Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
stahlen. Sie verfluchte sich selbst, ein dummer Tourist zu sein, sagte aber nichts. Wenn er sich nicht für seinen Fehler entschuldigte, tat sie es auch nicht.
Im nördlichen Nairobi bremste Stanley plötzlich und hielt an der Seite an. Autohupen heulten hinter ihnen auf. An der Ecke einer Straßenkreuzung stand ein schwarzer Mann, das musste Daniel sein, Carolines Kontaktmann bei Peoples’ Rights. Sie hatte eine Adresse bekommen, die Stanley ohne Probleme gefunden hatte.
Daniel trug zerrissene Jeans und ein verwaschenes T-Shirt mit einem NFL -Logo-Aufdruck auf dem Bauch. Seine Haut war ebenso dunkel wie die von Stanley. Caroline vermutete, dass er in ihrem Alter war, aber das war schwer zu beurteilen. Der Körper war jung und athletisch, aber die Falten in seinem Gesicht zeugten von einem Mann, der viel gesehen hatte. Er lächelte, als er in das Auto sprang, und die Falten um die Augen herum wurden noch tiefer. Caroline grüßte freundlich zurück.
Über einen alten Studienkameraden, der im Außenministerium angestellt war, hatte Caroline Kontakt zu ihm bekommen. Der Studienfreund arbeitete im Büro für Entwicklungspolitik des Ministeriums, und sie wusste, dass er mit Kenia zu tun hatte. Als sie ihm gemailt hatte, hatte er nach wenigen Minuten geantwortet und empfohlen, Kontakt zu Peoples’ Rights aufzunehmen, die als eine seriöse Organisation bekannt waren. Versuch es mit Daniel, ich kann mich nicht erinnern, wie er mitNachnamen heißt, hatte ihr Studienkollege geschrieben.
Caroline hatte bei Peoples’ Rights angerufen und nach Daniel gefragt, der sofort ans Telefon gekommen war. Er konnte sich gut an Lars aus Dänemark erinnern und hatte auch von der wachsenden Unzufriedenheit in Asabo gehört. Er wollte Caroline gern helfen und hatte ihr angeboten, mit ihr in das Dorf zu fahren.
Daniel und Stanley unterhielten sich auf dem Weg aus der Stadt hinaus. Daniel erzählte, dass er zusammen mit seinem Bruder und einem Freund in einer Wohnung in der Nähe der Stelle, wo sie ihn eingesammelt hatten, lebte. Sie waren kürzlich dort hingezogen. Er hatte eine Lohnerhöhung bekommen, und so konnten sie sich die Wohnung leisten, die sowohl ein Zimmer für jeden von ihnen als auch einen kleinen Wohnraum hatte.
» Wo wohnst du? « , fragte er Stanley.
» In Pumwani .«
» In Pumwani! « , rief Caroline überrascht.
Eigentlich wollte sie nicht in das Gespräch hineingezogen werden, aber sie hatte über Pumwani in dem Material gelesen, das sie zusammen mit dem Flugticket ausgehändigt bekommen hatte. Das war eines der größten Slums Kenias, am Rand von Nairobi gelegen, und sie hatte wirklich nicht geglaubt, dass Menschen aus dem Slum arbeiteten. Auf jeden Fall nicht als Fahrer für ein internationales Unternehmen– eher als Verkäufer von Obst am Straßenrand, was viele machten, wie sie sehen konnte.
» Wohnen Sie dort zusammen mit Ihrer Familie? « Jetzt war sie doch an dem Gespräch beteiligt.
» Ja, ich wohne zusammen mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern .«
» Wie alt sind deine Kinder « , fragte Daniel.
» Sie sind acht und zehn .«
» Gehen sie in die Schule? « , fragte Caroline und wünschte, sie hätte den Mund gehalten. Wenn man in den Slums wohnte, konnte man es sich sicher nicht leisten, seine Kinder in die Schule zu schicken– sie mussten vermutlich dabei helfen, Geld für die Familie zu verdienen.
Aber Stanley richtete sich auf und antwortete mit deutlichem Stolz in der Stimme.
» Sie gehen in eine sehr schöne Schule hier in Nairobi. Deshalb wohnen wir in Pumwani. Das kostet nicht so viel wie in anderen Vierteln in der Stadt, und so können wir es uns leisten, sie in eine gute Schule zu schicken. Meine Kinder sollen eine gute Ausbildung erhalten .«
Caroline bestätigte, dass eine ordentliche Ausbildung wirklich wichtig war.
» Damit sie gute Jobs bekommen und in einem schönen Haus in einem ordentlichen Viertel wohnen können « , erklärte Stanley.
Caroline nickte und dachte an ihren eigenen Vater. Wenn seine Träume für sie bei einem schönen Haus in einem ordentlichen Viertel geendet hätten, würde ihr Leben etwas einfacher sein.
Je mehr sie sich von Nairobi entfernten, umso mehr ließ der Verkehr nach und auch die Anzahl der Straßenverkäufer wurde geringer, die mit bittenden Blicken und einem gefüllten Korb auf dem Kopf an die Fensterscheibe klopften, sobald das Auto an einer Kreuzung das Tempo drosselte. Auch die Straßen änderten ihren Charakter. Breite Fahrbahnen von
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