Die weiße Schmuggler-Jacht
das“,
nickte Karl, putzte die Brillengläser und blinzelte in die Dunkelheit.
„Ich wünschte, dieses Weib käme endlich“,
murrte Klößchen. „Oder jemand würde uns Frühstück bringen.“
In diesem Moment stach Scheinwerferlicht
um die Ecke. Der französische Wagen rollte heran. Er hielt vor dem Eckhaus.
Mitilini ließ den Motor laufen und blieb sitzen. Sadra zeigte sich enorm
fortschrittlich, war nämlich durchaus in der Lage, ihre Tür zu öffnen und ohne
fremde Hilfe auszusteigen.
Dann beugte sie sich nochmal in den
Wagen, um letzte Küßchen anzubringen. Griechische Liebesworte wurden
gewechselt. Der Schlag fiel zu. Mitilini strapazierte das Getriebe, weil er den
Gang nicht richtig einlegte. Dann schoß der Wagen die Straße hinunter, und
hinter der nächsten Ecke verglühten die Rücklichter.
Sadra stand an der Tür und kramte in
ihrem Handtäschchen.
„Kann ich Ihnen helfen?“ fragte Tim
hinter ihr.
Sie schrie auf und fuhr herum. Auf
lautlosen Sohlen war er angepirscht. Jetzt stand er so nahe, daß sie die
Drohung in seiner Miene nicht übersehen konnte. Außerdem wetzten Karl und
Klößchen heran.
„Ach... ihr“, stammelte sie.
„Ja, wir!“ sagte Tim. „Und Sie haben
allen Grund, sich in die Hose zu machen. Ihnen dürfen die Knie schlackern. Denn
Ihre Gesundheit ist in Gefahr. Schreien Sie nicht! Sonst halte ich Ihnen den
Mund dazu. Aber dabei kriegen Sie Zahnfleischbluten und Ihre Zahnplomben fallen
raus. Schließen Sie auf! Wir gehen ins Haus. Dann werden Sie uns einiges
erzählen.“
„Aber... was... warum“, stotterte sie.
„Ersparen Sie sich blödes Gerede!“ fuhr
er sie an. „Wir wissen alles über Sie, über Mitilini und die andern Verbrecher.
Los!“
Hatte sie eine Waffe in der Tasche?
Er riß sie ihr weg und sah nach. Nein,
nichts außer Geldbeutel, Taschentuch, Schlüsselbund, Puderdose und Parfüm.
Aber sie war ein trickreiches Luder.
Indem sie als erste über die Schwelle trat, versuchte sie, ihnen die Tür vor
der Nase zuzuknallen.
Tim hatte den Fuß dazwischen. Als er
die Tür aufstieß, flog Sadra gegen die Wand. Sie wimmerte. Tim machte Licht.
Anklagend hielt sie den Ellbogen hoch.
„Ich habe Sie gewarnt, Sie griechische
Hexe!“ erklärte er mitleidslos. „Noch so eine Finesse (Kniff) — und Sie
werden gefoltert. Als erstes schneiden wir Ihnen die Haare ab. Ist das klar?“
Sie begann zu zittern. Überschlägig
geschätzt hatte sie mindestens viereinhalb Jahre gebraucht, um ihre prachtvolle
Mähne auf diese Länge zu züchten.
Karl hatte die Haustür verriegelt. Sie
befanden sich in einer Diele. Es gab mehrere Türen. Eine Treppe führte hinauf.
„Am besten“, sagte Tim, „unterhalten
wir uns dort, wo der Dolch ist.“
„Oben“, flüsterte sie. „Im Versteck.“
Bevor sie hinaufstiegen, sah Tim in die
Räume des Erdgeschosses: in eine Küche, ein Büro, einen kleineren Wohnraum und
eine Toilette für Gäste. Hinter der letzten Tür lag ein kurzer Flur zum Hof.
Die Hoftür war nur angelehnt, und Tim konnte eine Mauer sehen, die von
Mondlicht übergossen wurde.
Kein Mensch schien im Haus zu sein.
Darum ging’s. Über die geöffnete Hoftür machte er sich keine Gedanken.
Sie stiegen die Treppe hinauf. Im
Obergeschoß öffnete Sadra eine Tür. Das Zimmer war dunkel. Nur wenig Licht
sickerte durch die Holzläden. Die Luft roch betörend nach Blumen. Aber nicht
nur...
Irgendwie stinkt’s hier nach Schnaps,
dachte Tim.
Sadra knipste die Deckenlampe an.
Sie erstarrten.
Klößchen schluckte. Karl hätte gern
seine Brille abgenommen, wagte aber nicht, sich zu rühren. Sadra riß die Augen
auf, als sähe sie ein Gespenst.
In dem Sessel am Fenster saß ein Mann.
In der linken Hand hielt er eine Schnapsflasche, in der rechten eine schwere
Pistole. Momentan wies die Mündung auf Klößchens Bauch.
„Hallo, Mr. Pritchett“, sagte Tim. „Mit
Ihnen haben wir noch gar nicht gerechnet. Sind wohl hier eingebrochen, wie?
Durch die Hoftür. Verstehe. Aber der Dolch war nicht zu finden, und jetzt
wollen Sie wissen, wo er ist.“
15. Abgerechnet wird zum Schluß
Gaby überwand ihre Verblüffung schnell.
Nancy Baker brauchte länger. Was zum Teil daran lag, daß ihr vor Müdigkeit fast
die Augen zufielen. Nur weil sie mal dringend zur Toilette mußte, hatte sie
ihren Betäubungsschlaf unterbrochen.
„Pst!“ machte Gaby. „Sie haben ja keine
Ahnung, Nancy, was hier läuft. Niemand darf uns hören. Kommen Sie in meine
Kabine. Eigentlich ist das
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