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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Bier.

 
LXXVII
     
    C erryl betrat das Turmzimmer, froh darüber, dass Myral die Läden geöffnet hatte und ein leichter Wind hereinblies – dumm nur, dass der Luftzug abebbte, als er die schwere bronzegefasste Tür ins Schloss fallen ließ.
    Von seinem Stuhl am Tisch, wo er vom kühlen Apfelwein nippte, studierte Myral Cerryls Gesicht. »Du hast daran gearbeitet, das Chaos aus deinem Körper zu verdrängen, habe ich Recht?«
    »Ich habe versucht, Eure Weisungen und Vorschläge zu befolgen«, gab Cerryl zu. »Es ist schwer.«
    »Beinahe alles, was man gut macht, fällt einem schwer.« Myral lächelte. »Diejenigen, die die Macht von Natur aus besitzen, haben Schwierigkeiten damit, sie zu verstehen, oft so lange, bis es zu spät ist.«
    Cerryl wusste, dass solche Gleichungen ihm nicht weiterhelfen konnten, doch er ließ sich nichts anmerken und setzte sich auf einen Stuhl gegenüber vom alten Magier.
    »Wie geht es voran im neuen Kanal?«
    »Nicht schlecht«, berichtete Cerryl, »aber ich werde bald an eine Stelle kommen, an der ein anderer Tunnel in diesen Seitenkanal mündet, und der ist nicht in der Karte eingezeichnet.«
    Myral runzelte erst die Stirn, dann stand er auf und machte sich halb gehend, halb watschelnd auf den Weg zum Bücherschrank. Cerryl konnte sich nicht erinnern, den Magier schon einmal so schwerfällig gesehen zu haben. Er sagte jedoch nichts, als Myral zum Tisch zurückkehrte und die Karte auseinander rollte.
    »Wo?«
    Cerryl deutete mit dem Finger darauf. »Ungefähr hier, kurz vor dieser Biegung, wo der Seitenkanal auf den östlichen Haupttunnel trifft.«
    Myral zog die Augenbrauen hoch, doch dann entspannte sich sein Gesicht. »Ach der. Das ist kein Zubringertunnel. Vor Jahren gab es einmal eine Horde Raufbolde – sie schimpften sich Händler – und sie benutzten die Kanäle, um die Stadt verlassen zu können, ohne an den Gardisten und Zollstellen vorbei zu müssen; dazu bauten sie einen Zugang zum Tunnel vom Keller ihres Gebäudes. Dieser Tunnel wurde im Untergrund niemals zugemauert – nur vom Haus her. Wenn du ihm folgst, gelangst du zu einer Ziegelwand. Es gab früher noch einen zweiten Tunnelausgang draußen bei den Überlaufgräben, doch dieser wurde mit Schutt aufgefüllt.« Der alte Magier lächelte. »Fast ein Jahr lang hatten wir ihn nicht bemerkt.« Myral hielt inne. »Ich habe dir doch erzählt, wie das Sonnenlicht, das in den Überlaufgräben auf das Wasser fällt, die Abwässer reinigt, bevor diese den See erreichen …?«
    »Ja, Ser. Ihr habt mich dorthin mitgenommen und mir gezeigt, wie der Schlamm im ersten Becken gesammelt wird, und dann …«
    Myral winkte ab, er stand auf und rollte die Karte wieder zusammen. »Erzähl mir nicht, was ich dich gelehrt habe … Ich wiederhole mich ohnehin viel zu oft – oder ich habe es schon immer getan. Das passiert, wenn man alt wird.«
    »Alt? Ihr seht nicht alt aus, Ser.«
    »Ich bin alt, Cerryl. Alt, sehr alt für einen Magier. Ich bin eitel und Leyladin hilft mir, aber ich bin ein alter Mann, ich tauge nur noch dazu, den Schülern von Kanälen und Unrat zu berichten, zu sonst nichts mehr.« Myral ließ sich auf seinen Stuhl plumpsen und keuchte schwer. Nach einem Augenblick starrte er Cerryl an. »Mach weiter. Geh und putze weiter die Kanäle, ich werde in der Zwischenzeit hier sitzen und versuchen, wichtig zu sein.«
    Cerryl stand auf.
    »Wenn du zum Schmugglertunnel kommst, sei vorsichtig. Du musst auch diesen säubern, wenn du es nicht tust, heißt das, dass der Seitentunnel vor der Zeit schon wieder gereinigt werden muss. Wir wissen jedoch nicht, ob dieser Tunnel ausreichend stabil ist. Vielleicht brauchst du ein paar Steinmetzen. In dem Fall lässt du es mich wissen.« Myral lachte und hustete. »Ich bin ja ohnehin immer hier.«
    Der Magierschüler nickte und verließ den Raum, um Jyantyl und die anderen Lanzenkämpfer wie immer vor den Kasernen hinter den Hallen zu treffen.
    Der Morgen ging schnell vorbei, wenn auch nicht so schnell, wie Cerryl gehofft hatte, da er noch einige neue Zubringer auf der Ostseite entdeckt hatte. Einer war beinahe gänzlich verstopft, sodass er ihn nur mit mehreren richtigen Feuerstößen freibekommen konnte, die er zusammen mit heißem Dampf durch die zähe Masse bohrte.
    Selbst nach der ausgiebigen Mittagspause, die er sich und den Lanzenreitern gegönnt hatte, fühlte sich Cerryl noch müde, doch erneut öffnete er das Bronzegitter und nickte Ullan und Dientyr auffordernd zu, dann schritt er

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