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Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Titel: Die weiße Bestie: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helle Vincentz
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zusammenarbeiten sollten, um diesen Konflikt zu lösen, worum sie Markvart ausdrücklich gebeten hatte, nutzte es nichts, wenn sie von Anfang an mit verdeckten Karten spielte. Aber sie wollte sehr gern den Wutanfall vermeiden, den der Nairobi-Chef vermutlich bekommen würde, da er Mama Lucy für eine verlogene Querulantin hielt.
    Unten in der Tasche landeten auch die Ausdrucke von der Internetseite des Außenministeriums über Kenia, die Dana Oils Reisebüro mit dem Flugticket zusammengepackt hatte. Das war Brauch im Unternehmen, damit die Mitarbeiter nicht unvorbereitet an ihrem Reiseziel ankamen, ungeachtet dessen, wie überstürzt sie abreisen mussten. Caroline wusste jetzt, dass Kenia so groß wie Frankreich war, dass dort über dreißig Millionen Menschen lebten und die Armut während der 1990 er Jahre markant angestiegen war, sodass jetzt zwei von drei Kenianern unter der Armutsgrenze lebten. Kenias soziale Ungleichheit schlug sich unter anderem in einer explodierenden Kriminalität in den großen Städten und besonders in Nairobi, der Hauptstadt des Landes, nieder. Aufgrund der vielen Überfälle, die passierten, hatte die Stadt den Spitznamen Nairobbery bekommen.
    Die Räder trafen auf die Landebahn auf. Nach einer kurzen Fahrt bis zum Gate konnten Caroline und die anderen Businessclass-Passagiere das Flugzeug als Erste verlassen– vor allem afrikanische Geschäftsleute in noblen Anzügen und mit vergoldeten Brillengestellen.
    Eine bunte Menschentraube wartete, als Caroline den Flughafen betrat. Um sie herum wimmelte es von vollbusigen Müttern in farbenfrohen Jackenkleidern, Männern mit schmalen, somalischen Gesichtern, gekleidet in die Windjacken, die Dänemark in den Vierzigern beherrscht hatten, bewaffneten Wachmännern, Rucksacktouristen mit Dreadlocks, Touristen mit Bauchtasche und Geschäftsleuten mit dem Handy am Ohr.
    Trotz des kunterbunten Menschenmeeres bemerkte Caroline die neugierigen ungenierten Blicke, als sie zur Gepäckausgabe lief. Sie zog ihre Jacke über der Brust zusammen und richtete den Schal, den sie immer trug, wenn sie flog, sodass er das Dekolleté bedeckte.
    Als sie endlich ihren Koffer entdeckt und von dem breiten Gepäckband gehoben hatte, ging sie in Richtung Ausgang. Nachdem sie die geforderten fünfzig Dollar bezahlt hatte, um ins Land zu kommen, stand sie in der Ankunftshalle und ließ den Blick über die weißen Schilder gleiten, die wartende schwarze Männer hochhielten. In der Mitte der Reihe fand sie » Dana Oil– Madam Kayser « und steuerte auf das Schild zu, das von einem großen schwarzen Mann mit traurigen Augen gehalten wurde.
    » Hallo, ich bin Caroline Kayser « , sagte sie und streckte ihm die Hand entgegen.
    Der große Mann erwiderte den Händedruck und antwortete in einem singenden afrikanisch-englischen Dialekt, der ein bisschen wie ein Rap-Song klang.
    » Willkommen in Kenia. Ich heiße Stanley. Ich werde jetzt Ihr Gepäck nehmen .«
    Seine große Hand legte sich um den Griff des Koffers, und er wies ihr den Weg zum Ausgang des Flughafens.
    Die Luft außerhalb des klimatisierten Flughafengebäudes war warm. Stanley führte sie zu dem alten grauen Land Cruiser. Die Stoßstange hatte Beulen, und die staubigen Fensterscheiben enthüllten, dass es lange her war, seit er das letzte Mal gewaschen wurde. Glücklicherweise öffnete der Fahrer die Tür für sie. Caroline biss sich auf die Unterlippe. Das Leben wäre einfacher, wenn sie damit aufhören könnte, das Augenmerk so sehr auf Schmutz zu legen.
    Sie verließen den Parkplatz. Das erste Stück in das Zentrum hinein fuhren sie auf einer breiten, ebenen Straße mit sporadischen, niedrigen Gebäuden und öden Plätzen auf beiden Seiten. Es fühlte sich nicht nach Großstadt an. Aber nach und nach, als die Minuten vergingen, nahm die Stadt Form an– und es war keine schöne Form.
    Die Dächer der Wolkenkratzer am Horizont verschwanden im Smog, der tief über der Stadt hing, und je näher sie dem Zentrum kamen, desto grauer wurde die Luft. Sie konnte fast die Staubpartikel in der Luft sehen und spüren, wie der Smog dichter und dichter wurde, je enger die Wolkenkratzer nebeneinanderstanden. Am Weg entlang wachten Bäume, und in den Baumkronen saßen die hässlichsten Vögel, die sie jemals gesehen hatte. Sie ähnelten Störchen mit abgenagten Schädeln. » Marabu-Störche « , erklärte Stanley, der den Ekel in ihrem Blick bemerkt hatte.
    Die breiten Straßen wurden mehr und mehr von anderen Fahrzeugen gefüllt.

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