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Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Titel: Die weiße Bestie: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helle Vincentz
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konnte man wohl, wenn ihr Vater das sagte. Sie war trotz allem erst zehn Jahre alt, also wusste er es wohl besser.
    David hatte ihr von dem Öl erzählt. Davon, wie viel Geld er verdienen würde, und von alldem, was er kaufen könnte, wenn das Öl erst zu fließen begann, wie er sagte. Das hörte sich merkwürdig an, dass man Geld mit etwas verdienen konnte, das einfach nur floss, aber das sagte sie nicht.
    Er hatte ihr von anderen Ländern in Afrika erzählt, wo sie Öl aus der Erde geholt hatten und so reich geworden waren, dass die Leute nicht mehr arbeiten mussten. Nigeria, hatte David begeistert gesagt, verdiente so viel Geld, dass die weißen Menschen dorthin strömten, um einen Teil des Reichtums abzubekommen. Selbst in einem kleinen Land wie Äquatorialguinea waren sie so reich geworden, dass der Sohn des Präsidenten einen Palast in der Stadt in den USA kaufen konnte, in der alle Filmstars wohnten!
    Warte nur ab, bis es in Kenia so wird, sagte David oft, dann werden wir alle zusammen reich und können genau das machen, was wir wollen, warte es nur ab, Sally!
    Aber Sally fand es nicht so angenehm, seit die Ölfirma gekommen war. Es war nicht, weil ihre Mutter und ihr Vater normalerweise viel miteinander redeten, aber in der letzten Zeit waren sie auf eine schlechte Art still geworden. Der Vater hatte diese glänzenden Augen und diese sonderbare Stimme bekommen, die die Mutter immer wütend machte.
    Es war noch etwas anderes, das falsch war. Sie wusste nicht genau, was es war, aber gestern hatte sie hinter der Hütte gestanden, während ihre Mutter und einige der anderen Frauen des Dorfes davor gesessen und miteinander gesprochen hatten. Es war schwer zu verstehen gewesen, worüber sie sprachen, weil sie durcheinandergeredet hatten, aber es war etwas mit der Ölfirma und dass jemand gezwungen sei, etwas zu unternehmen. Das hatte eine der Frauen wiederholte Male gesagt, wahrscheinlich Mama Lucy. Jemand musste etwas unternehmen.
    Aber dann war Sallys Vater nach Hause gekommen, und die Frauen waren zu ihren eigenen Hütten zurückgegangen. Sally hatte überlegt, ob sie ihre Mutter fragen sollte, um was es ging und wer gezwungen war, etwas zu unternehmen. Sie fand tatsächlich, dass die Frauen sowieso genug taten– es würde schwer für sie sein, Zeit dafür zu finden, um auf die Kinder aufzupassen, Essen zu machen und all das andere zu erledigen, wenn sie auch noch dabei helfen sollten, Öl auszugraben.
    Plötzlich hatte sie die Augen aufgerissen. Hauptsache, sie meinten nicht, dass Sally und die anderen Mädchen nach Öl graben sollten! Dann würde sie garantiert keine Zeit haben, Bücher zu lesen. Vielleicht wäre sie gezwungen, mit der Schule aufzuhören. O nein, das hoffte sie wirklich nicht.
    Sie wusste, die Mutter würde böse werden, weil sie hinter der Hütte gelauscht hatte, aber später am Tag, als sie der Mutter half, das Abendessen zuzubereiten, hatte sie dennoch allen Mut zusammengenommen.
    » Mama? «
    » Hm .«
    » Muss ich für die Ölmänner arbeiten? «
    Die Mutter hatte erschrocken von dem schwarzen Topf aufgeblickt, in dem sie rührte.
    » Wer sagt, dass du das musst?! «
    » Aber ich frage, ob ich muss .«
    » Nein, das musst du auf keinen Fall. Woher hast du das? «
    Sally hatte sich auf die Lippe gebissen.
    » Es ist nur, weil… ich stand hinter der Hütte, als ihr gesprochen habt und Mama Lucy gesagt hat, jemand müsse etwas unternehmen… «
    Die Mutter hatte die Falten an den Mundwinkeln bekommen, die Sally nicht mochte.
    » Kinder sollen nicht lauschen. Aber nein, du sollst nicht für die Ölfirma arbeiten, du sollst überhaupt nichts mit denen zu tun haben .«
    » Aber, es war nur, weil… «
    » Hör jetzt zu, was ich dir sage. « Die Stimme der Mutter hatte böse geklungen. Sie hatte das orangefarbene Tuch gerichtet, das sie um den Kopf gebunden hatte. » Du sollst nichts mit denen zu tun haben, und jetzt sprechen wir nicht mehr über die. Hast du Wasser gekocht? «
    Sally hatte sich nicht mehr getraut zu fragen, und zudem hatte sie die Antwort bekommen, die sie hören wollte. Sie musste nicht für die Ölfirma arbeiten, und daher konnte sie weiter in die Schule gehen. Das war das Wichtigste.
    Tatsächlich hatte es so geklungen, als würde sie noch mehr Zeit bekommen, in die Schule zu gehen und die Bücher zu lesen, die sie von der Lehrerin auslieh. Etwas später hatte ihre Mutter nämlich gesagt, Sally dürfe das Dorf nicht mehr verlassen, und das bedeutete, dass sie auch kein

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