen, ist nicht in Stein gemeißelt, sondern ein Prozess, eine Reihe von – abwechselnd freundlichen, verrückten, konzentrierten, diffusen – Handlungen, mal so, mal so. Und auch die Welt um uns herum verändert sich von einem Augenblick zum nächsten, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Menschen kommen und gehen, werden geboren und sterben, treten auf und treten ab. Wir wünschen uns ewige Liebe, hängen an unseren Besitztümern. Aber alles Sterbliche stirbt, Materie wird zu Staub, und alles, was wir lieben, verlieren wir auch wieder. Buddha lehrt: »Alles, was beginnt, endet auch. Findet euch damit ab, und alles wird gut.«
Socrates meinte einmal, dass wir mit dem Fluss der Wirklichkeit umso besser klarkommen, je mehr wir das Paradoxe, den Humor und die Veränderung akzeptieren. Finden wir uns also mit dem Paradoxen ab, betrachten wir die Welt mit Humor und heißen wir Veränderungen ohne Widerstand willkommen, genau wie der japanische Dichter Masahide, der schrieb: »Jetzt, da mein Haus abgebrannt ist, habe ich eine bessere Sicht auf den aufgehenden Mond.«
Der geistlose Körper
»Der Kern der Sache ist: Es gibt zwei gleichzeitig ablaufende Prozesse. Der eine ist die Einsicht – die Bereitschaft, die Aufmerksamkeit zu konzentrieren und das Bewusstsein auszurichten auf das, was du sehen willst. Der andere ist die Hingabe – das Loslassen aller Gedanken, die aufsteigen mögen. Das ist die wahre Meditation; und das ist der Sprung in die Freiheit des Geistes.
(…)
Das Bewusstsein ist nicht im Körper, vielmehr ist der Körper im Bewusstsein. Und du bist dieses Bewusstsein, nicht dieser Phantom-Geist, der dich plagt. Du bist der Körper, aber du bist auch alles andere. Das ist’s, was deine Vision dir offenbart hat. Nur der Geist lässt sich täuschen, weil er sich durch Veränderungen bedroht fühlt. Sei einfach in deinem Körper, entspannt, ohne nutzlose Gedanken, dann wirst du glücklich, zufrieden und frei sein und dich nicht mehr getrennt fühlen.«
Dieser Abschnitt ist einer der schwierigsten im ganzen Buch. Aber wir müssen ihn gar nicht in allen Einzelheiten verstehen. Wenn wir die Perspektive intuitiv erfassen, reicht das völlig – wir sind kein Geist »in« einem Körper, sondern Körper ohne Geist, die keine Trennung kennen.
Wenn wir mit aller Kraft die Fäuste ballen – tu’s ruhig mal – und sie hochrecken, empfinden wir unsere Hände als getrennt von der Luft, die sie umgibt. Dieses »Ballen« ist genau das, was wir gewohnheitsmäßig mit unserem Empfinden des Seins, der isolierten Identität tun. Das Ego , wie wir es nennen, ist also kein »Ding«, sondern eine Handlung: chronische Kontraktion.
Wenn wir die Hände aber entspannen, spüren wir nicht mehr, wo sie enden und der Raum beginnt. Auch der entspannte Körpergeist ist verbunden und eins mit seiner Umgebung – mit der Luft, mit allem, was sich »innen« und »außen« abspielt. Nur der Geist definiert sich selbst als separates »Ich«. Der Spruch »Sei der Ball«, über den sich viele lustig machen, stellt sich also als eine ziemlich gute Empfehlung heraus. Sei der Ball. Sei die Welt. Auch als der Schriftsteller und spirituelle Lehrer Jiddu Krishnamurti seinen Hörern zurief: »Ihr seid die Welt«, meinte er es nicht bloß poetisch, sondern wortwörtlich.
Die ganze Arbeit und die spirituellen Praktiken des Energiereinigens, -ausgleichens und sich für sie Öffnens sind dafür da, dass wir diese Botschaft endlich begreifen – fähig werden, ihren Wahrheitsgehalt zu realisieren .
In den letzten Sätzen des zitierten Abschnitts aus Der Pfad des friedvollen Kriegers versuchte Socrates es mir beizubiegen. Doch erst nach dem Tod und der Wiedergeburt, die ich am Ende des Buches beschreibe, wurde diese Realisation eine lebendige Wahrheit für mich und vielleicht auch für den einen oder anderen meiner Leser. Möglicherweise nehmen sie es immer mal wieder zur Hand, um sich an etwas erinnern zu lassen, was sie eigentlich schon immer wussten.
Nach dem Sitzen der Alltag
»Aber warum sollte ein Krieger herumsitzen und meditieren? Ich dachte, der Weg des Kriegers sei ein Weg der Tat?« »Meditation ist die Tat des Nicht-Tuns. (…) Du wirst schließlich
Weitere Kostenlose Bücher