Die Weisse Massai
spüre, wie mein Magen rebelliert. Nur jetzt nicht anhalten und kotzen, das kostet zu viel Energie. Der Schweiß läuft mir am Körper herunter. Ständig wische ich mir mit dem Handrücken über die Stirn, damit er mir nicht in die Augen tropft. Endlos dahinfahrend wende ich meine Augen keine Sekunde von der Straße ab.
Es wird Abend, und Lichter tauchen auf, wir sind in Maralal. Ich kann es kaum glauben, denn ich fuhr ohne jedes Zeitgefühl, und parke sofort bei unserem Lodging. Ich stelle den Motor ab und schaue Lketinga an. Dabei merke ich, wie leicht mein Körper wird, und dann ist alles dunkel.
Im Spital
Ich öffne die Augen und glaube, aus einem bösen Traum zu erwachen. Doch um mich blickend, merke ich, daß das Schreien und Stöhnen Wirklichkeit ist. Ich liege im Spital und befinde mich in einem riesigen Raum, in dem Bett an Bett steht. Links von mir liegt eine alte, ausgemergelte Samburu-Frau. Rechts von mir steht ein rosarotes Kinderbett mit Gitter. Darinnen schlägt etwas ständig ans Holz und schreit. Wo ich hinschaue, nichts als Elend. Warum bin ich im Spital? Ich verstehe nicht, wie ich hierher gekommen bin. Wo ist Lketinga? Panik ergreift mich. Wie lange bin ich schon hier? Draußen ist es hell, die Sonne scheint. Mein Bett ist ein Eisengestell mit dünner Matratze und schmuddligen, gräulichen Bettlaken.
Zwei junge Mediziner in weißen Kitteln gehen vorbei. »Hello!« Ich winke. Meine Stimme ist nicht laut genug. Das Gestöhne übertönt mich, und aufrichten kann ich mich nicht. Mein Kopf ist zu schwer. Tränen schießen mir in die Augen. Was soll das hier? Wo ist Lketinga?
Die Samburu-Frau spricht mit mir, doch ich verstehe nichts. Dann endlich sehe ich Lketinga auf mich zukommen. Sein Anblick beruhigt mich und macht mich sogar etwas froh. »Hello, Corinne, how you feel now?« Ich versuche zu lächeln und sage, nicht schlecht. Er berichtet mir, daß ich gleich nach unserer Ankunft ohnmächtig geworden bin. Unsere Zimmerwirtin hat sofort den Krankenwagen alarmiert. Und nun sei ich seit gestern abend hier. Er sei die ganze Nacht bei mir gewesen, doch ich sei nicht aufgewacht. Ich kann kaum glauben, daß ich von allem nichts mitbekommen habe. Der Arzt hat mir eine Spritze gegeben.
Nach einer Weile stehen die beiden einheimischen Mediziner neben dem Bett. Ich habe eine akute Malaria, doch machen können sie nicht viel, da es an Medikamenten fehlt. Lediglich Pillen geben sie mir. Ich solle viel essen und schlafen. Allein bei dem Wort Essen wird mir übel, und schlafen bei diesem Gestöhne und Kindergeschrei scheint mir auch unmöglich. Lketinga sitzt am Bettrand und schaut mich hilflos an.
Plötzlich steigt mir ein penetranter Geruch von Kohl in die Nase. Mein Magen dreht sich. Ich brauche irgendeinen Behälter. In meiner Verzweiflung greife ich zum Wasserkrug und erbreche mich. Lketinga hält den Krug und stützt mich, allein würde ich es kaum schaffen. Sogleich steht eine dunkle Krankenschwester neben uns, reißt mir den Krug weg und ersetzt diesen durch einen Kübel. »Why you make this? This is for drinking water!« schnauzt sie mich an. Ich fühle mich elend. Der Geruch kommt vom Essenswagen. Auf diesem stehen Blechnäpfe, in die eine Reis-Kohlmasse gefüllt wird. An jedem Bett wird ein Napf abgestellt.
Völlig erschöpft vom Erbrechen, liege ich auf der Pritsche und halte mir mit dem Arm die Nase zu. Ich kann unmöglich essen. Vor etwa einer Stunde habe ich die ersten Tabletten bekommen, und langsam juckt es mich am ganzen Körper. Wie wild kratze ich überall. Lketinga bemerkt in meinem Gesicht Flecken und Pickel. Ich hebe meinen Rock, und wir entdecken, daß die Beine ebenfalls mit Pusteln übersät sind. Er holt einen Arzt. Offensichtlich reagiere ich auf das Medikament allergisch. Doch er kann mir im Moment nichts anderes geben, da alles verbraucht ist und sie täglich auf Nachschub aus Nairobi hoffen.
Gegen Abend verläßt mich Lketinga. Er will etwas essen gehen und schauen, ob er jemanden von zu Hause trifft, um zu erfahren, wann sein großes Fest beginnt. Todmüde möchte ich nur noch schlafen. Mein ganzer Körper ist in Schweiß gebadet, und das Fieberthermometer zeigt einundvierzig Grad. Vom vielen Wassertrinken verspüre ich das Bedürfnis nach einer Toilette. Aber wie komme ich nur dahin? Das Toilettenhäuschen befindet sich etwa dreißig Meter vom Eingang entfernt. Wie soll ich diese Strecke schaffen? Langsam stelle ich die Beine auf den Boden und steige in meine
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