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Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Titel: Die weiße Bestie: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helle Vincentz
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gab und einer davon ein Mitglied der Direktion war.
    Den Rest des Tages lag Caroline im Bett und starrte vor sich hin. Das Bild von Martin tauchte auf. Sie hörte das Geräusch, als die Glasscherbe seine Schläfe traf, und wieder und wieder spürte sie seinen Körper von dem ihren auf den Boden der Hütte gleiten. Dieser Körper lag jetzt in einem Leichenschauhaus. Sie sah ihn vor sich, auf einer Stahlbahre und mit einem schmutzigen, weißen Lacken bedeckt. Vielleicht war er bereits kalt und steif geworden?
    Caroline hielt sich die Hände vor die Augen.
    Martin war tot. Ohne Leben.
    Das hatte sie ihm genommen.
    In der Nacht träumte sie von Sally, die sie auf einen Abfallberg voll mit Kacke hinaufjagte.
    Um fünf Uhr wachte sie auf und konnte nicht wieder einschlafen. Sie setzte sich ins Wohnzimmer.
    Ihr Plan war es, sich viel Zeit zu nehmen, um sich auf die Sitzung vorzubereiten. Bluse bügeln, ins Bad gehen, die Haare richten, Make-up auflegen. Aber als es sieben Uhr wurde, saß sie immer noch auf dem niedrigen grauen Stuhl und starrte mit leerem Blick über die Baumwipfel im Kongens Have.
    Eine Frage erfüllte ihren Kopf: Habe ich die falsche Wahl getroffen? Die Frage fraß sich durch ihre Gedanken wie ein Bandwurm.
    Sie dachte an Christian. Daran, wie viel lieber sie mit ihm im Schwimmbad gewesen wäre, als nach Kenia zu fliegen. Sie dachte an Kasper. Daran, ob es ein Fehler gewesen war, sich zu trennen, es aufzuschieben, Kinder zu bekommen. Und sie dachte an ihre Freundinnen. An alle die Male, als sie ihr aus den Bars der Stadt SMS geschickt hatten, und daran, dass sie nicht geantwortet hatte, weil sie wusste, dass sie es nicht fertigbringen konnte, die Präsentation zu verlassen, an der sie arbeitete. Sie hatte keine Fragezeichen hinter ihre Prioritäten gesetzt. Zwischendurch hatten sich zwar Zweifel eingeschlichen, aber sie hatte diese mit der eisernen Selbstdisziplin erstickt, die alles andere übertrumpfen konnte. Die Disziplin, die alle Bedürfnisse erstickte.
    Aber dieses Mal war der Zweifel zu stark und zwang sie dazu zu überlegen, ob sie sich in all den Jahren geirrt hatte? Ob sie aus Barbesuchen etwas Wichtigeres hätte mitnehmen können als aus der Arbeit?
    Sie schaute an sich herab, am Schlaf-T-Shirt herunter, das eng um ihre schmale Taille saß. Es spannte plötzlich, und mit einem Mal überflutete sie Reue.
    » Zum Teufel! « Caroline zog die Beine unter sich, schlang sich die Arme um die Knie und ließ den Kopf auf die Unterarme sinken. Sie war zweiunddreißig Jahre alt, und was hatte sie erreicht? Nichts, was die Leere füllen konnte, die sie innerlich spürte. Nur Dinge, die vollkommen gleichgültig waren, jetzt, wo sie hier allein in ihrer leeren Wohnung saß.
    Schließlich erhob sie sich und ging ins Schlafzimmer. Im Schrank fand sie einen Hosenanzug und die am wenigsten zerknitterte Bluse. Sie zog sich an und betrachtete sichim Spiegel. Das würde das erste Mal überhaupt sein, dass sie ohne Make-up und geglättete Haare zur Arbeit ging.
    Zwanzig Minuten nach sieben Uhr machte sie sich auf der üblichen Route auf den Weg: zu Fuß zum Nørreport, die Metro zu Christianhavns Torv und weiter zu Fuß zum Domizil unten am Kai. Alles wirkte so anders, als zu der Zeit, bevor sie nach Kenia geflogen war. So viel sauberer, so viel ruhiger.
    Dreißig Meter von der großen Glasfassade entfernt blieb sie stehen und schaute auf die Drehtür, die immer noch mit einem großen Appetit Anzüge verschlang. Es war diese Tür, die vor ihrem inneren Auge aufgetaucht war, wenn sie daran gedacht hatte, ob sie als Gewinnerin oder Verliererin zu Dana Oil zurückkehren würde, als ein Erfolg oder ein Fiasko. Jetzt stand sie vor ihr und ahnte noch immer nicht, was sie war. Wusste nur, dass sie am allerliebsten zu Hause im Bett liegen würde.
    Sie grüßte kurz die lächelnden Empfangsdamen und ging durch die Sicherheitspforte hindurch und weiter zu den Glasfahrstühlen, wo sie einstieg, ohne darüber nachzudenken, wer sie sah.
    Im Fahrstuhl drückte sie auf den Knopf für die sechste Etage, in der die Direktion saß. Sie sollten sich um acht Uhr in Steenbergs Büro treffen. Als sich die Tür öffnete, trat sie hinaus und schaute den Flur entlang. Hier gab es keine Großraumbüros, nur große Büros. Sie ging den Flur hinunter und blieb vor der Tür mit » Steenberg « auf dem diskreten Namensschild stehen. Es war Markvart, der öffnete, als sie anklopfte.
    » Caroline! Bin ich froh, dich zu sehen! « Der große Mann

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