Die Weisse Massai
Lketinga ist es peinlich, denn die ersten Passanten bleiben stehen. Er will mich weiterziehen, doch ich schaffe es nicht, ohne gestützt zu werden. Sie schleppen mich in Richtung Lodging.
Plötzlich bekomme ich Platzangst. Die Leute, die mir entgegenkommen, verschwimmen vor meinen Augen. Und diese Gerüche! An jeder Ecke brät jemand Fisch, Maiskolben oder Fleisch. Mir ist schlecht. Wenn ich nicht sofort von dieser Straße wegkomme, muß ich mich auf der Stelle übergeben. Eine Bierbar ist in der Nähe. Wir gehen hinein. Ich will ein Bett. Zuerst wollen sie mir keines geben, doch als unser Begleiter sagt, daß ich nicht mehr gehen kann, führen sie uns in den oberen Stock in ein Zimmer.
Es ist ein typisches Stundenhotel. Im Zimmer hört man das Gedudel der Kikuyu-Musik fast so laut wie im unteren Stock an der Bar. Ich lasse mich auf das Bett fallen, und augenblicklich ist mir übel. Ich deute an, daß ich erbrechen muß. Lketinga stützt mich und schleppt mich zur Toilette. Doch ich schaffe es nicht mehr. Schon im Gang stürzt die erste Fontäne aus meinem Mund. Auf der Toilette geht es weiter. Ich würge, bis nur noch gelbe Galle kommt. Mit schlotternden Beinen kehre ich ins Zimmer zurück. Mir ist die Schweinerei peinlich. Ich lege mich ins Bett und habe das Gefühl zu verdursten. Lketinga besorgt mir Schweppes. Ich leere die Flasche in einem Zug, dann noch eine und noch eine. Plötzlich friere ich. Ich friere, als säße ich in einem Kühlschrank. Es wird immer schlimmer. Meine Zähne klappern so sehr, daß mein Kiefer schmerzt, aber ich kann es nicht abstellen. »Lketinga, I feel so cold, please give me blankets!« Lketinga gibt mir die Decke, doch es nützt nichts. Jomo geht und bringt zwei weitere Decken vom Lodging. Trotz der vielen Decken hebt sich mein steifer, klappernder Körper vom Bett ab. Ich will Tee, ganz, ganz heißen Tee. Ich habe das Gefühl, es vergehen Stunden, bis ich ihn endlich bekomme. Weil ich so zittere, kann ich ihn kaum trinken. Nach zwei, drei Schlucken dreht sich mein Magen schon wieder um. Doch aus dem Bett kann ich nicht mehr. Lketinga eilt und holt eines der Waschbecken, die überall in den Duschen stehen. Ich erbreche alles, was ich getrunken habe.
Lketinga ist verzweifelt. Er fragt mich dauernd, was los sei, doch ich weiß es auch nicht. Ich habe Angst. Der Schüttelfrost hört auf, und ich falle wie Pudding in die Kissen. Mein ganzer Körper schmerzt. Ich bin so erschöpft, als wäre ich Stunden um mein Leben gerannt. Jetzt spüre ich, wie ich heiß werde. Nach kurzer Zeit bin ich am ganzen Körper patschnaß. Meine Haare kleben am Kopf. Ich habe das Gefühl, ich verglühe. Nun will ich kaltes Cola. Wieder stürze ich das Getränk hinunter. Ich muß auf die Toilette. Lketinga bringt mich hin, und schon geht der Durchfall los. Ich bin froh, daß Lketinga bei mir ist, obwohl er völlig verzweifelt ist. Wieder im Bett will ich nur schlafen. Ich kann auch nicht sprechen. Vor mich hindösend lausche ich den Stimmen der beiden, die leiser sind als das Gedudel unten an der Bar.
Ein neuer Anfall bahnt sich an. Die Kälte schleicht in meinen Körper, und kurz darauf klappere ich schon wieder. Voller Panik halte ich mich so gut es geht am Bett fest. »Darling, help me!« flehe ich. Lketinga legt sich mit seinem halben Körper auf mich, und ich zittere weiter. Unser Begleiter steht daneben und meint, ich hätte wohl Malaria und müsse in ein Spital. In meinem Kopf dröhnt es: Malaria, Malaria, Malaria! Von einer Sekunde zur anderen höre ich auf zu zittern und schwitze aus allen Poren. Die Bettlaken sind richtig naß. Durst, Durst! Ich muß trinken. Die Lodging-Vermieterin steckt den Kopf ins Zimmer. Als sie mich sieht, höre ich »Mzungu, Malaria, Hospital«. Doch ich schüttle den Kopf. Hier in Nairobi will ich nicht in ein Spital. Ich habe soviel Schlimmes gehört. Und dann Lketinga! Er ist verloren allein in Nairobi.
Die Zimmerwirtin geht und kommt mit Malariapulver zurück. Ich trinke es mit Wasser und bin müde. Als ich wieder erwache, ist alles dunkel. Mein Kopf brummt. Ich rufe Lketinga, doch niemand ist hier. Nach weiteren Minuten oder Stunden, ich weiß es nicht, kommt Lketinga ins Zimmer. Er war unten an der Bar. Ich rieche die Bierfahne, und schon dreht sich mein Magen von neuem. Während der Nacht löst ein Schüttelfrost den anderen ab.
Als ich am Morgen aufwache, höre ich die beiden diskutieren. Es geht um das Fest zu Hause. Jomo kommt ans Bett und fragt, wie es mir
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