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Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Die Weisheit des friedvollen Kriegers

Titel: Die Weisheit des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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lernen, über jede deiner Handlungen zu meditieren. Am
Anfang aber sollte das Sitzen in der Meditation eine Zeremonie sein, eine besondere Frist, dazu bestimmt, die Intensität der Praxis zu steigern. Du musst zuerst das Ritual beherrschen, bevor du es im täglichen Leben anwenden kannst.«
     
     
    Wir haben schon einmal kurz über das Thema Meditation gesprochen – was dieses Ritual, diese Übung, leisten kann und was nicht. Jetzt möchte ich etwas über die Bedeutung der Zeremonie sagen. Die Teezeremonie in Japan zum Beispiel dient als meditatives Bewegungs-und Achtsamkeitsritual, als Brücke zwischen dem stillen Dasitzen mit geschlossenen oder halb geöffneten Augen und der Meditation im Alltagsleben. Mit dem Sitzen fangen wir an. Dann lernen wir, beim Gehen zu meditieren, wenn wir den Tee servieren oder auch beim Sport – bis wir schließlich dasselbe entspannte Gewahrsein, dieselbe Konzentration und Ruhe auch den fortgeschrittenen Übungen zuwenden: Abwaschen, Essen, Liebe oder Zusammenlegen der Bügelwäsche.
    Durch genaues Hinspüren und Aufmerksamkeit erhöht und verwandelt die Übung der Zeremonie unser Tun in eine Kunstform. Die Zeremonie integriert Körper, Geist und Seele. In der Regel erleben wir die Kraft der Zeremonie nur bei »besonderen Anlässen« wie Hochzeiten, Taufen und so weiter. Doch wie Socrates nicht müde wurde zu zeigen, ist jeder Moment eine besonderer Anlass.
    Wenn wir jede Bewegung mit voller Aufmerksamkeit und ganzer Seele tun, also nicht routiniert oder rein gewohnheitsmäßig, verändern wir die Qualität des Augenblicks, unserer Psyche und unseres ganzen Lebens – bis schließlich jede unserer Handlungen eine Zeremonie wird und unser Leben ein gutes Vorbild für andere.
    Die Bedeutung des Glücks
    »Schau mich an, bin ich nicht vollkommen glücklich? Und du?« Draußen war ein Auto vorgefahren. Dampfwolken stiegen aus seiner Kühlerhaube auf. »Komm mit«, sagte Soc. »Das arme Auto leidet. Erschießen wir es, damit seine Not ein Ende hat!« Lachend gingen wir hinaus und schauten uns das kranke Vehikel an. Nicht nur der Kühler brodelte, auch der Besitzer kochte vor Wut.
    »Was trödelt ihr so lange herum? Soll ich vielleicht die ganze Nacht warten?«
    Socrates schenkte ihm einen mitfühlenden, verständnisvollen Blick. »Wollen mal sehen, Sir, ob wir Ihnen helfen können. Ist ja nur eine kleine Panne.« Er hieß den Mann rückwärts in die Werkstatt rollen, leitete Druckluft in den Kühler und die undichte Stelle war schnell gefunden. Mit ein paar Handgriffen war das kleine Leck verlötet. Trotzdem, so meinte Socrates zu dem Mann, würde er bald einen neuen Kühler brauchen. »Alles geht dahin, alles verändert sich, sogar ein Autokühler«, blinzelte er mir zu.
    Als der eilige Kunde weitergefahren war, dämmerte mir die Wahrheit dessen, was Socrates vorhin gesagt hatte. Ja, er war vollkommen glücklich. Nichts konnte seine gute Laune berühren. Er hatte manchmal wütend reagiert, seit ich ihn kannte, manchmal traurig, auch humorvoll, sanft und manchmal hart, sogar betroffen – aber immer hatten seine Augen vor innerer Freude geleuchtet, selbst wenn ihm die Tränen kamen.
     
     
    Wenn Socrates von Glück sprach, meinte er damit etwas anderes als das vorübergehende Gefühl, das wir normalerweise im Sinn haben, wenn wir sagen: »Es geht mir gut.« Er sprach über den kriegerischen Geist –
positive Energien und Licht auszustrahlen, unabhängig von irgendwelchen Gefühlen. Diese Unterscheidung ist für das Verständnis des gesamten Buches und des Pfades des friedvollen Kriegers von zentraler Bedeutung: Socrates meinte nie (ich übrigens auch nicht), dass die höchste Stufe der menschlichen Entwicklung darin bestehe, dass wir alle mit einem selbstzufriedenen, fröhlichen Grinsen auf den Lippen herumlaufen.
    Von sich behaupten, er sei glücklich, kann jeder. Woher sollten wir wissen, ob es auch stimmt? Gibt es einen Unterschied zwischen Glücksempfinden und beglücktem Handeln ? (Wir sollten gut nachdenken, bevor wir uns an einer Antwort versuchen.) Und hier gleich noch eine Frage, die es wert ist, gründlich durchdacht zu werden: Würden wir lieber mit einem erleuchteten Menschen zusammenleben, der sich verrückt aufführt, oder mit einem Irren, der sich erleuchtet verhält?
    Natürlich sind Glücksgefühle etwas Feines. Aber sie unterliegen nicht unserer unmittelbaren Steuerung, sonst könnten wir sie ja jederzeit willkürlich hervorrufen. Das geht nicht. Aber wir können

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