Die weiße Frau von Devils Rock
war Peter wie ausgewechselt. Er gewann fast nie, und wenn doch, dann nur so kleine Summen, die die eingesetzten Beträge niemals erreichten.
Zitternd presste die junge Frau ihre Hand an die Brust, dort, wo das Herz schmerzhaft gegen die Rippen pochte. Sie wusste, dass sie nicht mehr länger zögern durfte. Sie musste zurück zu Peter, denn inzwischen traute sie ihrem Mann nicht mehr. Wenn er zornig war, machte seine starke Hand auch vor Thissa nicht Halt.
Die großen Steine stachen spitz durch die dünnen Sohlen ihrer groben Schuhe. Doch davon ließ sich Serena nicht abhalten. Der Regen wurde immer stärker, und sie spürte die kalten Tropfen bereits auf ihrer Kopfhaut.
Mit beiden Händen raffte sie ihren Rock ein wenig hoch, um rascher voran zu kommen. Ein paar Schritte noch, dann hatte sie das Haus erreicht. Peter war inzwischen ein Stück den Hügel hinauf gegangen, um nach seiner Frau Ausschau zu halten. An seinem forschen Schritt konnte man merken, wie zornig er war.
Thissa, das magere kleine Mädchen, hatte sich auf einen der Felsbrocken gesetzt. Ihre Haltung drückte Angst und Resignation aus. Die Arme hatte sie vor der Brust ineinandergeschlungen, als würde sie nur darauf warten, die Wut des Vaters erneut ertragen zu müssen.
Peter Barrymore blieb stehen. Er schwankte und konnte sich nur mit Mühe gerade halten. Schließlich drehte er sich um und entdeckte Serena, die auf Thissa zu rannte und dabei die Arme weit ausbreitete.
Er holte tief Luft, spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. Abrupt änderte er seine Richtung, marschierte auf Serena zu, die sich schützend vor ihrer Tochter aufbaute.
In geringem Abstand blieb er vor ihr stehen. Sein Blick sprühte Funken, seine Hände hatte er zu Fäusten geballt. "Wo warst du?"
Ein unangenehmer Geruch nach Whiskey nahm Serena für einen Moment lang den Atem. Sie ahnte, dass es wieder einmal ein sehr schwerer Abend werden würde. Hoffentlich fand Peter nicht das Geld, das sie in ihrem Mieder versteckt hatte. Es sicherte für sich und Thissa das Leben für die nächsten zwei Wochen. Doch wenn es Peter in die Hände fiel, dann konnte sie es vergessen.
"Ich war im Castle", antwortete sie atemlos und war erleichtert darüber, dass es zum Teil sogar der Wahrheit entsprach. "Sie brauchten jemanden in der Küche, und da hab ich geholfen."
Das verzerrte Gesicht des Mannes entspannte sich etwas. "Hast du etwas bekommen?"
Serena schüttelte den Kopf und versuchte, ihm nicht die entsetzliche Angst zu zeigen, die sie empfand. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er ihre Kleidung nach Geld untersucht und dabei zerrissen hätte.
Peter starrte sie aus wässrigen Augen an. „Sie geben dir nie etwas“, knurrte er böse. "Mein Onkel ist ein alter Geizkragen. Kein Wunder, ist Laird Andrew überall verhasst. Ich werde mit ihm reden, wenn ich mal wieder auf Rochester Castle bin."
"Bitte nicht", flüsterte Serena und wagte kaum den Blick zu heben. "Du kennst deinen Onkel, Peter, und weißt, dass er sehr böse werden kann, wenn man etwas von ihm will."
Peter grinste. "Dann musst du eben nächstes Mal auf deinem Lohn bestehen." Er leckte sich über die Lippen. "Einer schönen Frau kann der keinen Wunsch abschlagen. Wozu hab ich so eine schöne Frau geheiratet? Nur damit sie zuhause herumsitzt?" Er packte sie am Arm und zog sie mit sich. "Mach was zu essen, ich hab Hunger."
Die junge Frau warf Thissa einen beschwörenden Blick zu. Das Mädchen verstand sofort auch ohne Worte und stand auf. Mit gesenktem Kopf folgte es den Eltern zum Haus.
Serena ging zum Herd und überlegte, wie sie mit dem Wenigen, das sie noch besaßen, ihrem Mann ein Essen zaubern konnte. Plötzlich spürte sie, wie sich von hinten zwei Hände um ihre Hüften legten und sie wie ein Schraubstock festhielten.
Sie zuckte erschrocken zusammen. "Nicht, Peter", bat sie mit bebender Stimme. "Denk an das Kind. Ich möchte nicht, dass Thissa…"
"Immer nur das Kind. Ich hab es satt", knurrte der Mann böse. Seine Lippen streichelten ihren Nacken, doch es war keine Liebe in diesen Berührungen sondern nur Begehren. "Ich hab eine Frau und hab doch keine." Grob drehte er sie zu sich herum. Mit einer Hand versuchte er, ihr Mieder zu öffnen.
In diesem Moment geschah es. Das Beutelchen mit den Geldstücken, das ihr Laird Andrew nach der zärtlichen Stunde zugesteckt hatte, fiel mit lautem Scheppern zu Boden.
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