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Die weiße Frau von Devils Rock

Die weiße Frau von Devils Rock

Titel: Die weiße Frau von Devils Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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Ziel hatte. Seine Patientin wartete sicher schon auf ihn.
       Er schnalzte mit der Zunge und sein Wallach setzte sich fast augenblicklich in Bewegung. Alles war wie vor der Erscheinung, als hätte es diese bezaubernde, durchscheinende Frau nicht gegeben. Auch der Nebel lichtete sich langsam und gab auf der linken Seite des Weges einen kleinen Wald frei, der in dieser sonst baumlosen Gegend wie ein Fossil aus vergangener Zeit erschien.
       Obwohl Marvin seine Fassung wieder gefunden hatte kostete es ihn doch einige Überwindung, einen etwas unsicheren Seitenblick in Richtung Moor zu werfen. Hier lag noch der Nebel, aber es sah so aus, als würde er sich an einer bestimmten Stelle, nicht sehr weit von dem recht gut befestigten Fahrweg entfernt, zu einer Form zusammenballen.
       Hastig schaute Marvin wieder weg. Er wollte es eigentlich gar nicht so genau sehen, denn er spürte schon wieder die Gänsehaut, die er auch beim Anblick der Erscheinung gehabt hatte. Deshalb war er froh, dass sein Pferd anscheinend nichts zu bemerken schien und geduldig weiter trabte.
       Devils Rock hieß die ganze Gegend hier am Moor, die nach dem riesigen Findling benannt wurde. Dazu gehörte ein alter Wald mit zum Teil morschem Baumbestand, den es schon vor weit über hundert Jahren gegeben hatte. Zahlreiche Sagen rankten sich um diese Gegend, und an manchen Tagen konnte man die geheimnisvolle Ausstrahlung fast körperlich fühlen, die diesen Ort verzauberte.
       Gleich hatte er es geschafft. In der Ferne konnte er schon die halb zerfallenen Grundmauern von Fairy House sehen, das früher einmal einem entfernten Verwandten der McGregors gehört hatte. Nach seinem Ableben hatte niemand mehr darin gewohnt, und so war es Stück für Stück verwittert und nun zu einer Ruine geworden.
       Ein letzter Blick aufs Moor, ein leises Abschiednehmen von der Erscheinung, die ihn so sehr beeindruckt hatte. Marvin drehte den Kopf zur Seite, ein wenig nach hinten, und da stand sie mit Blickrichtung zu ihm. Sie fühlte sich traurig an, einsam, und sie schien dem Nebelballen entsprungen zu sein, der wie eine milchige Suppe um sie herum wabberte.
       Marvin wischte sich über die Augen. Eben noch war er der festen Überzeugung gewesen, sich das alles nur eingebildet zu haben. Und jetzt stand sie da, als wollte sie ihm ein letztes Mal zuwinken.
       Als Marvin die Augen wieder aufmachte, war sie verschwunden, ebenso der Nebel, der sich in Nichts aufgelöst hatte, als hätte es ihn nie gegeben.
       Verwirrt versuchte der Arzt, sich auf den Weg zu konzentrieren, der noch vor ihm lag. Es ging nur langsam, denn die hohen Räder bohrten sich in den erdigen Grund, der vom vergangenen Regen aufgeweicht war.
       Als er endlich das Farmhaus seines Patienten erreichte, stand der Mann bereits an der Türe. Er sah unglücklich aus, denn seine Frau, Marvins Patientin, war vor zwei Stunden gestorben.
       Und jetzt wusste Marvin auch wieder, was er über diese Erscheinung gehört hatte. Sie kündigte Unglück an, Tod und Verzweiflung. Dennoch war er noch nicht bereit, daran zu glauben. Er hatte etwas gesehen, das konnte er nicht leugnen. Aber das konnte genauso gut nur der Nebel gewesen sein, der ihm eine Erscheinung vorgegaukelt hatte.
       Mit dieser Erklärung konnte Marvin leben. Sie beruhigte ihn, zumindest für einen kurzen Augenblick.
     
    4. Kapitel
     
       Das gleichmäßige Rattern der Räder bohrte sich wie ein dumpfer Gegenstand in Charlenes Kopf. Sie konnte es kaum mehr erwarten, bis sie endlich am Ziel waren. Doch heute würde das nicht mehr sein. Ashton hatte einen kleinen Gasthof am Ortsrand gewählt, wo sie die Nacht verbringen würden, die sich bereits am Horizont mit dunklen Wolkenstreifen ankündigte.
       "Ist es noch weit?", fragte Christina und hatte große Mühe, die Augen offen zu halten. "Ich kann nicht mehr sitzen."
       Charlene lächelte krampfhaft. Auch ihr tat jeder Knochen weh, und sie hatte nur noch eine einzige Sehnsucht, nämlich die nach einem Bett, in dem sie sich ausstrecken konnte.
       "Wir müssten es gleich geschafft haben." Ashton mochte nicht zugeben, dass auch er sich wie zerschlagen fühlte nach der langen Fahrt. Er lehnte sich ein wenig aus dem Fenster. "Wo sind wir, Pete?", fragte er den Kutscher und musste laut rufen, um gegen das laute Knirschen der Räder anzukämpfen.
       "Wir haben es gleich geschafft, Sir", antwortete Pete, ohne sich umzudrehen. "Ich kann schon die Lichter des Gasthauses

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