Die Weiße Burg
die Nase, und ein Funkeln in seinen Augen sagte, dass jemand dafür bezahlen würde, dass er das riechen musste. Auch Medore und Latian sahen aus, als sei ihnen übel, aber Balwer sah sich lediglich um und zog die beiden dann in eine schmale Gasse hinein, die nach Norden führte. Wie Berelain gesagt hatte, nun waren sie schon hier.
Die farbenprächtigen Banner sahen entschieden fehl am Platz aus, als Perrin durch die engen, gewundenen Straßen der Stadt ritt. Tatsächlich waren einige Straßen sogar recht breit für die Größe von So Habor, aber sie machten einen engen Eindruck, so als würden die steinernen Gebäude zu beiden Seiten irgendwie höher aufragen als ihre zwei oder drei Stockwerke und gleich über ihm zusammenbrechen. Die Vorstellungskraft ließ die Straßen auch düster erscheinen. Der Himmel war nicht so grau. Die schmutzigen Straßen waren voller Menschen, aber es waren nicht genug, wenn man bedachte, dass alle Höfe der Umgebung verlassen dalagen, und jeder eilte mit gesenktem Kopf daher. Sie eilten nicht mit einem Ziel im Sinn daher; sie eilten nur fort. Niemand sah den anderen an. Obwohl der Fluss vor ihrer Schwelle lag, hatten auch sie vergessen, wie man sich wusch. Perrin konnte nicht ein Gesicht entdecken, das keine dicke Dreckschicht bedeckte, oder ein Kleidungsstück, das nicht so aussah, als wäre es nicht schon seit Wochen getragen. Je tiefer sie in die Stadt vorstießen, desto schlimmer wurde der Gestank. Vermutlich konnte man sich mit der Zeit wirklich an alles gewöhnen. Aber das Schlimmste war die Stille. Dörfer waren manchmal still, wenn auch nicht so still wie Wälder, aber in einer Stadt gab es immer irgendwelchen Lärm, die Laute von feilschenden Geschäftsleuten und Menschen, die ihr Leben lebten. So Habor flüsterte nicht einmal. Es schien kaum zu atmen.
Bessere Wegbeschreibungen zu bekommen erwies sich als schwierig, da die meisten Leute wegliefen, wenn man sie ansprach, aber schließlich stiegen sie vor einem geschäftig aussehenden Gasthaus aus den Sätteln, drei Stockwerke aus grauem Stein mit einem Schieferdach, dessen Schild eine Goldene Barke zeigte. Die Schrift auf dem Schild war sogar vergoldet, und der Kornberg auf der Barke war unbedeckt, so als wäre er nicht zum Verkauf bestimmt. Auf dem Stallhof neben dem Gasthaus ließen sich keine Stallknechte blicken, also mussten die Bannermänner als Zügelhalter dienen, eine Aufgabe, die sie nicht glücklich machte. Tod wandte dem vorbeieilenden Strom verdreckter Gestalten so viel Aufmerksamkeit zu und tätschelte dabei den Griff seines Kurzschwerts, dass Steher beinahe ein paar seiner Finger erwischte, als er die Zügel des Hengstes nahm. Der Mayener und der Ghealdaner schienen sich zu wünschen, Lanzen statt der Banner zu haben. Flann sah einfach nur aufgeregt aus. Trotz der Morgensonne schien das Licht... voller Schatten zu sein. Das Betreten des Hauses machte die Dinge nicht besser.
Auf den ersten Blick bezeugte der Gemeinschaftsraum die Geschäftigkeit des Gasthauses; unter einer hohen, mit soliden Balken versehenen Decke standen polierte runde Tische und vernünftige Stühle statt Bänke. Die Wände waren mit Feldern voller Gerste, Hirse und Hafer bemalt, die unter einer strahlenden Sonne reiften, und auf dem mit Schnitzereien verzierten Sims eines großen Kamins aus weißem Stein stand eine bunt lackierte Uhr. Aber der Kamin war kalt, die Luft war fast so eisig wie draußen. Die Uhr stand. Überall lag eine Staubschicht. Die einzigen Leute im Raum waren sechs Männer und fünf Frauen, die sich an einem ovalen Tisch, der in der Mitte des Raums stand, über ihre Getränke beugten.
Als Perrin und die anderen eintraten, sprang einer der Männer mit einem Fluch auf; das Gesicht unter dem Schmutz erbleichte. Eine dicke Frau mit langen fettigen Haaren hob ihren Zinnbecher an den Mund und versuchte so schnell zu schlucken, dass Wein über ihr Kinn floss. Vielleicht waren es seine Augen. Vielleicht.
»Was geschieht in dieser Stadt?«, wollte Annoura mit fester Stimme wissen und warf den Umhang zurück, als würde im Kamin ein Feuer lodern. Der ruhige Blick, mit dem sie die Leute am Tisch musterte, ließ jeden von ihnen erstarren. Plötzlich wurde sich Perrin bewusst, dass weder Masuri noch Seonid ihm hinein gefolgt waren. Er bezweifelte, dass sie auf der Straße bei den Pferden warteten. Was sie und ihre Behüter taten, das konnte man nur erahnen.
Der Mann, der aufgesprungen war, zerrte mit einem Finger an seinem
Weitere Kostenlose Bücher