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Die Weiße Burg

Die Weiße Burg

Titel: Die Weiße Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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entsinne. Vielleicht hatten sie gemeinsame Bekannte. Ich weiß es einfach nicht, Mutter.« Jetzt klang sie müde, ihre Schultern sackten leicht nach vorn. Ihre verstohlene Untersuchung von Anaiyas Tod hatte nirgendwo hingeführt, und sie musste wissen, dass Egwene Kairen mit auf die Liste setzen würde.
    »Findet es heraus«, befahl Egwene. »Diskret.« Dieser zweite Mord würde für genug Unruhe sorgen, da musste sie sie nicht noch zusätzlich schüren. Einen Augenblick lang studierte sie die Schwester. Nisao mochte hinterher Entschuldigungen vorbringen, wenn etwas zur Tatsache geworden war, oder behaupten, dass sie ja von Anfang an gegen etwas gewesen war, aber bis dahin war sie immer das perfekte Vorbild für das Selbstbewusstsein und die absolute Sicherheit einer Gelben Ajah. Doch im Moment war das anders. »Gehen viele Schwestern umher und halten Saidar umarmt?«
    »Ich habe einige bemerkt, Mutter«, sagte Nisao steif. Ihr Kinn hob sich mit einem Bruchteil Trotz. Aber einen Augenblick später erlosch der Glanz um sie. Sie zog den Umhang enger, als wäre ihr auf einmal kalt. »Ich bezweifle, dass es Kairen etwas genutzt hätte. Ihr Tod kam zu plötzlich. Aber es lässt einen sich... sicherer fühlen.«
    Nachdem die kleine Frau gegangen war, saß Egwene da und rührte ihren Haferbrei mit dem Löffel um. Sie entdeckte keine weiteren schwarzen Flecken mehr, aber der Appetit war ihr vergangen. Schließlich stand sie auf, legte die siebenfarbige Stola um den Hals und warf sich den Umhang um. Heute würde sie nicht in Verzweiflung hier sitzen. Gerade am heutigen Tag musste sie ihrer Routine ganz genau folgen.
    Draußen rollten Karren mit hohen Rädern durch die gefrorenen Rillen der Lagerstraßen, beladen mit großen Wasserfässern oder Bündeln aus Feuerholz und Säcken voller Holzkohle, und die Kutscher und Reiter, die hinterher ritten, hüllten sich wegen der Kälte in ihre Umhänge. Wie gewöhnlich eilten Novizinnenfamilien die hölzernen Gehsteige entlang und schafften es meistens, den vorbeigehenden Aes Sedai den nötigen Respekt zu erweisen, ohne langsamer zu werden. Einer Schwester nicht den nötigen Respekt zu erweisen konnte einem Prügel einbringen, aber das konnte Unpünktlichkeit auch, und die Lehrerinnen waren für gewöhnlich weniger nachsichtig als vorbeigehende Aes Sedai, die immerhin in Betracht ziehen konnten, warum eine Novizin an ihnen vorbeieilte.
    Die weiß gekleideten Frauen sprangen beim Anblick der gestreiften Stola, die aus Egwenes Kapuze hing, natürlich noch immer aus dem Weg, aber sie weigerte sich, sich von auf der Straße knicksenden Novizinnen, die auf dem vereisten Boden herumrutschten und manchmal beinahe sogar aufs Gesicht fielen, bevor ihre Nichten sie packen konnten, die Laune verderben zu lassen, jedenfalls mehr, als das ohnehin schon geschehen war. »Nichten«, so nannten die Mitglieder derselben Familie einander, und irgendwie schien sie das enger zusammenzuschweißen, als wären sie wirklich miteinander verwandt. Was Egwenes Laune allerdings trübte waren die paar Aes Sedai, die sie sah und die durch ein wogendes Meer aus Knicksen die Gehsteige entlangrauschten. Es waren kaum mehr als ein Dutzend zwischen ihrem Zelt und dem Studierzimmer der Amyrlin, aber drei von vieren waren nicht nur in ihre Umhänge gehüllt, sondern auch in das Licht der Macht. Sie gingen öfters zu zweit als allein, gefolgt von allen Behütern, die sie hatten. Sie erschienen auch wachsam, ob sie nun von Saidar eingehüllt wurden oder nicht, und die Kapuzen waren in ständiger Bewegung, als sie jeden in Sichtweite musterten.
    Es erinnerte Egwene an die Zeit, als Emondsfelde vom Fleckfieber heimgesucht worden war und jeder mit in Branntwein getauchten, vor die Nase gedrückten Tüchern herumlief - Doral Barran, die damalige Seherin, hatte behauptet, das würde schützen -, mit umklammerten Tüchern und misstrauischen Blicken, um zu sehen, wer als nächstens Flecken bekam und umkippte. Elf Menschen starben, ehe das Fieber verschwand, aber es dauerte noch einen weiteren Monat, bevor alle bereit waren, diese Tücher wegzustecken. Noch lange Zeit danach hatte sie beim Geruch von Branntwein Furcht verspürt. Zwei Schwestern waren in ihrer Mitte ermordet worden, von einem Mann, der die Macht lenken konnte und der anscheinend dazu fähig war, nach Belieben ungesehen zu kommen und wieder zu verschwinden. Furcht erfasste die Aes Sedai schneller, als es das Fleckfieber jemals geschafft hätte.
    Das Zelt, das ihr als

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