Die Weisse Massai
Maralal, um zwei Trauzeugen zu finden. Doch das ist nicht so einfach. Diejenigen, die Lketinga kennt, können nicht schreiben oder verstehen kein Suaheli oder Englisch. Sein Bruder ist zu jung, wieder andere haben Angst, in das Office zu kommen, weil sie nicht verstehen, wofür das alles gut ist. Erst am nächsten Tag treffen wir zwei Morans mit Mombasa-Erfahrung, die außerdem im Besitz eines Ausweises sind. Sie versprechen, in den nächsten Tagen in Maralal zu bleiben.
Als wir nachmittags wieder im Office erscheinen, liegt dort tatsächlich Lketingas Ausweis bereit. Er muß nur noch seinen Fingerabdruck daruntersetzen, und wir begeben uns zum »Standesamt«, um einen Termin zu bekommen. Der Beamte prüft meinen Paß sowie die Bescheinigung, daß ich noch ledig bin. Ab und zu stellt er Lketinga auf Suaheli einige Fragen, die er anscheinend nicht immer versteht. Er wird nervös. Ich wage zu fragen, wann der Termin nun sei und gebe auch gleich die Namen der Trauzeugen bekannt. Der Beamte meint, wir müßten beim District-Officer direkt vorsprechen, denn nur dieser könne die Trauung vornehmen.
Wir setzen uns in die Reihe der wartenden Menschen, die alle diesen wichtigen Mann sprechen wollen. Nach gut zwei Stunden können wir hinein. Hinter einem mondänen Schreibtisch sitzt ein massiger Mensch, dem ich unsere Papiere auf den Tisch lege und erkläre, daß wir um einen Heiratstermin ersuchen. Er blättert in meinem Paß und fragt, weshalb ich einen Massai heiraten wolle und wo wir leben würden. In der Aufregung fällt es mir schwer, richtige englische Sätze zu bilden. »Weil ich ihn liebe und wir uns in Barsaloi ein Haus bauen wollen.« Seine Blicke wandern eine Weile zwischen Lketinga und mir hin und her. Endlich sagt er, wir sollten in zwei Tagen um vierzehn Uhr mit den Trauzeugen hier sein. Freudig bedanken wir uns und gehen hinaus.
Alles läuft auf einmal so normal, wie ich es mir nicht im Traum erhofft hätte. Lketinga kauft Miraa und setzt sich mit einem Bier ins Lodging. Ich rate ihm ab, doch er meint, er brauche dies nun. Gegen neun Uhr klopft es an die Tür. Draußen steht unser Begleiter. Auch er kaut Miraa. Wir sprechen alles nochmal durch, doch je länger der Abend dauert, desto unruhiger wird Lketinga. Er zweifelt, ob es richtig ist, so zu heiraten. Er kenne niemand, der dies auf dem Office macht. Jetzt bin ich froh, daß ihm der andere alles erklärt. Lketinga nickt nur. Wenn nur die zwei Tage gut vergehen, ohne daß er durchdreht! Solche Officebesuche erträgt er sehr schlecht.
Am nächsten Tag suche ich Jutta und Sophia auf und treffe beide an. Sophia lebt richtig feudal in einem Zwei-Zimmer-Haus mit elektrischem Licht, Wasser und sogar einem Kühlschrank. Beide freuen sich über unsere Hochzeit und versprechen, morgen um vierzehn Uhr beim Office zu sein. Sophia leiht mir eine hübsche Haarspange und eine tolle Bluse. Für Lketinga kaufen wir zwei schöne Kangas. Wir sind bereit.
Am Morgen unseres Hochzeitstages werde ich doch etwas nervös. Unsere Trauzeugen sind bis zwölf Uhr immer noch nicht hier und wissen nicht einmal, daß in zwei Stunden ihre Anwesenheit erforderlich ist. Deshalb müssen wir zwei andere finden. Jomo kommt nun doch zum Zug, was mir mittlerweile egal ist, wenn wir nur eine zweite Person finden. In meiner Verzweiflung frage ich unsere Lodging-Wirtin, die sofort begeistert zustimmt. Um vierzehn Uhr stehen wir vor dem Office. Sophia und Jutta sind zur Stelle, sogar mit Fotoapparaten. Wir sitzen auf der Bank und warten mit einigen anderen Leuten. Die Stimmung ist etwas gespannt, und Jutta foppt mich ständig. Tatsächlich habe ich mir die Minuten vor meiner Hochzeit etwas feierlicher vorgestellt.
Eine halbe Stunde ist bereits vergangen, wir werden nicht aufgerufen. Leute gehen hinein und kommen heraus. Einer fällt mir besonders auf, da er schon zum dritten Mal hineingeht. Die Zeit verstreicht, und Lketinga regt sich auf. Er befürchtet, ins Gefängnis zu müssen, falls mit den Papieren etwas nicht in Ordnung ist. So gut es geht, versuche ich, ihn zu beruhigen. Wegen des Miraakonsums hat er fast nicht geschlafen. »Hakuna matata, wir sind in Afrika, pole, pole«, sagt Jutta, als plötzlich die Tür aufgeht und Lketinga und ich hereingebeten werden. Die Trauzeugen müssen warten. Jetzt wird auch mir etwas mulmig.
Der District-Officer sitzt wieder an seinem feudalen Pult, und am langen Tisch vor ihm befinden sich zwei weitere Männer. Einer von ihnen ist derjenige, der ständig
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