Die Weiße Ordnung
dich. Verstanden?«
»Ja, edler Sterol.«
»Merk dir eines, Junge.«
»Ja, edler Sterol?«
»Es gibt alte Weiße Magier und es gibt kühne Weiße Magier, du wirst jedoch niemals einen Magier finden, der alt und kühn ist.« Sterol lachte und griff nach der Glocke auf dem kleinen Wandtisch. Er klingelte zweimal.
Die Tür öffnete sich und Kinowin trat wieder ein, er verbeugte sich und sah Sterol an.
»Unser junger Freund hier hat sich an die Regeln gehalten, sodass er als geeignet betrachtet werden kann für eine weitere Unterweisung.« Sterol lächelte, wobei weiße Zähne in seinem Mund blitzten. »Bring ihn zu Jeslek und sag dem mächtigen Jeslek, dass er nicht übermäßige Strenge walten lassen soll. Keine übermäßige Strenge.«
»Ja, Sterol.« Kinowin verbeugte sich.
Sterol wandte sich an Cerryl. »Du kannst gehen.«
»Ja, edler Sterol.« Auch Cerryl verbeugte sich und wartete auf ein Nicken oder sonstiges Zeichen von Sterol.
»Geh.«
Cerryl drehte sich um und ging durch die Tür, die Kinowin aufhielt.
»Du kannst dich glücklich schätzen, junger Cerryl«, sagte Kinowin, als sie die Stufen hinunterstiegen.
»Ja, Ser. Ich weiß, Ser.«
»Was hast du Sterol erzählt?« Ein neugieriger Ton schwang in Kinowins rauer Stimme mit.
»Ich habe ihm die Wahrheit gesagt, Ser.« Soweit ich es wagte.
Kinowin fing an zu lachen, beinahe ausgelassen, und sein Lachen hallte auf der Steintreppe wider, wurde von den nackten weißen Wänden immer wieder zurückgeworfen. »Du könntest gefährlich werden, wenn du erwachsen bist, Cerryl. Die Wahrheit! Ha!« Er lachte weiter.
Cerryl zitterte unter seiner Tunika, stieg aber die Stufen hinunter, bis sie zu den zwei Wachposten kamen, die den Eingang zum Turm bewachten. Neben den Wächtern saß ein Junge in einer roten Tunika auf einem Hocker. Weder die Gardisten noch der Junge schienen Cerryl oder dem Magier Beachtung zu schenken.
»Jeslek könnte hier im Turm seine Gemächer haben, aber er zieht es vor, in den älteren Gebäuden hinter der Haupthalle zu wohnen.« Kinowin stieg flink die breiten Stufen vor dem Turmeingang hinunter in die Eingangshalle und bog nach links in den Flur ein, den Cerryl beim ersten Betreten des Gebäudes schon gesehen hatten. »Er ist sehr gebildet und sehr mächtig.«
Cerryl verstand den Hinweis, der hinter diesen Worten steckte – Jeslek war gefährlich und ein Rivale Sterols. »Für mich sind alle Magier mächtig.«
»Doch einige sind mächtiger als anderen.«
Am Ende des Flures führte Kinowin Cerryl wieder durch mehrere Bögen und überquerte dann einen offenen Hof mit einem Springbrunnen. Der Springbrunnen bestand nur aus einem Wasserstrahl, der in der Mitte eines runden Beckens aus einem ovalen Stein spritzte.
Jesleks Gemächer lagen im zweiten Stock im hinteren Teil des alten Steingebäudes, das noch weißer war als der Turm und so weit wie möglich von Sterols Gemächern entfernt.
Ein einziger Wächter in Weiß stand neben der Tür. »Der edle Jeslek wünscht nicht gestört zu werden.«
»Der Erzmagier schickt mich«, sagte Kinowin. »Wir werden warten.« Er deutete auf die Bank, die gegenüber der Tür aus Weißeichenholz an der Wand stand, und setzte sich.
Nach einem Augenblick ließ sich auch Cerryl nieder.
»Hast du noch Fragen?«, fragte Kinowin in einem sanfteren Ton, der so gar nicht zu seinem groben Äußeren passte.
»Alles ist so schnell gegangen …« Cerryl schüttelte den Kopf. »Ich kann es kaum glauben, dass ich hier bin.«
»Das ist bei den meisten Schülern so«, sagte der Magier und seine Worte klangen immer wärmer. »Das Talent tritt oft plötzlich zu Tage, ungefähr in deinem Alter, und wir versuchen es aufzuspüren, bevor es gefährlich wird.« Nach einem Augenblick der Stille fügte er hinzu: »Wenn du nicht lernst, sauber damit umzugehen, kann es dich und auch jeden in deiner Nähe zerstören. Viele Menschen glauben, dass wir zu streng sind.« Er sah Cerryl ins Gesicht und das rote Mal schien noch röter zu werden. »Hast du jemals einen abtrünnigen Weißen gesehen?«
»Einmal. Er warf mit Feuerkugeln um sich. Ein anderer Weißer Magier verfolgte ihn.«
Kinowin nickte. »Das haben schon viele Menschen gesehen. Andere bekommen mit, wie wir junge Menschen töten, die ihre Nachbarn waren. Was sie nicht sehen, ist die Zerstörung in den Menschen – oder den Tod, der der unkontrollierten Anwendung der Macht folgt.« Er schüttelte kurz und abweisend den Kopf.
Cerryl war überrascht über die
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