Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Titel: Die weiße Bestie: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helle Vincentz

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große Schwester reagierte nicht. Sally saß immer noch da wie eine Säule, eine Statue, die von der Erde der Savanne geformt und vor der Hütte der Familie als ein Denkmal für die Tochter, die sie einst hatten, platziert worden war.
    Der Älteste brach die Stille.
    » Wann, glauben Sie, können meine Männer Arbeit bei euch bekommen? « , fragte er und drehte den Kopf in Martins Richtung.
    Martin schüttelte bedauernd den Kopf.
    » Das weiß ich leider nicht .«
    » Ohne Arbeit für unsere Männer können wir nicht zurechtkommen. Ohne Arbeit verdienen sie kein Geld und fangen an zu trinken und ihre Frauen zu schlagen. Sie müssen eine Arbeit haben « , sagte der Älteste und fuhr fort: » Und was ist mit der Pumpe, wann kann ich meinem Volk sagen, dass sie sie holen können? Das wird ein großer Fortschritt für unser Dorf, eine elektrische Pumpe. Die Frauen benötigen viel Zeit und Kraft, um Wasser aus dem Brunnen heraufzupumpen. Wenn wir eine elektrische Pumpe bekommen, ebenso wie Katari, werden sie mehr Zeit für all die anderen Dinge haben, die sie machen müssen. Vielleicht können sie den Kindern noch mit den Hausaufgaben helfen. Wann können wir damit rechnen, dass sie kommt? «
    » Sie kommt so bald, wie es sich machen lässt « , antwortete Martin und schaute weg.
    Der alte Mann schüttelte wütend den Kopf und stieß sich von der Mauer ab.
    » Sie müssen doch etwas darüber sagen können, wann wir die Dinge erwarten können, die euer Unternehmen uns jetzt als Gegenleistung für unsere Zusammenarbeit versprochen hat. « Der Älteste schnaubte. » Oder soll das Ganze wieder an die triumphierenden Dreckskerle in Katari gehen? Denn damit werden wir uns nicht abfinden, die haben jetzt genug bekommen! Es ist nicht fair, dass sie so viel haben, wenn wir nichts haben .«
    Martin streckte abwehrend eine Hand aus.
    » Das ist nicht meine Sache. Ich kann Ihnen bei diesen Fragen leider nicht helfen. Darüber müssen Sie mit Caroline sprechen, wenn sie zurückkommt .«
    Der Kenianer wollte antworten, als die Erwachsenen plötzlich bemerkten, dass die Statue angefangen hatte zu zittern. Zuerst waren es kleine Erschütterungen wie ein Erdbeben, das sich nicht entschließen konnte, ob es beginnen wollte oder nicht. Dann zitterte der dünne Oberkörper, und schließlich kam der Laut.
    Die Mutter warf den Topfdeckel auf die Erde und hockte sich neben die Tochter.
    » Sally, was ist– warum weinst du? «
    Von der schluchzenden Statue kam keine Antwort. Die Mutter schaute verzweifelt zu den beiden Männern hoch, während sich ihre Tochter noch stärker zusammenkrümmte. Beide Männer zögerten. Dann machte Martin fünf große Schritte hinüber zu der Stelle, wo die Frauen saßen. Er beugte sich nach unten, während er eine Hand auf die Schulter der Mutter legte.
    » Sie werden sehen, es ist überhaupt nichts. Manchmal sind Kinder einfach nur traurig, es passiert so vieles in diesem Alter. Es kann sein, dass sie heute Nacht schlecht geträumt hat und sich jetzt daran erinnert .«
    Die Mutter sah Martin dankbar an, der die andere Hand nach vorn streckte und Sally über die Zöpfe streichelte.
    » Stimmt das nicht, Sally, manchmal kann man schlechte Träume haben, und dann ist es schwer zu wissen, was Traum und was Wirklichkeit ist? «
    Es verging ein langer Augenblick, dann richtete sich die zusammengekrümmte Sally mit einer heftigen Bewegung auf. Sie starrte wild um sich und stieß einen Schrei aus, der für den schmächtigen Körper viel zu kraftvoll war. In der Sekunde darauf fiel sie nach hinten, ohnmächtig, bewusstlos und ohne aufzuwachen, als ihr Hinterkopf auf die Erde traf.
    Die Mutter schrie. Der Älteste schlug beide Hände vor den Mund. In dem Moment kam Caroline zurück.
    » Was ist passiert? « , fragte sie erstaunt.
    » Wir müssen jetzt gehen « , sagte Martin auf Dänisch und erhob sich schnell.
    » Was ist passiert? «
    » Sally geht es nicht gut, und sie möchten gern allein sein .«
    Die Mutter saß wie versteinert da, und der Älteste begann laut zu rufen, aber Caroline verstand nicht, was er sagte.
    » Ich muss ihr noch das Geld geben und mich ordentlich verabschieden . «
    » Wir müssen gehen, Caroline, das hier ist nichts, in das wir uns einmischen sollten. Leg das Geld einfach auf die Erde, das macht man hier in Kenia so, das bedeutet Glück, und lass uns dann verschwinden .«
    Es wirkte, als würde sie wieder davonlaufen, aber Martin kannte die Kultur besser als sie. Sie legte das Geld auf die