Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
guter Qualität wurden zu schmalen, holperigen Wegen. Eine deutliche Herausforderung für die Federung des alten Autos.
Caroline zog eine Karte, die sie sich auf dem Weg aus dem Hotel geschnappt hatte, aus der Tasche, um zu sehen, wo sie fuhren.
Die Landschaft, die draußen vorbeizog, war braun und staubig. Die Erde sah hart und trocken aus. An einigen Stellen wuchsen kleine, niedrige Büsche, und zwischendurch erhob sich ein einsamer Baum aus der borkigen Erde. Es waren die gleichen kleinen Bäume mit flachen Kronen, die man auf Bildern in den Broschüren von Safari-Reisen sah.
Die Luft im Auto war schlecht, und Caroline bat Stanley, die Klimaanlage anzuschalten. Er entschuldigte sich, weil die Anlage kaputt war, sodass sie stattdessen das Fenster öffnete. Hier konnte doch wohl nichts passieren, wenn man mit offenem Fenster fuhr, und Stanley reagierte auch nicht. Sekunden später schloss sie das Fenster hustend wieder. Zum Teufel mit den staubigen Schotterstraßen!
Sie konnte nicht begreifen, dass jemand freiwillig nach Afrika ging.
Sie und Daniel nutzten einen Teil der Fahrt, um den bevorstehenden Besuch vorzubereiten. Sie waren sich einig, dass Daniel das Gespräch führen sollte. Caroline repräsentierte Dana Oil und somit » den Feind « , gegen den sich die Kritik richtete. Daniel hingegen war eine neutrale Person von einer Organisation, zu der die Einheimischen vermutlich Vertrauen hatten.
Er arbeitete seit fünf Jahren bei Peoples’ Rights, erzählte er. Zuvor war er bei einer anderen NGO angestellt gewesen. Ebenso wie Caroline war er ausgebildeter Jurist. Sie hob verblüfft die Augenbrauen, und Daniel grinste. Er wusste gut, dass er in einem privaten Unternehmen mehr Geld verdienen könnte, aber er wollte seine Ausbildung darauf verwenden, denen zu helfen, die nicht die gleichen Möglichkeiten wie er gehabt hatten.
Vor allem galt es, eine gute Stimmung zu schaffen– eine Vertrautheit, die die Dorfbewohner dazu brachte, sich akzeptiert zu fühlen. Es war ganz entscheidend zu signalisieren, dass Dana Oil sie ernst nahm und ihnen gern zuhörte.
Es schlug oft Funken, wenn Unternehmen und Menschenrechtsorganisationen diskutierten, wie viel Einfluss die Bevölkerung haben sollte. Typischerweise waren die Unternehmen der Ansicht, dass die Einheimischen angehört werden sollten, wenn sich aber deren Wünsche gegen die Pläne des Unternehmens und die Verträge mit der Regierung richteten, konnte man sich erlauben, diese zu ignorieren.
Dieser Schlussfolgerung stimmten Menschenrechtsorganisationen nicht zu.
» Versuche, nach rechts zu schauen! «
Daniel unterbrach ihre Gedanken.
Caroline konnte weit hinten am Horizont die Konturen eines hohen, grauen Turms erkennen. Er ähnelte einem spitzen, verwachsenen Hochspannungsmasten.
» Dort bohrt deine Firma im Augenblick .«
Sie blinzelte, um den Bohrturm deutlicher erkennen zu können. Also musste es hier sein, wo sich Tim Wright und sein Team aufhielten. Er und die anderen Bohrleute wohnten vermutlich in einem Container-Park am Rand des Bohrfelds.
Sie hatten gestern Abend gemailt. Sie hatte ihm geschrieben, um zu hören, ob sie zu Besuch kommen und mit ihm über seine Arbeit sprechen könnte. Das hatte er abgelehnt und stattdessen vorgeschlagen, dass sie sich einen Tag später in einer Bar in Nairobi treffen sollten.
Caroline mochte es eigentlich nicht, Geschäftstreffen in einer Bar abzuhalten– so etwas machte sie lieber in einem Konferenzraum. Aber jetzt war sie froh darüber, seinen Vorschlag angenommen zu haben.
Im selben Augenblick bremste Stanley so scharf, dass der Staub aufwirbelte und Caroline merkte, wie der Sicherheitsgurt ihr über dem Schlüsselbein in die Haut schnitt.
Hundert Meter weiter vorn stand ein schwarzes Ölfass in der Mitte des schmalen Weges, und am Straßenrand saßen zwei uniformierte Polizisten, jeder auf einem Plastikstuhl. Der Jüngere saß aufrecht da und hatte eine Maschinenpistole in der Hand, während sich der Ältere bequem zurückgelehnt hatte. Hinter ihnen stand ein großes Auto.
» What the fuck « , brach es erschrocken aus Daniel heraus. » Hier gibt es doch keinen Menschen! «
Stanley fuhr langsam das letzte Stück bis zu der Absperrung und stoppte ein paar Meter vor dem jüngeren Mann, der in der Zwischenzeit von seinem Stuhl aufgestanden war und sich mit der Maschinenpistole vor der Brust neben das Ölfass gestellt hatte. Der Mann trug ein hellblaues Hemd, eine dunkelblaue Hose und auf dem Kopf eine etwas
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