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Die weiße Macht

Die weiße Macht

Titel: Die weiße Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich der Tiber wie eine Schlange. Das weniger belebte Gebiet blieb zurück, Häuser ballten sich zu beiden Seiten des Ufers zusammen.
    An der rechten Seite erschien der mächtige Turm der Basilica di San Paolo, die große Linksschleife folgte, der sich wenig später eine rechte anschloß.
    Sie waren bereits unter mehreren Brücken hindurchgefahren und näherten sich nun der Ponte Sublicio. Der Monsignore sah den Verkehr auf den Uferstraßen, gar nicht mal weit entfernt, doch für ihn unerreichbar wie ein Fixstern.
    Seine Furcht stieg.
    Er wollte auch nicht mehr aus dem Fenster schauen, Rom haßte er plötzlich, denn diese Stadt konnte sehr leicht zu seinem Grab werden.
    Dabei hatte er sie immer über alle Maßen geliebt, und plötzlich kam ihm die Idee, in ein Gebet zu flüchten. Es würde ihm die nötige Kraft geben, das wußte er genau.
    Bentini kniete sich hin. Er senkte den Kopf, konzentrierte sich einige Sekunden lang, bis ihm die passenden Worte eingefallen waren, die er durch eigene Interpretationen noch erweiterte.
    Es gibt Menschen, die über Gebete lachen. Dumme Menschen, die nie etwas von ihrer Kraft erfahren haben. Bentini machte wieder einmal die gegenteilige Erfahrung. Er spürte, wie ihn die Worte aufbauten und wie sich seine Furcht vor der Zukunft zurückzog.
    Auch wenn er es nicht schaffen würde, er wollte nicht aufgeben. Er würde dem Bösen den Kampf ansagen, das stand für ihn fest, auch wenn seine leibliche Tochter mitmischte.
    Trotz des tiefen Gebets spürte er, daß sich etwas verändert hatte. Er schreckte hoch und lauschte. Ja, jetzt wußte er Bescheid.
    Die Yacht hatte an Fahrt verloren. Nur sehr langsam schob sie sich durch die Fluten, und er rechnete damit, daß sie das Ziel so gut wie erreicht hatten.
    Der Mann kniete noch immer am Boden, als die Tür aufgeschlossen und dann wuchtig aufgestoßen wurde. Er drehte den Kopf und schaute in das spöttisch lächelnde Gesicht seiner Tochter.
    »Du betest?«
    »Ich habe gebetet, und ich hätte dir schon früher raten sollen, es auch zu tun.«
    »Das ist vorbei. Du hast uns ja im Stich gelassen.«
    »Warum bist du gekommen?«
    Sie winkte ab. »Ich weiß ja, daß du mich nicht gern siehst, aber ich wollte dir nur mitteilen, daß wir so gut wie am Ziel sind.«
    »Es interessiert mich nicht.«
    »Das sollte es dich aber.«
    »Und wo wird es sein?«
    »Es ist die Isola Tiberina.«
    Für einen Moment blieb der Monsignore stumm. Dann fragte er:
    »Tatsächlich die Insel?«
    »Ja.«
    Er hatte bisher gekniet, stemmte sich nun hoch. Amelia lächelte ihn kalt an. »Dort befindet sich dieses… dieses Haus?«
    Das Lächeln der Frau verwandelte sich in ein regelrechtes Stehlen.
    »Sogar an exponierter Stelle, mein Lieber. Gar nicht mal weit von einer Kirche entfernt und auch ziemlich nahe der Anlegestelle. Ich wollte dir dies nur mitteilen, damit du nicht denkst, wir hätten die Stadt verlassen oder dich entführt.«
    »Wann kann ich an Deck?«
    »Jetzt. Ich nehme dich mit.« Sie streckte ihrem Vater eine Hand entgegen, die der geflissentlich übersah. Er wollte nicht so tun, als wäre nichts geschehen. Seine Tochter und ihn trennten Welten, zwischen ihnen lagen Abgründe.
    Amelia blieb stets dicht bei ihm, und am Ende des Ganges erwartete sie ein breit grinsender Lorenzo Amber. Seine Gestalt schwankte ein wenig, als das Boot anlegte und über die Reifen scheuerte. Der Monsignore hörte fremde Stimmen, die irgendwelche Kommandos riefen, und erst als ein »Okay« nach unten gerufen wurde, gab Amber den Weg frei.
    Er ging vor Bentini. Dessen Tochter blieb in seinem Rücken. Es war ein schwerer Gang für den Monsignore, und er hatte den Eindruck, vor einer neuen Phase seines Lebens zu stehen, das ihm wahrhaftig keinen Spaß mehr machte.
    Eine bedrückende Furcht hielt ihn umklammert. Es war schon spät geworden, die Sonne stand schräg am Himmel. Ihr Ball hatte sich zudem etwas verfärbt. Als großes Auge wachte sie noch über der Ewigen Stadt und dem Fluß.
    Die Luft stand. Die unmittelbare Nähe des Wassers brachte kaum Kühlung. Über einen Steg konnte die Insel erreicht werden. Tatsächlich entdeckte Bentini die Mauern einer Kirche. Sie war von einem kleinen Grüngürtel umgeben.
    Er schaute zum Fluß zurück.
    Ein helles, kleineres Boot fiel ihm auf. Ein junger Mann mit nacktem Oberkörper steuerte es in den kleinen Hafen, wo er nach einer passenden Stelle suchte, um anzulegen.
    Hilfe konnte er nicht erwarten. Es hatte auch keinen Sinn, danach zu rufen.

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