Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Weisse Massai

Die Weisse Massai

Titel: Die Weisse Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
Vom Netzwerk:
ihm gut gehe. Er behauptet, außer daß sein Herz stark klopfe und das Blut rausche, sei alles okay. Ich versuche, diese Worte zu interpretieren und komme doch nicht weiter. Er geht ständig ums Haus oder läuft im Village herum. Dann plötzlich steht er wieder da und kaut sein Kraut. Er wirkt fahrig und ruhelos. Wie kann ich ihm nur helfen? Sicher, das viele Miraa schadet ihm, aber ich darf es ihm doch nicht einfach wegnehmen!
    Nach zwei Stunden hat er endlich alles aufgegessen, und ich hoffe, daß er schlafen kommt und morgen der ganze Spuk vorbei ist. Er legt sich wirklich ins Bett, doch er findet keine Ruhe. Ich wage nicht, ihn zu berühren, statt dessen quetsche ich mich an die Wand und bin froh, daß das Bett so groß ist. Nach kurzer Zeit springt er auf und sagt, er könne nicht mit mir im selben Bett schlafen. Sein Blut rausche wie verrückt, und er glaube, sein Kopf zerspringe. Er will raus. Verzweiflung überkommt mich: »Darling, where you will go?« Er gehe zu den anderen Massai schlafen, und mit dieser Bemerkung ist er weg. Ich bin niedergeschlagen und wütend zugleich. Was haben die nur mit ihm gemacht in Ukunda, frage ich mich. Die Nacht will nicht enden. Lketinga kommt nicht mehr. Ich weiß nicht, wo er schläft.

Krank im Kopf
    Beim ersten Sonnenstrahl stehe ich total gerädert auf und wasche mein verquollenes Gesicht. Dann gehe ich zu Priscillas Häuschen. Es ist nicht verschlossen, also ist sie da. Ich klopfe und rufe leise: »Ich bin’s, Corinne, please open the door, I have a big problem!« Völlig verschlafen kommt Priscilla heraus und schaut mich erschrocken an. »Where is Lketinga?« fragt sie. Krampfhaft halte ich die aufsteigenden Tränen zurück und erzähle ihr alles. Sie hört aufmerksam zu, während sie sich anzieht und sagt, ich solle warten, sie gehe zu den Massai, um nachzusehen. Nach zehn Minuten ist sie zurück und erklärt, wir müßten warten. Er sei nicht dort, habe auch nicht bei ihnen geschlafen und sei in den Busch gelaufen. Er käme bestimmt, wenn nicht, gingen andere ihn suchen. »Was will er im Busch?« frage ich verzeifelt. Wahrscheinlich habe er durch das Bier und das Miraa Störungen im Kopf. Ich solle Geduld haben.
    Er taucht aber nicht auf. Ich gehe in unser Häuschen zurück und warte. Dann, gegen zehn Uhr, erscheinen zwei Krieger und bringen mir einen völlig erschöpften Lketinga. Jeder der beiden hat einen Arm von ihm über den Schultern. So schleppen sie ihn ins Haus und legen ihn aufs Bett. Dabei wird hin- und herdiskutiert, und es macht mich rasend, daß ich nichts verstehe. Er liegt apathisch da und starrt an die Decke. Ich spreche ihn an, aber er erkennt mich offensichtlich nicht. Er blickt durch mich hindurch und schwitzt am ganzen Körper. Ich bin einer Panik nahe, denn ich kann mir das alles nicht erklären. Auch die anderen sind ratlos. Sie haben ihn im Busch unter einem Baum gefunden und berichten, er sei Amok gelaufen, deshalb sei er so erschöpft. Ich frage Priscilla, ob ich einen Arzt holen soll, doch sie entgegnet, es gebe nur einen hier am Diani Beach und der komme nicht hierher. Man muß zu ihm gehen. Das allerdings ist in diesem Zustand ausgeschlossen.
    Lketinga schläft wieder und phantasiert wirres Zeug von Löwen, die ihn angreifen. Er schlägt wild um sich, und die beiden Krieger müssen ihn festhalten. Der Anblick bricht mir fast das Herz. Wo ist mein stolzer, fröhlicher Massai geblieben? Ich kann nur noch heulen. Priscilla schimpft: »Das ist nicht gut! Man weint nur, wenn jemand gestorben ist.«
    Erst im Laufe des Nachmittags kommt Lketinga zu sich und sieht mich verwundert an. Ich lächle ihn glücklich an und frage vorsichtig: »Hello, darling, you remember me?« »Why not, Corinne?« gibt er schwach zurück, schaut zu Priscilla und fragt, was los sei. Sie reden miteinander. Er schüttelt den Kopf und glaubt selbst nicht, was er hört. Ich bleibe bei ihm, während die anderen ihrer Arbeit nachgehen. Er habe Hunger, aber auch Bauchschmerzen. Auf meine Frage, ob ich etwas Fleisch holen soll, antwortet er: »Oh yes, it’s okay.« Hastig mache ich mich auf den Weg zum Meat-Stand und eile zurück. Lketinga liegt schlafend im Bett. Nach etwa einer Stunde, als das Essen zubereitet ist, versuche ich ihn zu wecken. Er schlägt die Augen auf und starrt mich erneut verwirrt an. Was ich von ihm wolle, wer ich überhaupt sei, fährt er mich barsch an. »I’m Corinne, your girlfriend«, ist meine Antwort. Immer wieder fragt er mich, wer ich sei. Ich

Weitere Kostenlose Bücher