Die Weiße Rose
sich ergehen lassen.
In den folgenden Monaten fanden weitere Prozesse gegen Angehörige des Weiße-Rose-Kreises statt. Am 13. Juli 1943 wurde vor dem Sondergericht 2 beim Landgericht München I eine Gerichtsverhandlung gegen die Randfiguren des Widerstandskreises eröffnet. Angeklagt wurden der Buchhändler Josef Söhngen, der Architekt Eickemeyer, der Kunstmaler Wilhelm Geyer und Harald Dohrn, der Schwiegervater von Christoph Probst. Das Gericht verurteilte nur Josef Söhngen wegen seiner Unterstützung des Scholl-Kreises zu sechs Monaten Haft. Die übrigen Angeklagten wurden mangels Beweisen freigesprochen.
Am 3. April 1944 fand schließlich ein Prozess gegen Willi Bollinger vor dem Landgericht Saarbrücken statt. Er wurde zu drei Monaten Haft verurteilt.
Die Zivilgerichte verurteilten auch im NS-Staat nach den Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Sie waren meistens nicht Teil der NS-Terrorjustiz.
Auf Anweisung der SS, vielleicht Himmlers selbst, wurde „Sippenhaft“ über die Angehörigen der Ermordeten verhängt. Die meisten Festgenommenen wurden nach einigen Wochen wieder entlassen, so z. B. Pfarrer Hirzel, die Eltern von Willi Graf oder Christoph Probsts Schwester Angelika Knoop.
Nur die Familie Scholl wurde stärker belangt, weil Robert Scholl zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres mit der NS-Justiz zu tun bekam. Das Ehepaar Scholl und die älteste Schwester Inge wurden für eine längere Zeit inhaftiert und wegen sogenannter „Rundfunkverbrechen“ angeklagt.
Ein Gericht verurteilte Robert Scholl zu weiteren anderthalb Jahren Gefängnis, seine Frau und Inge Scholl wurden freigesprochen. Während dieser schweren Zeit stand ihnen Fritz Hartnagel zu Seite, der aus dem Lazarett, in dem er mit Erfrierungen lag, nach München geeilt war, um seiner Verlobten Sophie beizustehen. Er heiratete später Elisabeth Scholl, die jüngste Schwester.
Mit ihrem letzten Flugblatt wollten Huber, Schmorell und Scholl die Studenten aufrütteln. Sie hatten gehofft, dass sich an den Hochschulen Widerstand regen würde. Zumindest die Akademiker sollten den verbrecherischen und verlogenen Charakter des NS-Staates erkennen und sich erheben.
Doch das Gegenteil war der Fall. Die Münchener Studentenschaft organisierte noch am 22. Februar 1943, dem Tag der Ermordung von Christoph Probst und Hans und Sophie Scholl, eine gut besuchte Kundgebung im großen Hörsaal, um die Studenten der Hochschule auf das Regime einzuschwören.
Ein hochdekorierter verwundeter Student sprach von der Pflicht gegenüber dem Vaterland. Der Studentenführer hatte eine besondere Ehrung für den Pedell Josef Schmid vorbereitet, der als „guter Nationalsozialist“ gefeiert wurde und unter dem Jubel von 3000 bis 4000 anwesenden Studenten den Arm zum Hitlergruß hob. Die Studenten distanzierten sich lautstark von den hingerichteten „Hochverrätern“. Die Ermordeten sollten in der deutschen Studentenschaft keinen Platz mehr haben. Auch an anderen deutschen Universitäten wurden die Ermordeten geschmäht und Hitler erneut die Treue geschworen.
Die NS-Propaganda und die gnadenlose Terrorjustiz trugen zunächst einen Sieg davon. Im Frühjahr 1943 sah es so aus, als sei die Weiße Rose zertreten worden.
157 zit. nach Scholl, S. 199.
158 zit. nach Scholl, S. 199.
159 zit. nach Scholl, S. 199.
160 zit. nach Scholl, S. 199.
161 zit. nach Scholl, S. 199.
162 zit. nach Scholl, S. 199.
163 zit. nach Scholl, S. 199.
„Und ihr Geist lebt
trotzdem weiter“
Am 13. Januar 1943 stenografierte der Chemiestudent Hans Konrad Leipelt die Schandrede des Münchener Gauleiters Giesler mit.
Er begann nach dem 22. Februar 1943 diese Mitschrift zusammen mit dem letzten Flugblatt der Weißen Rose unter den Münchener Studenten zu verbreiten. Er wurde dabei von seiner Freundin Marie-Luise Jahn unterstützt. Die Flugschrift von Leipelt und Jahn trug den Zusatz: „Und ihr Geist lebt trotzdem weiter.“
Hans Konrad Leipelt kannte die Mitglieder des Weiße-Rose-Kreises wahrscheinlich nicht persönlich, da er am Chemischen Institut der Universität studierte. Er wollte aber in ihrem Geist weiterarbeiten und an seinem Institut einen Widerstandskreis gründen, um beispielsweise Sabotageakte zu planen. Auf seine Anregung sammelten Mitglieder des Chemischen Instituts Geld für die mittellose und völlig verarmte Witwe von Prof. Huber.
Leipelt hatte allen Grund, dem NS-Regime distanziert gegenüber zu stehen. Der aus Hamburg stammende junge
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