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Die weiße Schmuggler-Jacht

Die weiße Schmuggler-Jacht

Titel: Die weiße Schmuggler-Jacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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liegt in der Elounda-Bucht von Kreta. Von 1903 bis
1954 war das die griechische Lepra-Kolonie. In den 51 Jahren lebten und starben
dort ungefähr 400 Menschen. Die Gebeine liegen in einem Massengrab, einem Turm.
Der Turm gehörte zu einer Festung, die 1579 von Venezianern erbaut wurde, um
den Hafen Elounda zu schützen. Einer der Toten ist mein Großvater. Er wurde
1941 auf die Insel verbannt. Keiner der Verwandten hat ihn jemals
wiedergesehen. Kontakt war streng verboten, weil Lepra ansteckend ist. Er starb
1946.“
    „Tja“, sagte Athanase Mitilini. „Der
alte Knabe hat Pech gehabt. Woraus aber niemand folgern sollte, der Fluch des
getöteten Matrosen hätte auf ihm gelastet. Sonst müßte ja“, er lachte
schallend, „jeder Meuchelmörder an Lepra erkranken.“
    Der Witz zündete nicht. Nur Dragoumi
grinste.
    Tim zog sich den letzten Stachel aus
der Haut. Unglaublich, was er da gehört hatte! Er mußte an sich halten, um
nicht mit den Ohren zu schlackern. Aber dann hätten womöglich auch die Blätter
gerauscht und ihn verraten.
    In diesem Moment passierte es.
    Unten im Garten stürzte eine Mauer ein.
    Jedenfalls klang es so.
    Willi! schoß es Tim durch den Kopf. Bestimmt
hat er wieder... Himmel, ich schaff’s nicht mehr zur Palme.
    Nur für eine Sekunde waren die fünf
Ganoven erstarrt. Jetzt sprang Dragoumi auf. Er griff unter die Jacke und riß
eine Pistole hervor.
    „Da... ist wer im Garten!“ zischelte er
und kam auf die Terrasse.

    Wie eine Schlange glitt Tim hinter die
Kübel mit den blattreichen Pflanzen.

14. Kein Erbarmen mit Sadra
     
    Das erste, was Gaby spürte, war
Übelkeit. Als hätte man sie vergiftet, so fühlte sich der Magen an. Brechreiz
lag auf der Zunge, und in ihrem Kopf schien ein ausgeflippter Schlagzeuger mit
elektrischer Verstärkung zu trommeln. Nicht zum Aushalten war das!
    Sie stöhnte. Träumte sie? Lag sie zu
Hause im Bett — und Oskar, wie üblich, davor auf dem künstlichen Schaffell?
Aber nein! Sie war ja in Rhodos, im Grand-Hotel Astir Palace und...
    Die Benommenheit wich. Sie wurde
vollends wach, öffnete die Kornblumenaugen und starrte in die Finsternis.
    Schlagartig war die Erinnerung da. Sie
entsann sich an einen kurzen Kampf in ihrem Bett. Irgendwer hatte fast auf ihr
gekniet, sie festgehalten, ihr einen stinkigen Lappen aufs Gesicht gedrückt.
Dann... Mehr wußte sie nicht.
    Es war schwül. Trotzdem fröstelte sie.
Wo war sie? Noch in ihrem Hotelbett? Nein! Die Luft roch hier anders. Nach öl.
Oder so. Und sie lag unter einer Decke, die sich rauh und gerupft anfühlte.
    Die Erkenntnis durchfuhr sie: Man hat
mich verschleppt. Nur mich? Auch Tarzan — ach, jetzt heißt er ja Tim? Auch
Klößchen und Karl?
    Sie rührte sich nicht. Sie spürte, daß
sie sich in einem kleinen Raum befand. Der Raum schwankte. Kaum merklich
bewegte er sich. War sie auf einem Schiff? Richtig! Irgendwo gluckste Wasser,
als berührten träge Wellen die Bordwand. Zweifellos! Sie befand sich auf einem
Schiff.
    Gaby schlug die Decke zurück. Als sie
sich aufrichtete, legte der Schlagzeuger zwischen ihren Ohren erst richtig los.
Sie schwang die Beine aus dem Bett. Ihre nackten Füße berührten hölzernen
Boden. Sie stand auf.
    Sie trug ein geblümtes Shorty (Damenschlafanzug
mit kurzer Hose), und normalerweise wäre das um diese Zeit die richtige Bekleidung
gewesen. Aber jetzt wünschte sie sich eine Ritterrüstung und einen Ritter
namens Tim gleich dazu.
    Sie tappte umher, streckte die Hände
aus und fühlte einen Vorhang. Als sie ihn beiseite schob, stand sie vor einem
Bullauge (wasserdichtes, rundes Fenster im Schiffsrumpf).
    Draußen war die Mondnacht.
    Gaby sah Wasser und in einiger
Entfernung eine Mole, die ihr bekannt erschien. Auf der Mole parkten Autos. Am
Ende der Mole, dort wo sich das Hafenbecken ins Meer öffnete, thronte klotzig
und breit ein flaches, rundes Kastell. Dahinter war nichts mehr, woran sich der
Blick festhalten konnte: nur die Weite des Agäischen Meeres.
    Gaby begriff. Sie sah das Hafenkastell
St. Nikolaus. Die Mole begrenzte den Mandraki-Hafen zum Meer hin. Also ankerte
das Schiff, auf dem sie sich befand, an der landseitigen Mole — sicherlich nur
wenige Bootslängen von der ALL-STAR entfernt.
    Von Stadt und Hafen-Promenade sah sie
nichts. Das lag auf der anderen Seite.
    Auf eine Jacht haben sie mich
verschleppt, dachte sie. Hier ankern nur Jachten. Also bin ich auf der Jacht
der Rauschgift-Schmuggler. Wem gehört sie? Dragoumi? Ist er an Bord? Sind die
Uhls

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