Die weiße Frau von Devils Rock
schmalen blutroten Lippen lächelte…
3. Kapitel
"Ich bin sehr zufrieden mit unserer bezaubernden jungen Dame." Anerkennend nickte Dr. Marvin Rowland dem bildhübschen Mädchen zu, das auf dem Schoß seiner schönen Mutter ein wenig unbehaglich wirkte. "Leslie hat sich in den letzten drei Wochen sehr gut entwickelt, Lady Angela. Ich glaube, Ihre Sorge ist unbegründet."
Angela McGregor atmete erleichtert auf. Sie hatte den Doktor aus Glannagan kommen lassen, weil ihr kleines Mädchen, gerade siebzehn Monate alt, nur wenig lachte und meist wie in Gedanken versunken vor sich hin starrte. Benjamin war da ganz anders gewesen, laut und fröhlich, und das beunruhigte die schöne Lady zutiefst.
"Vielleicht sollten wir einen Kollegen befragen, der sich etwas besser mit dem Seelenzustand eines Kindes auskennt als ich", wandte Doktor Rowland ein. "Ich verstehe Ihre Besorgnis durchaus, Lady Angela. Es ist auch etwas ungewöhnlich, dass ein Kind in diesem zarten Alter schon so nachdenklich ist. Hat Leslie denn einen Grund, so ernst zu sein? Hat sie irgendetwas erlebt, mit dem sie nicht fertig wird?"
Die Lady dachte eine ganze Zeitlang nach, dann schüttelte sie den Kopf. "Leslie wird sehr behütet, und mein Mann Ian und ich tun alles, damit sie glücklich und unbelastet aufwächst. Wir haben vor fast sechs Jahren unser Töchterchen Jenny verloren. Sie starb am Fieber. Seitdem ist die Freude aus unseren Herzen gewichen. Aber wir halten das alles von Leslie fern, sie soll unbelastet aufwachsen."
"In wenigen Tagen wird mein Kollege Ashton Darwin eintreffen. Er und seine Familie ziehen für einige Monate in Dragon House ein. Laird Ian hat es ihm auf mein Bitten hin für etwa ein halbes Jahr vermietet, da es ja ohnehin schon ziemlich lange leer steht", fügte Marvin Rowland hinzu.
"Ich weiß", stimmte Lady Angela hinzu. "Mein Mann hat mir davon erzählt. Sie freuen sich bestimmt, Ihren Studienkollegen wiederzusehen. Da werden Sie sich eine Menge zu erzählen haben."
"Ich denke da eher an unser kleines Mädchen hier. Ashton hat mehrere Semester Psychologie studiert, vermutlich, um mit seinen eigenen Problemen besser fertig zu werden." Es sollte scherzhaft klingen, doch der Ernst in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Vielleicht hat er ja eine Vermutung, warum Leslie stets so ernst und in sich gekehrt ist. Sie sollte ein fröhliches Kind sein, das voll Freude in den Tag schaut. Stattdessen blicken ihre Augen fragend und irgendwie nach innen."
"Wenn Sie es für richtig halten, können wir Ihren Kollegen ja fragen", gab Lady Angela verwirrt zu. "Ich weiß nur nicht, was ein Fremder tun könnte, um mein Kind zum Lachen zu bringen." Skeptisch schaute die schöne Frau ihn an.
"Man müsste mehr über die Gedanken wissen, die in diesem hübschen Köpfchen vorgehen", meinte der Doktor und lächelte Leslie aufmunternd an. Zu seiner Überraschung lächelte das Kind fröhlich zurück. "Na bitte, geht doch", stellte er zufrieden fest.
Angela brach in helles Lachen aus. "Da sehen Sie es, Doktor. Mein geliebtes Töchterchen geht lediglich etwas sparsam mit seinem Lächeln um, das ist alles", sagte sie wenig später, als sie sich wieder beruhigt hatte.
"Es scheint wirklich alles in Ordnung zu sein mit der kleinen Lady." Erleichtert atmete der Arzt auf. "Dann wird Ashton hier also keine neue Patientin vorfinden."
"Möchten Sie mir nicht ein wenig über unsere neuen Nachbarn berichten", hakte die Lady nach. "Mein Mann hat mir zwar erzählt, dass wir Gäste im Jagdhäuschen haben, aber Genaueres hat er nicht berichtet. Es wäre doch vielleicht besser gewesen, wir hätten die Leute bei uns im Castle untergebracht. Das Jagdhaus ist…"
"Ich habe, in Absprache mit Laird Ian, bereits veranlasst, dass es gerichtet wird", beruhigte der Arzt sie. "Sie werden mit Ashton und seiner kleinen Familie bestimmt keinen Ärger haben."
"Er hat auch Kinder?", fragte Angela erfreut. "Wie viele denn? Ich liebe Kinder über alles. Sie sind noch so unverdorben und unschuldig."
"Christina ist neun Jahre alt und kränkelt oft. Ich kenne sie nicht persönlich, aber nach allem, was ich gehört habe, ist sie ein bezauberndes Mädchen."
"Neun Jahre, sagen Sie?" Lady Angela lächelte sanft. "Vielleicht versteht sie sich gut mit meinem Sohn Benjamin", fuhr sie fort. "Benny hat keine gleichaltrigen Kinder in seiner Nähe. Es wäre schön, wenn die beiden sich anfreunden."
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