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Die weiße Schmuggler-Jacht

Die weiße Schmuggler-Jacht

Titel: Die weiße Schmuggler-Jacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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hier? Was haben die Verbrecher mit mir vor? Ob meine Freunde schon wissen,
was mit mir geschehen ist?
    Sie schauderte. Beinahe hätte sie
geweint. Dann preßte sie die Lippen aufeinander und tappte vom Bullauge weg.
    Nach drei oder vier Barfuß-Schritten
stieß sie an die Tür. Sie ertastete einen Lichtschalter. Eine Lampe flammte
auf.
    Wie vermutet. Sie war in einer kleinen
Kabine. Alle Möbel waren eingebaut, damit bei starkem Seegang nichts
durcheinander purzelte. Die Kabine war nicht übel, sondern mit echten
Kajütmöbeln ausgestattet, auch ziemlich sauber.
    Sie drückte auf die Klinke. Aber die
Tür gab nicht nach. Abgeschlossen. Eingesperrt.
    Sie lief zum Bullauge. Das war fest
verschraubt. Außerdem hätte sie nur den Kopf durchschieben können. Unmöglich,
auf diesem Weg zu fliehen.
    Horchend hielt sie das Ohr an die
Kabinentür.
    War da ein Geräusch?
    Sie hörte Schritte. Sie klangen leise
und leicht. So ging nur eine Frau. Eine Tür wurde geöffnet. Sie quietschte
etwas.
    Gaby pochte mit den Knöcheln ans Holz.
    „Hallo!“ rief sie halblaut. „Hallo! Ich
bin eingeschlossen. Bitte, helfen Sie mir!“
    Unwillkürlich hatte sie deutsch
gesprochen. Als ihr das bewußt wurde, wiederholte sie die beiden Sätze auf
englisch.
    Stille. Draußen wurde auf die Klinke
gedrückt.
    „Wer ist dort?“ fragte eine
verschlafene Stimme. Sie klang dumpf durch das Holz, gehörte aber zweifellos
einer Frau.
    „Man hat mich hier eingesperrt“,
wiederholte Gaby.
    Metall knirschte. Offenbar wurde ein
Riegel weggezogen. Die Tür öffnete sich.
    Fassungslos riß Gaby die Augen auf.
    Vor ihr stand — Nancy Baker.
    Sie trug ein knöchellanges Nachthemd.
Ihr Gesicht war grau vor Müdigkeit. Aus kleinen Kniepaugen sah sie Gaby an,
während der Mund ohne Unterbrechung gähnte. Sie wirkte wie narkotisiert,
dennoch huschte Erstaunen über ihr Gesicht.
    „Aber…“ , stotterte sie. „Du bist
doch die... die Gaby... Wie kommst du denn hierher?“
     
    *
     
    Tim preßte sich auf den Boden, stellte
den Atem ab und verfluchte sein T-Shirt. Es war gelb. Zwischen grünen Blättern
fiel das auf. Aber dann sah er, daß er auf gelben oder beigen Fliesen lag. Na
also! Wie das paßte. War ja fast eine Tarnkappe.
    Auf der anderen Seite der Kübel, zwei
Armlängen entfernt, beugte sich Dragoumi über die Brüstung. Er hielt die
Pistole neben dem Schenkel, mit der Mündung nach unten.
    Ich könnte ihn überwältigen, dachte
Tim. Mit einem Sprung hätte ich ihn und die Waffe. Aber da sind noch die andern.
Auch die könnte ich in Schach halten. Aber nütze ich Gaby damit?
    Mitilini kam auf die Terrasse. Er
rauchte und schien Dragoumis Aufregung nicht zu teilen.
    „Siehst du jemanden?“ fragte er.
    „Nein. Aber da unten ist es sowieso
dunkel.“
    Durch den Abstand zwischen zwei
Keramikkübeln konnte Tim Mitilinis Schuhe bewundern. Schlanke Form, weißes
Leder, dazu hauchdünne Socken.
    Der Ganove schnippte seinen
Zigarettenrest weg — zur Seite. Der Stummel flog über Tim, prallte an die
Brüstung und fiel auf Tims Unterarm — auf jenen, der schon unter den
Kakteenstacheln gelitten hatte. Glut versengte die Haut.
    Das gibt’s nicht! dachte er. Wieso
immer ich?
    Mannhaft verbiß er sich Schmerz und
Gejaul. Vorsichtig drückte er die Kippe aus.
    Mitilini hatte sich neben seinen
Komplicen gestellt. Sie stierten in den Garten, konnten aber nichts
Verdächtiges ausmachen.
    „Es wird eine Katze gewesen sein“, rief
Sadra. „Streunende Katzen gibt’s hier zu Tausenden. Die meisten sind klein und
schwach. Aber es kommt schon mal vor, daß sie eine Vase umstoßen. Oder stehen
archäologische Schätze in deinem Garten?“
    Das galt Dragoumi. Er lachte. Beide
gingen zurück.
    Tim atmete auf.
    „Es ist spät“, sagte Mitilini. „Trinken
wir aus. Ich muß früh aus den Federn. Und überwachen, daß uns dieser
Drecksbengel nicht schon wieder einen Streich spielt. Um neun Uhr am
Freiheitstor tritt der mit dem H an.“
    „Ist ein harter Brocken, der Dunkle“,
sagte Uhl. „Aber diesmal gehorcht er. Damit dem Mädchen nichts passiert. Die
hat sich vielleicht gewehrt, als ich ihr das Chloroform aufs Näschen drückte!
Habt ihr sie in das — Verlies gebracht?“
    „Das hat Nikolaou besorgt“, knurrte
Mitilini. Er gähnte. „So, jetzt fahre ich dich nach Hause, Sadra. Dann zische
ich in die Falirakibucht. Dimitrios abholen. Den brauche ich als Wächter.
Außerdem soll er morgen früh zu dem Jungen gehen.“
    Gläser klirrten. Tim lag jetzt so,

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