Die weiße Frau von Devils Rock
Ashton so eine wunderbare Familie, die ihn liebte und sich nach ihm sehnte. Er jedoch zog sich immer mehr zurück in sein Schneckenhaus und kümmerte sich um nichts mehr, verschwand einfach bei Nacht und Nebel, und keiner wusste, wohin er gegangen war.
"Was ist nur los mit ihm?", fragte er aus seinen Gedanken heraus.
Charlene schüttelte kaum merklich den Kopf. "Ich weiß es nicht", antwortete sie leise. Sie drehte ihm ihr Gesicht zu und schaute ihn im spärlichen Licht der aufgehenden Sonne an. "Ich weiß es wirklich nicht."
Ihre Blicke fanden sich und ihre Lippen ebenfalls. Es war der Kuss einer verzweifelten Frau und eines einsamen Mannes. Er war so süß und zärtlich wie ein Kuss nur sein kann. Sie klammerten sich wie Ertrinkende aneinander und schworen sich wohl in diesem Augenblick, einander nie wieder los zu lassen.
In der Ecke neben der Tür stand eine durchscheinende Frauengestalt, die sie die ganze Zeit über beobachtet hatte. Ihr Mienenspiel hatte gewechselt von hoffnungsvoll, als man noch nicht gewusst hatte, ob Christina das schwere Fieber überleben würde, bis enttäuscht, als sie es geschafft hatte zu überleben.
Jetzt jedoch, als sie sah, wie Charlene und Marvin sich küssten, glitt ein zufriedenes Lächeln über ihre Lippen. Sie trat unbemerkt an das Bett des Mädchens und schaute es an, viele Herzschläge lang, und es war wie eine kleine Ewigkeit. Dann legte sie ihre durchscheinende Hand auf die Stirne des Kindes und verharrte eine ganze Zeitlang so. Es schien, als würde sie sich gedanklich mit der Schlafenden unterhalten.
Christina bewegte sich ein wenig, sie zog die Hand ein Stückchen zurück, legte sie jedoch gleich darauf an ihre Wange. "Wir bleiben für immer und ewig zusammen. Endlich können wir das Leben leben, das das Schicksal für uns vorgesehen hat." Unendliche Liebe lag in ihrem Blick.
Christina öffnete die Augen ein wenig. Was hatte sie geweckt? Sie blinzelte, weil ein Sonnenstrahl sie blendete, der vorwitzig ins Zimmer strahlte. Sie sah schemenhaft neben sich zwei Menschen, die sich innig umarmt hielten und nahm an, es seinen Mum und Dad. Das machte sie richtig glücklich.
Doch da war noch eine andere Person, eine wunderschöne Frau, die an ihrem Bett saß und ihre Hand jetzt auf die Bettdecke gelegt hatte, als wollte sie damit demonstrieren, dass sie hier alle Rechte der Welt besaß. "Wer bist du?" Christina sprach es nicht aus, die Frage war lediglich in ihrem Kopf. Sie suchte in den dunklen Augen, die von einem dichten Wimpernkranz umgeben waren, nach der Antwort.
Die blassen Lippen der Frau bewegten sich kaum, und die leise Antwort, so verschwommen wie der Hauch des Windes, drang an ihr Ohr. "Ich bin deine wirkliche Mutter."
Christina riss ihre Augen weit auf, sie wollte wissen, wer ihr so eine Antwort gab. Doch die Erscheinung war verschwunden. Unbemerkt wie sie gekommen war, so war sie auch wieder gegangen, wie ein Schatten, wie ein einsamer Traum, der keine Heimat findet.
"Mummy", flüsterte Christina, und in ihrer Stimme lag ein leises Schluchzen. Sie wollte die Frau wiedersehen, ihre Augen, die so unendlich sanft geblickt hatten, so liebevoll und zärtlich, wie sie es noch nie zuvor erlebt hatte. Dabei war Charlene eine wundervolle Mutter, die sie für nichts in der Welt hergeben würde. "Mummy, wo bist du?"
Charlene machte sich hastig von Marvin los, dann setzte sie sich an den Bettrand und nahm Christinas Hand in die ihre. "Es ist alles in Ordnung, Chrissi", flüsterte sie. "Schlaf weiter, Darling. Es wird alles gut. Mummy ist ja hier."
Christinas Gesicht entspannte sich wieder, um ihre blassen Lippen glitt ein seliges Lächeln. "Ja, sie ist hier", antwortete das Mädchen. Aber es schaute an der Mutter vorbei, dorthin, wo die durchscheinende Frau stand und schweigend zu ihr herüber blickte. Über die porzellanfarbenen Wangen der Erscheinung liefen Tränen, doch das konnte man nicht erkennen, nur fühlen.
Und Christina fühlte es.
11. Kapitel
"Was hat es eigentlich mit dieser Geschichte auf sich, die man sich über Dragon House erzählt?", fragte Lady Angela am Abend ihren Mann Ian, nachdem sie die beiden Kinder endlich im Bett hatte. "Ich habe heute die alte Penny darüber reden hören, dass die neuen Mieter schon noch das Fürchten lernen würden."
"Ach, auf die Worte der alten Frau musst du nichts geben", antwortete Ian McGregor ausweichend und versuchte, sich auf
Weitere Kostenlose Bücher