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Die weiße Frau von Devils Rock

Die weiße Frau von Devils Rock

Titel: Die weiße Frau von Devils Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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Eigenschaften.
     
    12. Kapitel
     
       Wie ein graues Leichentuch lag die Nacht über den Highlands. Kein Stern stand am Himmel. Nur ein blasser Mond war in den dunklen Wolkenbergen zu erahnen. Stille herrschte, unerträgliche Stille. Dragon House hob sich düster gegen den grauen Hintergrund ab. Das Haus wirkte wie eine kleine Festung, die der Atem der Vergangenheit vergessen hatte zu verwehen. Wenn man genau hinschaute konnte man schemenhaft eine Gestalt erkennen, die aufgeregt hin und her lief.
       "Peter, wo bist du", schien sie zu hauchen, und die zarte Frauenstimme vermischte sich mit dem Rauschen des Windes, der schon seit dem frühen Abend anhielt. "Thissa, mein Kind…" Das Rufen wurde zu leisem Schluchzen. Jetzt schwebte die Gestalt die kleine Anhöhe hinauf und hielt wieder inne. Sie drehte sich um, ihr langes Haar bewegte sich im Wind und verdeckte immer wieder ihr schönes Gesicht. Große Augen schwammen in Tränen, die nur zu erahnen waren.
       "Peter", hauchte die Frau fast tonlos. "Wo bist du, Peter? Ich habe unser Kind gefunden. Jetzt können wir alle zusammen endlich wieder glücklich sein. Peter…" Die Frau hielt inne und lauschte. Doch nichts geschah, niemand antwortete ihr. Nur der Nachtwind streichelte über ihre langen Haare, zupfte an ihrem weiten, nur wenig gebauschten Rock und summte geheimnisvoll eine schwermütige Melodie.
       Dann war die Gestalt bei dem toten, knorrigen Baum angekommen, der nur noch wenige dickere Äste in die Luft streckte als wollte er hilfesuchend um Vergebung bitten. Die Frau hielt einen Moment lang inne, schließlich brach sie schluchzend unter dem Baum zusammen …
     
       Stöhnend wälzte sich der Mann in seinem Bett von einer Seite auf die andere. Er fühlte sich gefangen, ohne den Grund dafür zu kennen. Auf seiner hohen Stirne stand der kalte Schweiß. Er drehte den Kopf zur Seite. Im Schein der niedrig gedrehten Öllampe am gegenüber liegenden Tischchen betrachtete er das edle Profil des Gesichtes seiner Frau. Ein warmes Gefühl strömte zu seinem Herzen, als er sich vorstellte, wie er zärtlich diesen Mund geküsst, das blonde Haar leidenschaftlich gestreichelt hatte.
       Und doch war da noch ein anderes Gefühl, das er in diesem Moment nicht zu deuten wusste. Eine Liebe, eine Leidenschaft, die er für Charlene noch nie empfunden hatte. Sie gehörte einer Frau, an deren Gesicht er sich nicht einmal mehr erinnern konnte. Es war nur dieser innige, heiße Schmerz, diese unerklärliche Sehnsucht in seinem Innern, die ihm sogar das Atmen verwehrte.
       Hastig sprang er aus dem Bett und stürmte zum Fenster. Er legte seine Stirne an das kühle Glas und schloss die Augen. Das Blut rauschte in seinen Ohren und klang wie das Heulen des Sturmes, der ihm die Gedanken aus dem Kopf reißen wollte. "Serena", stöhnte Ashton verzweifelt. "Serena, wo bist du? Was hab ich getan?" Er schluchzte verhalten und wusste nicht einmal weshalb.
       "Ashton, was ist los?"
    Charlenes verschlafene Stimme holte ihn aus seinem Alptraum. Erschrocken zuckte er zusammen und unterdrückte das verzweifelte Weinen, das ihn gerade wieder überfallen wollte. Er wischte sich über das Gesicht und räusperte sich.
       "Ashton…"
    "Es ist nichts, Darling", antwortete er und räusperte sich erneut. "Ich glaube, ich hab mir eine Erkältung eingefangen. Vielleicht hab ich mich bei Christina angesteckt." Er drehte sich nicht um, weil er fürchtete, dass seine Frau trotz Dunkelheit merken könnte, dass er geweint hatte.
       Charlene richtete sich auf.
       "Bleib liegen, es ist kalt", fuhr er sie heftig an. "Ich werde mich anziehen und ein Stück laufen, damit ich wieder müde werde." Entschlossen stieg er in seine Kleidung, ohne auf Charlenes Einwand einzugehen. "Kümmere dich lieber um Christina, nicht dass sie einen Rückfall bekommt. Du weißt, was Marvin gesagt hat."
       Die Frau schlüpfte in ihren kuscheligen Morgenmantel. Irgendetwas stimmte nicht, das konnte sie genau spüren. Aber sie hatte inzwischen auch genügend Erfahrung mit Ashtons Launen, um zu wissen, dass es nichts einbrachte, wenn sie weiter auf ihn einredete. Solange er in diesem Zustand war, konnte man ihn nicht einschätzen.
       "Sei bitte vorsichtig", sagte sie nur, dann lief sie eilig die Treppe nach oben zu Christina. Seit ihre Tochter diese schlimme Erkältung hatte und sie zusammen mit Dr. Marvin Rowland an ihrem Bett gewacht hatte, war nichts mehr wie vorher. Immer wieder musste sie an den jungen

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